Nachruf - Welcker-online.de
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vor und wir verarmen eben darum am Notwendigen, noch ehe Kriege als die<br />
ultima ratio <strong>de</strong>s zeitverirrten Scheins es zu Ran<strong>de</strong> bringen. Da durch die Monarchie,<br />
die <strong>de</strong>n Geist irgendwo bejahen muß und also am falschen Punkte<br />
setzt, das Selbstverständliche zum Problem wird, so kann ihre Möglichkeit<br />
kein Problem mehr und muß ihre Unmöglichkeit selbstverständlich sein. Ihr<br />
Geist war zu Ornamenten abgezogen, die das Geschäft beleben sollten und<br />
Blut gekostet haben, mehr Blut, als er selbst in Zeiten wert war, da er einen<br />
Inhalt be<strong>de</strong>utet hat. Was fange ich mit einem Monarchen an? Er ist mir nur,<br />
ich spür's in meinem Schreibzimmer, <strong>de</strong>r höchste Vorgesetzte meines Kohlenmanns,<br />
aber er setzt mir ihn nicht in Gang. Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r Republik kann meinetwegen<br />
dieser selbst sein — wer immer: 's wird eher Kohle geben. In <strong>de</strong>r<br />
Republik, die <strong>de</strong>n Staat als <strong>de</strong>n Konsumverein bejaht, wo sich das Essen von<br />
selbst versteht und nicht jene Gna<strong>de</strong> be<strong>de</strong>utet, für die man mit Ehrfurcht<br />
dankt, also mit einem Gegenwert, <strong>de</strong>n man nur Gott und <strong>de</strong>m Geist schul<strong>de</strong>t,<br />
in <strong>de</strong>r Republik sind die Menschen zunächst so schlecht und so dumm, wie sie<br />
sind, aber von keiner Schranke gehin<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>n Zustand zu heben. Die monarchische<br />
Macht muß, um zu bestehen, die Menschen dümmer und schlechter<br />
machen, als sie sind. Sie zehrt <strong>de</strong>n inneren Vorrat auf, um uns <strong>de</strong>n äußern zu<br />
geben, nimmt <strong>de</strong>n äußern, und anstatt daß wir durch die Bestellung <strong>de</strong>s Lebens<br />
leichter zu uns selbst gelangten, fin<strong>de</strong>n wir zuletzt in uns nichts vor und<br />
nichts mehr außerhalb. Und daß, wo nichts ist, auch <strong>de</strong>r Kaiser das Recht verloren<br />
hat, diese Erkenntnis ist schließlich <strong>de</strong>r wahre Gewinn aus <strong>de</strong>m Zustand,<br />
und <strong>de</strong>r heißt dann Republik. Vor allem Denken stand das hin<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
Bewußtsein, daß es Kaiser gibt, aber die leere Seele und <strong>de</strong>r leere Herd zeugten<br />
für das angestammte Übel. Mangel ist <strong>de</strong>r Ehrfurcht hin<strong>de</strong>rlich, die <strong>de</strong>n<br />
Überfluß nicht zuließ. Wir müssen wie<strong>de</strong>r Gott, wir dürfen nicht mehr <strong>de</strong>m<br />
Staat für die Dinge danken, zu <strong>de</strong>ren Beschaffung er da ist und von uns bezahlt<br />
wird. Die Gotteslästerung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e, daß <strong>de</strong>r Mensch für <strong>de</strong>n Staat da sei,<br />
hat ein En<strong>de</strong> mit Schrecken gefun<strong>de</strong>n. Wehe <strong>de</strong>m Bäcker, <strong>de</strong>r für unser tägliches<br />
Brot, das wohl Gottes Gna<strong>de</strong>, aber seine Pflicht ist, als Majestät verehrt<br />
sein will! An <strong>de</strong>r Überschätzung dieser Dinge sind sie uns ausgegangen. Ein<br />
zu großer Teil <strong>de</strong>r Menschheit hat sich als <strong>de</strong>n Vorgesetzten <strong>de</strong>s Rests aufgespielt<br />
und davon gelebt, sich zwischen uns und unsere Notdurft zu stellen, anstatt<br />
sie uns zu verrichten. Wenn wir in diesem Punkt klar zu sehen beginnen,<br />
wer<strong>de</strong>n wir uns nach <strong>de</strong>n fleischlosen Töpfen <strong>de</strong>r Monarchie nicht zurücksehnen<br />
und uns dadurch allein eine bessere Zukunft sichern, daß wir uns die<br />
meisten Beamten und alle Offiziere ersparen. Das unheimliche Symbol <strong>de</strong>s<br />
Zauberlehrlings, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Besen zum Herrn über sich selbst gesetzt hat und einer<br />
Sintflut nicht mehr wehren kann, ist als Warnung vor einem Leben gestan<strong>de</strong>n,<br />
welchem die Behelfe <strong>de</strong>n Zweck verdorben haben; im Erlebnis büßt<br />
es die Sün<strong>de</strong> einer Zeit, aus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r alte Meister sich doch einmal wegbegeben<br />
hat. Dies gilt von <strong>de</strong>m Fluch, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Zauberbesen <strong>de</strong>r Technik über uns<br />
gebracht hat, es gilt aber auch für das System, das die animalischen Instrumente,<br />
die Mittler und Händler, in die Weihe einer Lebensverfügung eingesetzt<br />
hat. Herr, die Not ist groß! Die wir riefen, die Geister, müssen wir radikal<br />
und ein für allemal loswer<strong>de</strong>n, wenn an<strong>de</strong>rs die Katastrophe dieses Kriegs<br />
nicht auch die Zukunft uns ersäufen soll. Das Lehrgeld <strong>de</strong>s Zauberlehrlings<br />
müssen wir bezahlen. Und das Wesen unseres beson<strong>de</strong>rn Chaos ist, daß wir<br />
er und <strong>de</strong>r Stock zugleich waren und je<strong>de</strong>r von uns in bei<strong>de</strong>n Gestalten, als<br />
Verwirrer und Verwirrter, das Unheil mehrten. Was die Beamten anlangt, die<br />
in diesem glücklich ersoffenen Haus Österreich <strong>de</strong>n Anspruch erhoben, daß<br />
die Eigenschaft <strong>de</strong>r Dummheit allein schon gottähnlich mache, und die sich<br />
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