23.11.2013 Aufrufe

Heft 3/2008

Heft 3/2008

Heft 3/2008

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ANDRESEN – virtuelle Diskurse<br />

deutsch-völkische Aspekt, Kulturpessimismus, Großstadt-Flucht, die ländliche<br />

Welt als Gegenbild der verhassten Moderne, regressive Motive<br />

der Heimatkunstbewegung u.a. Entscheidend bei alledem: der Einfluss<br />

des Kunst-Ideals von Julius Langbehn auf Worpsweder Künstler wie<br />

Otto Modersohn und Fritz Mackensen! Deren Verehrung des Buches<br />

Rembrandt als Erzieher ging so weit, dass sie sich die Ideen des Anfangskapitels<br />

Deutsche Kunst programmatisch zu eigen machten. Langbehn<br />

fordert dort einen Lokalismus der deutschen Kunst, d.h. Treue des<br />

Künstlers zum heimatlichen Boden, aus dem er stammt – ein Kunstschaffen,<br />

das dem Geist der Scholle verhaftet bleibt und damit dem schädlichen<br />

Internationalismus der Kunstszene entgeht. Solcher Lokalismus<br />

bringt den Typus des niederdeutschen Malers hervor, den Langbehn<br />

am reinsten in Rembrandt verkörpert sieht. Auf dies Kunstideal beruft<br />

sich ausdrücklich Modersohn, wenn er sein eigenes Kunst-Programm<br />

einleitend so definiert: Gegenstand ist besonders einfache Ländlichkeit.<br />

Sein Hauptcharakter: bäuerlich, plattdeutsch, niederdeutsch. Dabei ist niederdeutsch<br />

mehr als nur ein sprachlicher Topos. Es bezeichnet einen<br />

Kulturtyp, der sich an vorindustriellen Leitbildern orientiert und mit der<br />

Abwendung von urbaner Zivilisation auch Liberalität und Demokratie<br />

verwirft. Nicht zufällig war Modersohn auch Propagandist der Heimatschutzbewegung,<br />

die in ihren Publikationen die Worpsweder Malerei<br />

als Inbegriff der bodenständigen Kunst Niedersachsens pries. Dass diese<br />

Bewegung – neben anderen – zwischen 1890 und 1933 dem Faschismus<br />

den Weg bereitete, kann nicht mehr verneint werden.<br />

Rembrandt als Urtyp des Niederdeutschen! Immer schon ging das Interesse<br />

norddeutscher Ideologen an holländisch-flämischer Kultur über<br />

die bloße Sprachverwandtschaft hinaus. Spätestens seit 1933 hatte es<br />

seine linguistische Unschuld verloren. Wie sich das in unserer Zeitschrift<br />

niederschlug, untersucht der Vortrag des Germanisten Volker Georg:<br />

Niederländisch im ´Quickborn´ 1933-1945. Mehr als eine Nachbarsprache?<br />

10 Georg zeigt die quantitative Zunahme von Beiträgen zu diesem<br />

Bereich seit 1933. Inhaltlich geht es von tendenziöser Darstellung der<br />

völkischen Bewegung in Flandern und Holland über diffamierende und<br />

antijüdische Propaganda bis zur offenen Unterstützung expansionistischer<br />

Pläne. Nach deren Erfüllung durch den Überfall deutscher Truppen auf<br />

Holland und Belgien wird die Stammesverwandtschaft betont und ein<br />

besseres Verständnis zwischen den beiden germanischen Völkern gefordert.<br />

Im ganzen hielt sich die ideologische Infiltration beim Quickborn<br />

in Grenzen. Die Tonart blieb moderat. Den bürgerlichen Lesern<br />

41<br />

Quickborn308-1.Korr.<br />

41<br />

22.09.<strong>2008</strong>, 9:49 Uhr

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!