Heft 3/2008
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Rezensionen<br />
Fritz Reuter: Ut mine Stromtid. Herausgegeben<br />
von Kurt Batt. Rostock:<br />
Hinstorff Verlag <strong>2008</strong> (= Edition Konrad<br />
Reich). 766 Seiten. ISBN: 978-3-<br />
356-01263-7.<br />
Thomas Stelljes<br />
Eine Passionsgeschichte mit vielen<br />
Gesichtern I.<br />
“Damit das Plattdeutsche im Bewusstsein<br />
späterer Generationen<br />
überleben kann”, veröffentlicht der<br />
Heimatbund für den Märkischen<br />
Kreis eine neue Übersetzung von<br />
Horst Ludwigsen, der 2003 die Geschichtsbücher<br />
des alten Testaments<br />
übersetzt hatte. Das Interesse hatte<br />
bald eine zweite Auflage erfordert,<br />
und es waren deren Leser und Betrachter,<br />
die von Ludwigsen das Neue<br />
Testament gleichfalls wünschten. Er<br />
hat sich angesichts der gewaltigen<br />
Aufgabe mit Auszügen beholfen und<br />
auf etwa 90 Seiten die Passion mit<br />
dem Anfang des Johannesevangeliums<br />
und Begegnungen in Emmaus<br />
nach der Auferstehung (Luk 24,13-<br />
30) zusammengesetzt. Kreuzweg und<br />
Emmaus-Begegnungen sind in 15 Linolschnitten<br />
des Verfassers erster<br />
Ausgangspunkt gewesen, finden sich<br />
dann auch noch umgeben vom parallel<br />
gesetzten Text Luthers und der<br />
lateinischen Vulgata. Ein gelehrtes<br />
und ein auf Kostbarkeit angelegtes<br />
Werk in dem bewährten großen<br />
Druck der Übersetzung von 2003. –<br />
Dreimal achtzehn Seiten bieten einen<br />
kleine Ausschnitt, gehen insofern von<br />
den Bildern aus, als sie, symbolisch<br />
verdichtet, zentral stehende Vorgänge<br />
zeigen wollen. Im Vorwort wird<br />
das erklärt und begründet und mit<br />
dem Expressionismus des Malers<br />
Richard Seewald in Verbindung gebracht<br />
und gegen romantische und<br />
Historienmalerei gesetzt, die Ludwigsen<br />
seinem Ausschnitt aus dem<br />
alten Testament noch hinzugefügt<br />
hatte. Ich glaube, dass er dort besser<br />
tat, über seinen Schatten zu springen,<br />
als nun seine eigenen Bildvorstellungen<br />
in den Vordergrund zu<br />
stellen. Mir jedenfalls kommt es so<br />
vor, als sei der Expressionismus und<br />
alles, was dazu gehörte, längst Vergangenheit.<br />
Das Vorwort von Wilhelm<br />
Bleicher aus Iserlohn macht klar, dass<br />
vor allem an Biblisches wieder erinnert<br />
werden soll angesichts einer beginnenden<br />
Vergesslichkeit, die dem<br />
Autor in der DDR begegnet war und<br />
an einer Moderatorin des Deutschen<br />
Fernsehens. Ich würde aber denken,<br />
das schön gestaltete Buch mit seinem<br />
gelehrten lateinischen Text und der<br />
Möglichkeit, Luther mit dem märkischen<br />
Plattdeutsch aus Lüdenscheid<br />
zu vergleichen, wird wenig Resonanz<br />
bei Leuten finden, denen man die Inhalte<br />
erst nahe bringen müsste. Eher<br />
wird man zur zusätzlichen Meditation<br />
veranlasst und zu einem Sprachvergleich,<br />
der Ludwigsen hier ein<br />
Erlebnis gewesen ist und in frühere<br />
Zeiten einer Generation zurückführt.<br />
Wer aber wird das Lateinische in<br />
Kauf nehmen, wenn er nichts davon<br />
versteht oder nicht wenigstens das<br />
Bedürfnis hätte, es seinen Enkeln<br />
wieder nahe zu bringen? Horst Ludwigsen<br />
hat kein “Kult-“, sondern ein<br />
Kulturbuch aus der Welt eines alten<br />
Gymnasiallehrers vorgelegt, zu dem<br />
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Quickborn308-1.Korr.<br />
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22.09.<strong>2008</strong>, 9:50 Uhr