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Europa-Kolumne<br />
Neue Wohnform für Junge und Junggebliebene in Wien<br />
In <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s Wiener Nordbahnhofs hat das Österreichische Siedlungswerk ein außergewöhnliches<br />
Projekt aus <strong>de</strong>r Taufe gehoben: Citycom2. Ein Wohngemeinschaftenhaus für alle – Künstler o<strong>de</strong>r Sportler<br />
genauso wie Rentner, Stu<strong>de</strong>nten o<strong>de</strong>r Alleinerziehen<strong>de</strong>.<br />
Gabriele Kunz<br />
freie Journalistin, Hamburg<br />
Das Wohngemeinschaftenhaus befin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>r<br />
Leopoldstadt, nicht weit vom Zentrum Wiens entfernt.<br />
Es bietet 42 Wohnungen für Dreier-, Vierer,<br />
Fünfer- und Sechser-WGs. Die Zimmer sind zehn<br />
bis 15 m 2 groß und kosten zwischen 328,- und<br />
380,- € Miete pro Monat inklusive Betriebskosten.<br />
Alle Räume sind einzeln abschließbar und<br />
verfügen über eine Terrasse, einen Balkon o<strong>de</strong>r<br />
eine Loggia. Für gemeinsame Aktivitäten gibt es<br />
eine teilmöblierte Wohnküche. Große Wohngemeinschaften<br />
sind mit mehreren kleinen Ba<strong>de</strong>zimmern<br />
und WCs ausgestattet. Zusätzlich sorgen<br />
Gemeinschaftsräume wie Dachterrasse, Sauna,<br />
Fahrradwerkstatt, Café o<strong>de</strong>r Fitnessraum sowie<br />
ein großer Garten mit Kin<strong>de</strong>rspielplatz und Liegen<br />
für Freizeit- und Kommunikationsmöglichkeiten.<br />
Hinzu kommen ein gemeinschaftlich nutzbarer<br />
Waschsalon und ein Musikproberaum. An<strong>de</strong>rs als<br />
sonst üblich bekommt je<strong>de</strong>r WG-Bewohner einen<br />
eigenen unbefristeten Mietvertrag. Zieht jemand<br />
aus, hat die Wohngemeinschaft das Recht, einen<br />
neuen Bewohner vorzuschlagen.<br />
Kostengünstige Zimmer<br />
für Junge und Junggebliebene<br />
Mit Citycom2 will das Österreichische Siedlungswerk<br />
(ÖSW) eine neue Wohnform für junge und<br />
junggebliebene Menschen för<strong>de</strong>rn. „Eine Wohnform,<br />
die einerseits das Zusammenleben von<br />
BewohnerInnen unterschiedlicher sozialer und<br />
kultureller Herkunft begünstigt, an<strong>de</strong>rerseits eine<br />
Zugangsmöglichkeit zum geför<strong>de</strong>rten und letztlich<br />
leistbaren Wohnen schafft“, so Michael Pech<br />
vom Vorstand <strong>de</strong>r ÖSW. Citycom2 entstand innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Stadtentwicklungsprojekts Nordbahnhof,<br />
in <strong>de</strong>m ein 75 ha großes ehemaliges Bahnhofsgelän<strong>de</strong><br />
bis 2025 mit rund 10.000 Wohnungen<br />
bebaut wer<strong>de</strong>n soll. Innerhalb dieses Vorhabens<br />
ging Citycom2 als eines <strong>de</strong>r Siegerprojekte aus<br />
<strong>de</strong>m Bauträgerwettbewerb „Junges und kostengünstiges<br />
Wohnen“ hervor. Entworfen hat das<br />
Projekt das Wiener Architekturbüro BEHF, wobei<br />
zu Citycom2 nicht nur das Wohngemeinschaftenhaus,<br />
son<strong>de</strong>rn auch zwei Apartmenthäuser mit 98<br />
Wohnungen gehören. Die Stadt Wien för<strong>de</strong>rte bei<strong>de</strong>s<br />
mit insgesamt rund 7,4 Mio. €. Die Gesamtbaukosten<br />
betrugen 21 Mio. €; davon entfielen<br />
auf das Wohngemeinschaftenhaus 11 Mio. €. Das<br />
Möbelhaus IKEA stattete – als Partner <strong>de</strong>s Bauträgers<br />
ÖSW – alle WG-Küchen aus. Nach an<strong>de</strong>rthalb<br />
Jahren Bauzeit zogen im Dezember 2011 die ersten<br />
Mieter ein.<br />
Und wie fan<strong>de</strong>n Interessenten die für sie geeignete<br />
Wohngemeinschaft? Sie besuchten Treffen,<br />
so genannte Roomie Lounges, bei <strong>de</strong>nen sie<br />
Gleichgesinnte kennen lernen und sich zu einer<br />
Wohngemeinschaft zusammenfin<strong>de</strong>n konnten.<br />
Diese Treffen fan<strong>de</strong>n bereits während <strong>de</strong>r Bauzeit<br />
statt; bis Mitte 2012 gab es noch einen wöchentlichen<br />
Jour fixe. Mo<strong>de</strong>riert wur<strong>de</strong>n die Treffen von<br />
Stadtsoziologen <strong>de</strong>s Büros wohnbund:consult. Sie<br />
sorgten auch dafür, dass sich die WGs im Anschluss<br />
daran selbst organisierten und ein Mieterbeirat<br />
mit WG-Sprechern gebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
Online kommunizieren und organisieren<br />
Kommunikation spielt eine große Rolle im Wohnprojekt<br />
und sie orientiert sich an <strong>de</strong>n Gepflogenheiten<br />
junger Menschen. Das ÖSW hat für Citycom2<br />
nicht nur eine eigene Website geschaffen.<br />
Damit sich die Bewohner <strong>de</strong>r Apartments und <strong>de</strong>r<br />
Wohngemeinschaften austauschen können, ist<br />
Citycom2 auch auf Facebook und Twitter vertreten.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Citycom2-Website<br />
ein Intranet eingerichtet, um Gemeinschaftsräume<br />
reservieren und Aktivitäten planen zu können.<br />
Das Intranet dient darüber hinaus zur Kommunikation<br />
mit <strong>de</strong>r Hausverwaltung, als Tauschbörse,<br />
schwarzes Brett und als Möglichkeit, verschie<strong>de</strong>nste<br />
Dienstleistungen anzubieten. Wer privat<br />
nicht online ist, kann einen Intranet-Terminal im<br />
Foyer nutzen.<br />
Mittlerweile sind alle WG-Zimmer vermietet.<br />
Rund die Hälfte <strong>de</strong>r Wohnungen wur<strong>de</strong> an Interessentengruppen<br />
vergeben, die sich schon vorher<br />
kannten, <strong>de</strong>r Rest an Einzelpersonen. Die jüngste<br />
Bewohnerin ist 18 Jahre alt, <strong>de</strong>r Älteste ist 47.<br />
Die Bewohner sind Stu<strong>de</strong>nten, Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>,<br />
Angestellte und Selbstständige. Es überrascht<br />
kaum, dass die Jungen unter ihnen die Mehrheit<br />
bil<strong>de</strong>n. Der Bauträger wür<strong>de</strong> sich aber freuen,<br />
wenn bald mehr „junge Ältere“ <strong>de</strong>n Weg in das<br />
Projekt fin<strong>de</strong>n.<br />
11 | 2012<br />
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