Manuskript (pdf) - WDR 5
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DOK 5 – Das Feature: 10./11.03.2013<br />
Arme Irre – Zurück zur Nachkriegspsychiatrie?<br />
sechziger Jahren wurden die Betroffenen vorher betäubt, um solche<br />
"Nebenwirkungen" oder auch einen Herzstillstand zu vermeiden. Elektroschocks<br />
führen oft zu Gedächtnisverlust, so daß manche Psychiatrie-Überlebende heute gar<br />
nicht wissen, ob und wie oft sie geschockt worden sind.<br />
O-Ton – Nathalie (Psychiatrie-Erfahrene):<br />
Ich bin elektrogeschockt worden, dann weiß ich nichts davon. Meine Eltern<br />
mußten das damals unterschreiben, man war ja damals mit 21 erst volljährig<br />
Sprecherin:<br />
Nathalie, ab 1964 Patientin in Langenfeld und Brauweiler:<br />
O-Ton – Nathalie:<br />
… sagten sie entweder es geht gut oder es geht nicht gut, meine Eltern haben<br />
gesagt, lassen Se uns das machen, und ich sah, ein japanischer Arzt gab mir 'ne<br />
Spritze, und dann wußt' ich nichts mehr, und wie ich denn wach wurde, war ich in<br />
einem geschlossenen Bau und war angebunden am Bett und war mit acht, neun<br />
Personen, acht, neun Frauen im Zimmer. [...]<br />
Frage: Das heißt, Sie haben durch die Elektroschocks Erinnerungen verloren?<br />
Die Erinnerung war weg, ja. Ich sah noch 'n japanischen Arzt, der mir 'ne Spritze<br />
gab, und da bin ich denn aufgewacht, und dann sagte er, ich bin sechs oder<br />
sieben Mal geschockt worden und hab das Gedächtnis verloren.<br />
Frage: (OFF): So oft?<br />
Ja, sechs, das war damals üblich. Sechs Stück war an der Norm, drei oder sechs<br />
Stück waren an der Norm.<br />
Sprecherin:<br />
Schockierend sind aus heutiger Sicht aber nicht nur Behandlungsmethoden und<br />
Übergriffe. Genauso grausam wirkt, wie alltäglich die Rechte von Menschen verletzt<br />
wurden, die die Gesellschaft ausgesondert hatte.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012<br />
Dieses <strong>Manuskript</strong> einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der<br />
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zugänglich gemacht ) werden..<br />
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