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Lebensraumorientierte Seelsorge - (Dekanat) St.Gallen

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hängt ein geschnitzter Spruch: "Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her".<br />

Wenn sie im alles schön sauber gemacht hat (sie kocht ihrem Mann auch gern etwas Gutes; im Gasthaus<br />

werden heutzutage die Teller auch immer grösser und die Beilagen kleiner), liest sie in der Glückspost (die ihr<br />

die Nachbarin immer vor die Tür legt), am liebsten über die Hochzeiten der Hochgestellten. Auch in der<br />

Lokalzeitung liest sie am liebsten die Heiratsanzeigen, gerne auch die Todesanzeigen, montags auch die<br />

Beilagen mit den günstigsten Wochenangeboten.<br />

Das Erscheinungsbild der Pfarreien wird in der Regel vom “Harmonie- und Integrationsmilieu” bestimmt. Von<br />

den Pfarreien am stärksten abgekoppelt sind das “Selbstverwirklichungsmilieu” und das “Unterhaltungsmilieu”,<br />

also die beiden jungen Milieus. Von den Angehörigen des “Niveaumilieus” lässt sich sagen, dass ihr <strong>St</strong>reben<br />

nach Perfektion, Niveau und gehobenem Geschmack sich mit der durchschnittlichen Geselligkeits- und<br />

Frömmigkeitskultur der Pfarreien nicht in Einklang zu bringen ist. Wer, wie die Angehörigen des “Unterhaltungsmilieus”<br />

‘action’ als Lebensausdruck betrachtet, kann mit der Betulichkeit des normalen Pfarreilebens schwerlich<br />

etwas im Sinne haben. Das ”Selbstverwirklichungsmilieu” schliesslich sucht weder Geselligkeit, noch Dauerbindungen,<br />

es sucht Bewegung, Aufbruch und Selbsterfahrung. Mit derartigen Motivationen ist man in den<br />

Pfarreien in aller Regel an der falschen Adresse.<br />

11 Begrenzte Bindungskraft der Pfarreien<br />

Wie überall wo Menschen sich zusammenschliessen, neigen auch die Pfarreien dazu, Menschen zusammenzuführen,<br />

die in Mentalität und sozialem Verhalten zueinander passen. Damit ist gemeint, dass man sich gerne<br />

mit Seinesgleichen zusammenschliesst, mit denen man eine gemeinsame Lebenskultur, gemeinsame Interessen<br />

und Bedürfnisse teilt. Menschen, die anders geartet sind, werden tendenziell ausgegrenzt. Vertrauensvolle<br />

Verbundenheit verträgt keine Fremdheit. Von daher wundert es nicht, dass Verständnisprobleme am stärksten<br />

aus dem Bereich der Jugendarbeit zu registrieren sind.<br />

Den Bemühungen, die Zahl der Aktivmitglieder zu erhöhen,<br />

setzt der Zusammenhang von Einbindung und Ausschliessung<br />

enge Grenzen. In pfarreilichen Gruppierungen<br />

engagieren sich vorab Menschen, die bereits zum<br />

engeren Kreis der kirchlich Verbundenen zählen. Interesse<br />

an pfarreilichen Angeboten über diesen Kreis hinaus<br />

zu wecken, auch im Hinblick auf die Rekrutierung<br />

Ehrenamtlicher, erweist sich in der Regel als schwieriges<br />

Unterfangen.<br />

Die Pfarrei erreicht gut Menschen mit einem ausgesprochenen<br />

Bedürfnis nach Orientierung, Sicherheit und<br />

<strong>St</strong>abilisierung ihres Lebens von aussen. Die Pfarrei ist für<br />

sie ein Ort von vertrauten Ritualen, Gewohnheiten,<br />

Wert- und Moralvorstellungen. Von der Kirche erwarten<br />

diese Menschen Anleitung im Alltag. Hinter den auf die Pfarrei projizierten Bedürfnissen nach Harmonie und<br />

heiler Welt steht der Wunsch nach einer regulierenden Kraft im Leben. Bei der Bewältigung einer oft als<br />

widersprüchlich und unverständlich erfahrenen Welt, die der Verwirklichung ihrer angestrebten Ziele oft enge<br />

Grenzen setzt, wollen sie nicht allein gelassen werden.<br />

Zu einem Religionsmuster dieser Art neigen vor allem Menschen, die in ihrem Beruf gewohnt sind, sich nach<br />

anderen zu richten, in untergeordneter <strong>St</strong>ellung arbeiten, über ein bescheidenes Einkommen verfügen, vorzugsweise<br />

ihren Lebensunterhalt im Kleingewerbe und in der Landwirtschaft verdienen, Menschen mit geringer<br />

Schulbildung, die oft schon auf das Pensionsalter zugehen oder als Rentner(innen) leben.<br />

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