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Lebensraumorientierte Seelsorge - (Dekanat) St.Gallen

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dualtourismus überziehen.<br />

Wir treffen sie im kommunalen Kino, beim "Griechen" oder beim "Da Pietro"- Freitag Abend auch im Café an<br />

der Ecke, wo sich ein toller Pianist entfaltet und Texte von Kästner oder Brecht rezitiert werden. Dort und in<br />

"ihrem" Bistro meetet sie alte und neue Typen aus ihrem grossen Freundes- und Bekanntenkreis. Sie ist 28 Jahre<br />

alt, alleinstehend mit einem kleinen Kind, wohnt aber in einer WG.<br />

In den letzten Jahren war sie mehrfach umgezogen. Jetzt teilt sie mit einer Freundin, mit der sie auch regelmässig<br />

Sport treibt, die Wohnung. Beide lieben es, Obstkistenstil mit sorgfältig komponiertem Wohnungsdesign zu<br />

kombinieren. "Provisorisch und provozierend, immer etwas schlampig", sagt ihr Vater dazu aus dem kuscheligen<br />

Mief seines Wohnzimmers heraus.<br />

Im Gegensatz zu ihm sieht Frau S. selten fern; wenn, dann Sendungen zu Wissenschaft und Zeitgeschichte. Die<br />

Heimatfilme, die ihre Mutter zum Weinen bringen, findet sie zum Kotzen. Ähnliche Aggressionen spürt sie in sich<br />

aufkommen beim Gedanken an den “Blick”. Sie liesst regelmässig die "WoZ”, den "Spiegel" und das <strong>St</strong>adtmagazin.<br />

Politisch tendiert sie zu den Grünen, beteiligt sich dann und wann mal an einer Demo, hält sich sonst<br />

aber politisch zurück.<br />

Auch sonst zieht sie sich gern um, probiert mal was Neues aus den einschlägigen Boutiquen aus, wo sie gern<br />

herumstöbert, von sportlich über alternativ bis elegant. Der Wechsel von Jeans und T-Shirt zum besonderen<br />

Outfit ist für sie etwas Alltägliches.<br />

Von Beruf ist sie Sozialpädagogin mit therapeutischer Zusatzausbildung. Dazu hat sie sich nach einer längeren<br />

und zugleich intensiven Selbsterfahrungskarriere entschlossen. Sie ist nicht krank, aber Diagnose- und Therapiebedürftigkeit<br />

ist etwas, worauf sie nie mehr verzichten will. Auch spontane Introspektion ("Was sagt mir mein<br />

'Bauch'?") hält sie für wichtig, selbst um alltägliche Entscheidungen immer wieder neu zu fällen. In Meditationsworkshops<br />

und beim kreativen Malen in der VHS (vor einem Jahr) sucht sie ihren inneren Kern freizulegen,<br />

weiterzuentfalten und sich zugleich von ihren fatalen Über-Ich-Bindungen zu befreien. Das Buch “Die wahre<br />

Kraft kommt von innen" hat sie als Schlüsseltext für die eigene Erkenntnis(weiter)arbeit entdeckt und kann es<br />

jeder und jedem weiterempfehlen.<br />

Ein Satz, den sie dort gelesen hat und oft sagt, heisst: “Weil ich es so will".<br />

Herr N. (Niveau-Milieu)<br />

Herrn N. treffen wir im Foyer des Theaters, auswärts auch im Museum. Er geht auf die 60 zu, ist Gymnasiallehrer,<br />

Dr. phil. Seine Dissertation hat er über die Reiseberichte des späten 18. Jahrhunderts geschrieben. Er ist<br />

verheiratet. Seine Frau ist Ärztin und übt ihren Beruf seit der Zeit aus, nachdem die beiden Kinder das Haus<br />

verlassen haben. Abraham studiert internationales Recht an der HSG, Rebekka ist inzwischen selbst Ärztin ind<br />

übt ihren Beruf mit grosser Hingabe aus. Sie ist Vorsitzende des Kuratoriums für die Angehörigen von<br />

MS-Patienten. Herr N. Ist bereits seit Jahren im Rotary Club.<br />

Er liebt es, graue englische Tweed-Jackets zu blauer Hose (Marke Burton) und Krawatte (Marke Oxford) zu<br />

tragen. Zum vergangenen Geburtstag hat ihm seine Gattin ein handgeschneidertes Jacket mit italienischem<br />

Design,aus Kaschmirwolle, geschenkt. Etwas übertrieben, denkt er, trägt aber das gute <strong>St</strong>ück sehr gerne. Am<br />

vergangenen Mittwoch hatte er Gelegenheit, anlässlich einer Vernissage "Nachfolger der Impressionisten" mit<br />

einem der Maler persönlich zu sprechen. Nach der Podiumsdiskussion über die "Zukunft der Una Sancta im<br />

westlichen Kulturraum" trank er mit den beiden daran teilnehmenden französischen Philosophen noch ein Glas<br />

"Chateau Peyraud".<br />

Überhaupt setzt er sich am Ende eines Tages gern in seinen Sessel, geniesst die Händel’schen Flötenkonzerte<br />

und trinkt ein Gläschen "Chateau Peyraud". Ein Buch aus seiner Privatsammlung klassischer Literatur führt seine<br />

Gedanken zum "Wahren, Schönen, Guten", das die barbarische Welt von heute ja so schnell hinter sich zu<br />

lassen droht. Er ist stolz darauf, fast alle Hauptwerke der Nobelpreisträger der letzten 20 Jahre zu seinem Besitz<br />

zu zählen.<br />

Er bezieht eine überlokale Tageszeitung und sammelt die Wochenendglanzbeilagen, deren Lektüre er sich<br />

konzentriert hingibt. Hin und wieder greift er auch darauf zurück, wenn er die Pflicht übernommen hat, einen<br />

Vortrag zu halten.<br />

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