INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Film<br />
Schriftdeutung des Mittelalters zurückzubesinnen. Sie ging immer<br />
davon aus, dass der Heilige Geist in jeden Bibeltext mehrere Sinne<br />
hineingewoben hat - zum Beispiel einen historischen, einen geistlichen<br />
und einen moralischen. Nach diese Regel interpretiert der<br />
amerikanische katholische Theologe Joseph DiNoia heute den Ruf<br />
„Sein Blut komme über uns" nicht nur als das Geschrei eines verhetzten<br />
Pöbels, sondern auch als ein Gebet, das Matthäus in diesen Text<br />
aufgenommen hat. Will heißen: Sein Blut komme über uns und unsere<br />
Kinder, um uns reinzuwaschen. Wovon? Von der Erbsünde, gegen die<br />
es kein anderes Mittel gibt.<br />
Wie eine reinigende Dusche<br />
Wer die „Passion Christi" aufmerksam verfolgt, der stellt fest, dass sich<br />
dies fast von der ersten bis zur letzten Szene durch den Film zieht - sei's<br />
bei der Geißelung Christi; sei's wenn Claudia, die Frau des Pilatus, der<br />
Mutter Jesu und der Maria Magdalena weiße Leintücher reicht, mit<br />
denen sie das Blut des gefolterten Jesus vom Kopfsteinpflaster<br />
schrubben (was nicht in der Bibel steht); sei's wenn die Veronika - auch<br />
sie keine biblische Figur - mit ihrem Schweißtuch das Blut von Christi<br />
Antlitz wischt, während er das Kreuz trägt; sei's, wenn sich das vom<br />
Gekreuzigten fließende Blut und - als Rückblende - die Einsetzung des<br />
Heiligen Abendmahls abwechseln; sei's, wenn Blut und Wasser aus der<br />
Speerwunde in der Seite des soeben verschiedenen Christus wie eine<br />
reinigende Dusche auf die Gestalten unterm Kreuz herniedergehen: auf<br />
die beiden Marias, den Jünger Johannes und einen Legionär, der<br />
begriffen hatte. wer da gestorben war.<br />
Dies ist, kein Zweifel, eine Schocktherapie für Christen, wie es sie<br />
wahrscheinlich noch nie in dieser Intensität gegeben hat. Es ist eine<br />
Schocktherapie in einer Zeit, in der die meisten Europäer<br />
augenscheinlich den Glauben ihrer Väter längst zur Disposition gestellt<br />
haben und in Amerika viel Christliches geredet wird, was sich aber<br />
wenig in Werken - den Früchten des Glaubens - niederschlägt. Gibsons<br />
Film wird die Amerikaner zu einer Zeit schütteln, in der sie proportional<br />
gesehen - jedes Jahr dreimal soviel ungeborenes Leben abschlachten<br />
-14-