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TEIL - Monoskop

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126 PASSAGEN DER SOUVERÄNITÄT<br />

jakobinischer Ideologien, die Extremformen eines rassistischen Nationalismus<br />

und die Negation der Kräfte des Marktes zu verurteilen. Der Begriff<br />

des Totalitarismus sollte jedoch die realen Phänomene gründlicher durchdringen<br />

und sie zugleich genauer erklären. In Wirklichkeit nämlich besteht<br />

Totalitarismus nicht einfach darin, dass er sich auf das gesamte gesellschaftliche<br />

Leben erstreckt und es einer globalen disziplinarischen Norm zu<br />

unterwerfen sucht, sondern auch in der Negation des gesellschaftlichen Lebens<br />

selbst, in der Erosion seiner Grundlagen und dem theoretischen wie<br />

praktischen Bestreben, die bloße Existenz der Menge unmöglich zu machen.<br />

Totalitär sind die organische Begründung und der einheitliche Ursprung<br />

von Gesellschaft und Staat. Die Gemeinschaft ist danach keine dynamische<br />

kollektive Schöpfung, sondern ein Ur­Gründungsmythos. Eine<br />

solche ursprüngliche Vorstellung von Volk behauptet eine Identität, die das<br />

Bild der Bevölkerung homogenisiert und reinigt, während sie gleichzeitig<br />

die konstruktiven Interaktionen zwischen den Differenzen innerhalb der<br />

Menge blockiert.<br />

Sieyes erkannte den Keim des Totalitarismus bereits in den im 18. Jahrhundert<br />

verbreiteten Vorstellungen von nationaler Souveränität und Volkssouveränität,<br />

Vorstellungen, welche die absolute Macht des Monarchen<br />

wirksam sicherten und sie auf die nationale Souveränität übertrugen. Er<br />

erkannte die künftigen Entwicklungen dessen, was man totalitäre Demokratie<br />

nennen könnte (Talmon 1961). In der Diskussion über die Verfassung<br />

für das Jahr III der Französischen Revolution wandte sich Sieyes gegen die<br />

»verhängnisvollen Pläne zu einer Retotalisierung [re-total] statt zu einer<br />

Republik [re-publique], die fatal wären für die Freiheit und sowohl den<br />

öffentlichen wie den privaten Bereich zerstören würden« (zit. n. Zapperi<br />

1970, 77). Der Begriff der Nation und die Praktiken des Nationalismus befinden<br />

sich von Anfang an auf einem Weg, der nicht zur Republik führt,<br />

sondern zum »re­total«, zum Totalen und das heißt: zur totalitären Übercodierung<br />

des gesellschaftlichen Lebens.

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