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TEIL - Monoskop

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70 DIE POLITISCHE KONSTITUTION DER GEGENWART<br />

ihre Sprache nicht zu übersetzen ist. Die Kämpfe kommunizieren nicht,<br />

obwohl sie medial übermäßig präsent sind, im Fernsehen, im Internet und in<br />

jedem anderen nur vorstellbaren Medium. Einmal mehr stehen wir vor dem<br />

Paradox der Nicht-Kommunikation.<br />

Wir sind natürlich in der Lage, tatsächliche Hindernisse zu erkennen, die<br />

die Kommunikation von Kämpfen blockieren. Ein solches Hindernis ist das<br />

Fehlen eines erkennbaren gemeinsamen Gegners, gegen den sich die Kämpfe<br />

richten. Peking, Los Angeles, Nablus, Chiapas, Paris, Seoul: die Situationen<br />

scheinen alle vollkommen anders geartet. Doch in Wirklichkeit greifen<br />

alle die globale Ordnung des Empire direkt an und zielen auf ein<br />

Gegenprojekt. Den Charakter des gemeinsamen Gegners zu klären ist damit<br />

ein wesentliches politisches Ziel. Ein zweites Hindernis, das aus dem ersten<br />

folgt, ist das Fehlen einer gemeinsamen Sprache von Kämpfen, durch die<br />

sich die Besonderheiten der einzelnen in eine kosmopolitische Sprache<br />

übersetzen ließen. Kämpfe in anderen Teilen der Welt, selbst unsere eigenen<br />

Kämpfe scheinen eine unverständliche fremde Sprache zu sprechen.<br />

Auch hier deutet sich eine wichtige politische Aufgabe an: eine neue gemeinsame<br />

Sprache zu finden, die uns die Kommunikation erleichtert, so<br />

wie es für die Kämpfe einer früheren Epoche die Sprache des Antiimperialismus<br />

und des proletarischen Internationalismus taten. Vielleicht ist das<br />

eine Kommunikation neuen Typs, die nicht auf der Grundlage von Ähnlichkeitsbeziehungen<br />

funktioniert, sondern auf der von Differenzen: eine<br />

Kommunikation von Singularitäten.<br />

Einen gemeinsamen Gegner zu erkennen und eine gemeinsame Sprache<br />

der Kämpfe zu finden sind sicherlich wichtige politische Aufgaben, und wir<br />

wollen dazu in diesem Buch so weit wir können beitragen, doch sagt uns<br />

die Intuition, dass es der Untersuchung mit dieser Vorgabe letztlich nicht<br />

gelingen wird, das reale Potenzial zu begreifen, das die neuen Kämpfe darstellen.<br />

Die Intuition sagt mit anderen Worten, dass das Modell horizontaler<br />

Verknüpfung von Kämpfen zu einem Zyklus der Art und Weise, wie heutige<br />

Kämpfe zu globaler Bedeutung gelangen, nicht mehr adäquat ist. Ein<br />

solches Modell macht uns gegenüber ihrem wirklichen Potenzial blind.<br />

Marx versuchte, den fortdauernden proletarischen Kampfzyklus, der Europa<br />

im 19. Jahrhundert durchzog, im Bild des Maulwurfs, der seine unterirdischen<br />

Gänge gräbt, zu fassen. Marx' Maulwurf käme in Zeiten offener<br />

Klassenkonflikte an die Oberfläche, um sich dann wieder in den Untergrund<br />

zurückzuziehen - nicht um dort passiv zu überwintern, sondern um seine<br />

Tunnel zu graben, um sich mit der Zeit voranzubewegen, mit dem Lauf der

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