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TEIL - Monoskop

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228 1NTERMEZZO: GEGEN-EMPJRE<br />

anthropologischen Exodus dar und bilden ein außerordentlich wichtiges,<br />

aber noch immer ziemlich ambivalentes Element bei der Entstehung eines<br />

Republikanismus »gegen« die imperiale Zivilisation. Der anthropologische<br />

Exodus ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil sich hier zum ersten Mal<br />

das positive, konstruktive Gesicht der Mutation zeigt: eine sich gerade vollziehende<br />

ontologische Mutation, die konkrete Erfindung eines ersten neuen<br />

Orts im Nicht-Ort. Diese schöpferische Evolution besetzt nicht einfach einen<br />

bereits existierenden Ort, sondern sie erfindet einen neuen Ort; es ist<br />

das Begehren, das einen neuen Körper schafft - eine Metamorphose, die<br />

mit allen naturalistischen Homologien der Moderne bricht.<br />

Dieser Begriff des anthropologischen Exodus ist jedoch noch immer<br />

höchst ambivalent, weil seine Methoden, nämlich Hybridbildung und Mutation,<br />

genau die gleichen sind, die auch die imperiale Souveränität anwendet.<br />

In der düsteren Welt der Cyberpunk-Literatur etwa ist die Freiheit in<br />

Mode und Aussehen oftmals nicht von den Mächten einer allumfassenden<br />

Kontrolle zu unterscheiden. 6 Wir müssen uns und unsere Körper sicherlich<br />

verändern, und das vielleicht weitaus radikaler, als es sich die Cyberpunk-<br />

Autoren ausmalen. In unserer heutigen Welt sind die gängigen ästhetischen<br />

Mutationen des Körpers (etwa Piercings und Tätowierungen, die<br />

Punk-»Mode« und ihre verschiedenen Imitationen) erste Anzeichen dieser<br />

körperlichen Transformation, doch am Ende werden sie geradezu<br />

belanglos sein im Vergleich zu der Art radikaler Mutation, die nötig sein<br />

wird. Denn der Wille, dagegen zu sein, bedarf in Wahrheit eines Körpers,<br />

der vollkommen unfähig ist, sich einer Befehlsgewalt zu unterwerfen; eines<br />

Körpers, der unfähig ist, sich an familiäres Leben anzupassen, an<br />

Fabrikdisziplin, an die Regulierungen des traditionellen Sexuallebens usw.<br />

(Sollten Sie bemerken, dass ihr Körper sich diesen »normalen«<br />

Lebensweisen verweigert, so verzweifeln Sie nicht - verwirklichen Sie ihre<br />

Gaben!) 7 Doch der neue Körper muss nicht nur radikal ungeeignet für die<br />

Normalisierung sein, sondern auch in der Lage, ein neues Leben zu<br />

schaffen. Wir müssen viel weiter gehen, um diesen neuen Ort des Nicht-<br />

Orts zu bestimmen, weit über die simplen Erfahrungen der Vermischung<br />

und Hybridbildung und die damit zusammenhängenden Experimente hinaus.<br />

Wir müssen dahin gelangen, ein kohärentes politisches Artefakt zu<br />

entwickeln, ein kunstliches Werden in dem Sinne, wie die Humanisten von<br />

einem durch Kunst und Erkenntnis geschaffenen homohomo sprachen und<br />

Spinoza von einem mächtigen Körper, geschaffen vom höchsten<br />

Bewusstsein, das von Liebe durchströmt ist.

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