INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
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Für Sie gelesen<br />
...von Dr. Andreas Siebenhüner<br />
António Lobo Antunes: Was werd ich tun, wenn alles brennt? Roman,<br />
aus dem Portugiesischen übersetzt von Maralde Meyer-Minnemann.<br />
2003, Luchterhand Literaturverlag München, 25.00 EUR<br />
Bücher können wie Menschen sein. Manche erschließen sich schnell,<br />
lassen aber auch schnell das Interesse erlahmen. Andere wirken<br />
hermetisch, verschlossen kaum zugänglich, eröffnen aber dem<br />
Geduldigen eine wahre Schatzkammer, die immer wieder neue<br />
Perspektiven eröffnet. Der Roman von Antunes gehört sicherlich zur<br />
zweiten Kategorie, ist auf keinen Fall ein leichtes Lesevergnügen für den<br />
lauen Frühlingsabend. Er bietet aber dem Leser, der bereit ist zur<br />
Auseinandersetzung mit dem disparaten und inhomogenen Stoff des<br />
menschlichen Lebens, der fähig ist, dem vermeintlich gescheiterten<br />
eine zweite Chance zu geben, die ungeheure Welt der comedia<br />
humana.<br />
Was tut ein junger Mann, dessen Leben in Trümmern zu liegen scheint?<br />
Er, der nicht einmal seiner Identität sicher sein kann, die Ehe der Eltern<br />
gescheitert, der Vater tot und die eigene Drogensucht noch nicht<br />
überwunden, sucht nach einem Halt und Verlässlichkeit. Die spießige<br />
Welt seiner Pflegeeltern vermag ihm ebensowenig zu genügen wie die<br />
Verlockungen der Großstadt, die jedem neutral entgegenzukommen<br />
scheint und doch die wenigsten ungeschoren davonkommen läßt.<br />
Traum und Wirklichkeit durchdringen sich, werden gleichgültig, lassen<br />
kein Entkommen zu.<br />
Allerdings ist Lissabon mehr als nur die Metapher für eine beliebige<br />
Stadt. Hier verdichtet sich das Gefühl zu körperlichen Erscheinungen,<br />
die untergegangene Welt der Kolonialmacht Portugal feiert keineswegs<br />
fröhliche Urständ, klebt vielmehr bleiern an jeder Zukunft und für kaum<br />
ein Land ist die Mitgliedschaft in (West-) Europa so wichtig wie für<br />
Portugal. Allenfalls Irland kann sich ebensowenig aus seiner durch und<br />
durch katholisch geprägten Vergangenheit lösen und ist verurteilt, das<br />
verderbliche Gemisch aus Heuchelei und Bigotterie bis zur Neige zu<br />
leeren.<br />
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