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Nachruf - Welcker-online.de

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auch <strong>de</strong>r Ansicht, daß man nicht generalisieren darf. Aber es sind ja nur Einzelfälle<br />

und man darf nicht generalisieren. Überdies haben wir von zuständiger<br />

Stelle, nämlich vom gewesenen Armeeoberkommando gehört, daß das Generalisieren<br />

auch unfehlbar alle jene trifft, »die ihre Pflichterfüllung mit <strong>de</strong>m<br />

To<strong>de</strong> besiegelt haben o<strong>de</strong>r als Krüppel weiter durchs Leben wan<strong>de</strong>rn<br />

müssen«, ein Los, das bekanntlich <strong>de</strong>n Angehörigen <strong>de</strong>s gewesenen Armeeoberkommandos<br />

und seiner Filialen erspart geblieben ist. Es war aber, da ja<br />

die Ressorts eben getrennt und Kompetenzstreitigkeiten tunlichst zu vermei<strong>de</strong>n<br />

sind, immer die Lebensaufgabe jener, die in <strong>de</strong>n letzten Jahren in Ba<strong>de</strong>n<br />

zur Nachkur geweilt haben —. die wohltätigen schwefelhaltigen Quellen sind<br />

für Rheumatiker so indiziert wie die Teschener Milchkur —, auf das beispielgeben<strong>de</strong><br />

Verhalten jener hinzuweisen, die in <strong>de</strong>r gleichen Zeit gesund genug<br />

waren, sich an Sturmangriffen zu beteiligen. Wenn sie dabei zufällig gestorben<br />

sind o<strong>de</strong>r schon bei <strong>de</strong>r Generalprobe von <strong>de</strong>r eigenen Handgranate —<br />

die eben nur aus Kriegsmaterial hergestellt war — zerrissen wur<strong>de</strong>n, so darf<br />

man nicht vergessen, daß Krieg Krieg ist und daß man nicht generalisieren<br />

darf. O<strong>de</strong>r eben nur, um in Bausch und Bogen auf die vorbildliche Or<strong>de</strong>nswürdigkeit<br />

<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Stabsmenage Hinterbliebenen hinzuweisen. Auch ist zu be<strong>de</strong>nken,<br />

daß zwar die Lebensmittel, die im Krieg ausgehen, jenen, die ihn führen,<br />

nur dort erreichbar sind, wo sie nicht so leicht in Fein<strong>de</strong>shand geraten<br />

können, wo es aber oft strapaziöse Telephongespräche kostet, um die Aufopferung<br />

<strong>de</strong>r eigenen Regimenter durchzusetzen. Die Toten, die mit ihren Scha<strong>de</strong>nersatzansprüchen<br />

von einem Vaterland, das auch nicht mehr lebt, auf die<br />

Fibel verwiesen wer<strong>de</strong>n, haben es besser. Fraglich bleibt nur, ob beim Generalisieren<br />

sich die Krüppel mit größerer Genugtuung an die Generale erinnern<br />

wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r an jene, die <strong>de</strong>ren Tätigkeit wenigstens zu einer Zeit charakterisiert<br />

haben, als <strong>de</strong>r Säbel, aus <strong>de</strong>m Dienst <strong>de</strong>r schlechten Fe<strong>de</strong>r entlassen,<br />

<strong>de</strong>r guten nichts mehr zu verbieten hatte. Die Voranschickung <strong>de</strong>r Toten und<br />

Krüppel in <strong>de</strong>n Kampf um die Ehre, das einzige, was bekanntlich <strong>de</strong>m Berufsoffizier<br />

geblieben ist, entspricht einer alten militärischen Tradition jener Kreise,<br />

bei <strong>de</strong>nen selbst diese Gabe nur in verschwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Mengen vorkommen<br />

dürfte, so daß eine Requisition, etwa für <strong>de</strong>n Zweck <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>raufrichtung<br />

<strong>de</strong>s Berufs, nur ein schwaches Ergebnis zeitigen wür<strong>de</strong>. Wenn wir vollends<br />

hören, daß die Verteidigung »<strong>de</strong>nselben liebenswürdigen, beschei<strong>de</strong>nen,<br />

dienstesfrohen und anspruchslosen Offizieren« gilt, »auf die wir Österreicher<br />

immer so stolz gewesen waren«, weil sie »Blut von unserem Blute, Geist von<br />

unserem Geiste« sind, so müssen wir gera<strong>de</strong>zu die Bitte aussprechen, nicht zu<br />

generalisieren. Beson<strong>de</strong>rs, was das Blut, und auch was <strong>de</strong>n Geist anbelangt.<br />

Denn in solchen Momenten, wo wir uns vom Geist <strong>de</strong>r Sirk—Ecke umwittert<br />

fühlen, stellt sich unfehlbar das tödliche Wort »Mullatschak« ein, welches<br />

<strong>de</strong>nn auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch—österreichische General, dieser von einem neuen<br />

Geist berufene Boog, pünktlich zur Entschuldigung jener harmlosen Spielart<br />

ins Treffen führt, die halt aus Feschaks besteht, die Fülle <strong>de</strong>r österreichischen<br />

Dialekte um <strong>de</strong>n liebenswürdigsten Jargon bereichert hat, <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>n Satz mit<br />

»Weißt« beginnt, und, man kann's ihr nicht verübeln, Krieg ist Krieg, manchmal<br />

über die Stränge geschlagen hat, die halt in zwölftausend Fällen Galgenstränge<br />

waren. Weißt, daß ich in einer Sphäre, in <strong>de</strong>r diese Klasse zwar nicht<br />

mehr über unser Blut gebietet, aber noch Miene zu machen scheint, unsern<br />

Geist von ihrem sein zu lassen, nicht allzulange aushalten wer<strong>de</strong>. Aber ich<br />

muß, da ich ja nicht in <strong>de</strong>r Lage bin, auf meinem Rückzug mich durch Preisgebung<br />

meines Menschenmaterials und unter Mitnahme von an<strong>de</strong>rm beweglichen<br />

Gut in Sicherheit zu bringen, bis zur Heimkehr in eine lichtere Heimat<br />

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