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Heft 3/2008

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ANDRESEN – virtuelle Diskurse<br />

Struktur, Weltanschauung 8 . An Hand ihrer wichtigsten Organe und Gruppierungen<br />

(Heimdall; Hammer; Germanenorden; Reichshammerbund ;<br />

Deutsch-völkischer Schutz-und Trutzbund u.a.) skizziert Puschner den<br />

Weg der Völkischen von den Anfängen am Ende des 19. Jahrhunderts<br />

bis zu ihrem Auf- und Untergehen im “Dritten Reich”. Dabei tritt die<br />

ungeheure Zerrissenheit und Uneinheitlichkeit dieser Bewegung ans<br />

Licht, in der Deutschnationale, Antisemiten, Rassisten, Sozial- und Lebensreformer,<br />

Naturfromme und Heimat-Schwärmer sich tummeln und<br />

gegenseitig befehden. Allen gemeinsam ist aber die feindselige Reaktion<br />

auf die Umbrüche und Verwerfungen der Moderne in Wirtschaft,<br />

Gesellschaft und Kultur. In solcher Fundamentalopposition – politisch<br />

wirksam in aggressiver Ablehnung der Weimarer Republik – trugen<br />

all diese Strömungen Züge einer politischen Religion. Deren Zentraldogma<br />

war eine religiös überhöhte völkische Erlösungslehre, die Staatlichkeit<br />

nur als Blut- und Geschichtsgemeinschaft anerkennen konnte.<br />

Von Grund auf antidemokratisch und antiegalitär, musste sie auf Reinheit<br />

und Höherwertigkeit der eigenen “Rasse” bestehen und also die<br />

Ausgrenzung alles Fremden betreiben. So gipfelt diese Religion in dem<br />

Credo, ... daß aus deutschem Blute das Heil der Welt kommt.<br />

Aber deutsch allein sagte vielen noch nicht genug. Es gab noch eine<br />

Steigerung: Norddeutsch! Niederdeutsch! Schon der Rembrandtdeutsche<br />

Julius Langbehn hatte das Niederdeutsche zum Inbegriff deutscher<br />

Kultur, ja zur reinsten Inkarnation alles Arischen gesteigert. Sein Bestseller<br />

Der Rembrandtdeutsche (1890) traf im sozial- und weltanschaulich<br />

verstörten Klein- und Bildungsbürgertum auf riesige Resonanz. In<br />

Norddeutschland waren Publizisten und Schriftsteller wie Adolf Bartels,<br />

Gustav Frenssen, Thomas Westerich u.a. in ähnlichem Sinn ideologisch<br />

aktiv. Wie musste es auch den Plattdeutsch-Aktivisten schmeicheln,<br />

aus dem Ruch kultureller Rückständigkeit herauszutreten und<br />

plötzlich das letzte Muttervolk Germaniens von ungebrochener Kraft zu<br />

repräsentieren! Kein Wunder, dass sie – wie andere völkische Gruppierungen<br />

– 1933 der tödlichen Nazi-Umarmung erlagen, um dann in<br />

den späten 30er Jahren mit Recht in Bedeutungslosigkeit zu versinken.<br />

Die exzentrische Gestalt des Rembrandtdeutschen steht auch im Mittelpunkt<br />

des folgenden Vortrags, in dem der Kunsthistoriker Kai Artinger<br />

Worpsweder Kunst im Zeichen des Niederdeutsch-Mythos untersucht 9 .<br />

Schon den Namen dieser Künstlerkolonie umgibt eine Aura des Mythischen,<br />

die nur durch Aufhellung ihrer Herkunft geklärt werden kann.<br />

Hier sind die bekannten Ideen und Ressentiments beieinander: der<br />

40<br />

Quickborn308-1.Korr.<br />

40<br />

22.09.<strong>2008</strong>, 9:49 Uhr

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