Manuskript (pdf) - WDR 5

DOK 5 – Das Feature: 10./11.03.2013
Arme Irre – Zurück zur Nachkriegspsychiatrie?
Brauweiler zu schließen; die Klinikleitung mußte vor Gericht. Der Prozeß endete mit
Bewährungsstrafen.
O-Ton - Alix Arnold / Detlef Hartmann / Ulla Goebel:
[Arnold:] Es wurde dann alles als Einzelfälle, als durchgeknallte Psychopathen, die
dann zufällig in der Klinikleitung gelandet waren, also es wurde nicht als, wie wir
das gesehen haben, als System natürlich verhandelt, sondern als Einzelfälle, [...]
[Hartmann:] Da wurden ja Pfleger gehört, da wurden Ärzte gehört und
Sachverständige gehört usw., aber die Leute selber kamen nicht zu Wort! Das
wäre ein Prozeß gewesen, wie ich ihn gerne gehabt hätte!
[Goebel:] Also, der Alltag ist der Skandal! Und der interessierte nun wiederum
keinen.
Sprecherin:
Den SSK interessierte der Alltag auch weiterhin. Seine Mitstreiter sammelten
Berichte von Betroffenen, aber auch von Ärzten und Pflegern, die auspackten.
Mehrfach besetzten sie auch die Station eines Landeskrankenhauses.
O-Ton - Alix Arnold:
Eine Geschichte, die dann bekannt geworden ist, war genau im Bonner LKH, was
dann der Bonner Skandal wurde, daß da zwei Ärztinnen einfach mal akribisch
Buch geführt haben über die sogenannten besonderen Vorkommnisse, also wo
alte Menschen, 'ne Liste von über 100 Vorfällen, eben sich verletzt hatten,
irgendwie zu Schaden gekommen waren, wegen Personalmangel. Und diese
beiden Ärztinnen haben gesagt: "Das können wir nicht mehr verantworten, wir
schreiben das jetzt den Chefs, wir schreiben das nach ganz oben, die müssen
irgendwas machen." Und dann ist nichts passiert. Und dann hat irgend jemand die
Schnauze voll gehabt und hat diesen Brief dem SSK zukommen lassen. Dann
haben wir die Station besetzt, und dann war's öffentlich. Dann war's 'n Skandal;
aber das heißt, die haben den Dienstweg benutzt, und der hat zu absolut nichts
geführt, da ist einfach nichts passiert, obwohl diese Liste ja nun beeindruckend
war.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2012
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