Manuskript (pdf) - WDR 5

DOK 5 – Das Feature: 10./11.03.2013
Arme Irre – Zurück zur Nachkriegspsychiatrie?
O-Ton - Michael Kleff (ehemals Mitglied im Gesundheitsausschuss der
Landschaftsversammlung):
Wir hatten manchmal das Gefühl: Da stimmt was nicht, aber wir konnten's nicht
aufklären, weil uns medizinische Fachkenntnis, Verwaltungsfachkenntnis, alle
möglichen Kenntnisse fehlten, um der Sache wirklich auf den Grund zu gehen,
und manchmal mußten wir einfach drauf vertrauen, daß der Kollege Kukla ehrlich
war [schmunzelt], wenn er gesagt hat: "Glaubt mir, so und so ist das..."
Sprecherin:
Der ständige Druck von unten hatte längst auch im Landschaftsverband selbst
Wirkung gezeigt. Auch hier gab es einen "Marsch durch die Institutionen". Rainer
Kukla, später fast ein Vierteljahrhundert lang Gesundheitsdezernent des Verbandes,
forschte Ende der sechziger Jahre als junger Soziologe in der Psychiatrie.
O-Ton - Rainer Kukla:
Es waren natürlich auch etwas wilde Jahre, es waren die Achtundsechziger Jahre,
und wir haben natürlich hier den jungen Ärzten, mit denen wir dann natürlich im
Laufe der Zeit befreundet waren, erst mal erklärt, daß sie Agenten der sozialen
Kontrolle seien; oder ein Freund von mir, der hat dann hier in der
Krankenpflegeschule, sehr zum Entsetzen der etablierten Mediziner, in der
Krankenpflegeschule Marxismusunterricht gegeben; das paßte in die damalige
Zeit, wäre heute natürlich völlig undenkbar.
Sprecherin:
1971 reagierte die Politik. Der Bundestag richtete eine Enquête-Kommission ein, die
die Lage der Psychiatrie in Deutschland untersuchen sollte. Zu ihrem Vorsitzenden
bestimmte sie den Reformpsychiater Caspar Kulenkampff, der gerade sein Amt als
oberster Klinikchef im Landschaftsverband Rheinland angetreten hatte.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012
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