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TEIL - Monoskop

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84 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

Wenn wir im Folgenden die Entstehung dieses Souveränitätsbegriffs und<br />

seine verschiedenen Entwicklungsstufen in der modernen europäischen<br />

Philosophie nachzeichnen, so sollten wir erkennen können, dass Europa<br />

und die Moderne weder einheitliche noch friedfertige Konstruktionen sind,<br />

sondern von Beginn an durch Kampf, Konflikt und Krise gekennzeichnet<br />

waren. In der Entstehung der europäischen Moderne lassen sich drei Momente<br />

ausmachen, in denen sich die ursprüngliche Gestalt des modernen<br />

Souveränitätsbegriffs zeigt: erstens die revolutionäre Entdeckung der Immanenz;<br />

zweitens die Reaktion gegen diese immanenten Kräfte und gegen<br />

die Krise in Gestalt der Autorität; und drittens die teilweise und temporäre<br />

Lösung dieser Krise durch die Ausbildung des modernen Staates als Ort der<br />

Souveränität, der diese immanenten Kräfte transzendiert und im Zaum hält.<br />

Durch diese Entwicklung verbindet sich die europäische Moderne selbst<br />

allmählich untrennbar mit dem Prinzip der Souveränität. Und doch bricht<br />

sich, wie Graf Leinsdorf beklagt, die ursprüngliche Spannung selbst auf<br />

dem Höhepunkt der Moderne immer wieder mit aller Gewalt Bahn.<br />

Die moderne Souveränität ist insofern eine europäische Vorstellung, als<br />

sie sich in erster Linie in Europa entwickelte, und zwar in engem Zusammenhang<br />

mit der Entstehung der Moderne selbst. Diese Vorstellung fungierte<br />

als tragende Säule bei der Herausbildung des Eurozentrismus. Doch<br />

wenngleich die moderne Souveränität in Europa ihren Anfang nahm, so<br />

entstand und entwickelte sie sich doch großteils durch Europas Beziehung<br />

nach außen, und zwar vor allem durch den europäischen Kolonialismus und<br />

den Widerstand der Kolonisierten. Die moderne Souveränität entstand somit<br />

als Vorstellung von europäischer Reaktion und europäischer Vorherrschaft<br />

sowohl innerhalb wie außerhalb seiner Grenzen. Wir haben es dabei<br />

mit zwei sich gegenseitig verstärkenden und komplementären Aspekten<br />

einer einzigen Entwicklung zu tun: Herrschaft innerhalb Europas und europäische<br />

Herrschaft über die Welt.<br />

Die revolutionäre Entdeckung der Immanenz<br />

Alles begann mit einer Revolution. Zwischen 1200 und 1600 geschah in<br />

Europa über Entfernungen hinweg, die einzig Kaufleute und Armeen überwinden<br />

konnten und über die erst die Erfindung der Druckerpresse später<br />

hinweghelfen sollte, etwas Außerordentliches. Menschen erklärten sich zu<br />

Herren über ihr eigenes Leben, zu Schöpfern von Städten und Geschichte

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