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TEIL - Monoskop

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KAPITALISTISCHE SOUVERÄNITÄT 357<br />

dem undankbare Heuchler. Wo wäre das Kapital, wenn es nicht seine Hände<br />

auf den allgegenwärtigen Staat gelegt hätte und ihn jahrhundertelang im<br />

eigenen Interesse halte arbeiten lassen? Und wo wäre heute das imperiale<br />

Kapital, wenn der allgegenwärtige Staat nicht allgegenwärtig genug wäre,<br />

im globalen Maßstab die Macht über Leben und Tod der Bevölkerung auszuüben?<br />

Wo wäre das Kapital ohne einen allgegenwärtigen Staat, der in<br />

der Lage ist, Geld zu drucken und die globale Ordnung zu produzieren und<br />

zu reproduzieren, die kapitalistische Macht und kapitalistischen Reichtum<br />

garantieren? Oder ohne die Netzwerke der Kommunikation, die die produktiven<br />

Kooperationen der Menge ausbeuten? Jeden Morgen, wenn sie<br />

aufwachen, sollten Kapitalisten und ihre Vertreter, statt die Schmähungen<br />

des allgegenwärtigen Staats im Wall Street Journal zu lesen, niederknien<br />

und ihn loben.<br />

Heule, da die radikalsten konservativen Gegner des allgegenwärtigen<br />

Staats unter der Last der Paradoxie ihrer eigenen Position zusammengebrochen<br />

sind, wollen wir ihr Banner aufnehmen, wo sie es in den Staub<br />

haben fallen lassen. Nun ist es an uns zu rufen: »Weg mit dem allgegenwärtigen<br />

Staat!« Warum sollte die Parole exklusives Eigentum der Konservativen<br />

sein? Gewiss sind wir alle durch den Klassenkampf erzogen und<br />

wissen, dass der allgegenwärtige Staat auch als Instrument der Umverteilung<br />

sozialen Reichtums diente und dass, unter dem Druck der Kämpfe der<br />

Arbeiterklasse, er auch eine Rolle im Ringen um Gleichheit und Demokratie<br />

spielte. Diese Zeiten sind heute jedoch vorbei. In der Postmoderne des Empire<br />

ist der allgegenwärtige Staat nur noch despotisches Mittel der Herrschaft<br />

und der totalitären Produktion von Subjektivität. Der allgegenwärtige<br />

Staat dirigiert das große Orchester der auf Waren reduzierten<br />

Subjektivitäten und setzt konsequenterweise auch dem Begehren Grenzen,<br />

indem er die Trennlinien zieht, die im biopolitischen Empire die neuen Arbeitsteilungen<br />

mit Blick auf den globalen Horizont festlegen und das<br />

Machtinteresse an Ausbeutung und Unterwerfung reproduzieren. Wir hingegen<br />

kämpfen, weil das Begehren keine Grenze kennt und - da das Begehren<br />

zu existieren und das Begehren zu produzieren ein und dieselbe Sache<br />

sind - weil das Leben in einem fort, frei und gleich zu genießen und zu reproduzieren<br />

ist.<br />

Manche mögen einwenden, dass das produktive biopolitische Universum<br />

weiterhin irgendeiner Form des Kommandos bedarf und wir deshalb realistischerweise<br />

nicht darauf zielen sollten, den allgegenwärtigen Staat zu zerstören,<br />

sondern ihn in unsere Hände und unter unsere Kontrolle zu bekom-

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