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INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO

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Der Jahreskreis<br />

müssen sie nicht kühlende Schatten spenden. Die Singvögel stimmen<br />

ihr Konzert an. Klingt nicht auch das Krächzen der Elstern und Krähen<br />

freundlicher? Die Knospen brechen auf. Die ersten Insekten saugen<br />

Nektar aus den frischen Blüten der Krokusse, Märzbecher, Narzissen,<br />

Forsythien. Die Bienen beginnen ihr fleißiges Werk. An den Deichen<br />

meckern die Lämmer. Alles rüstet sich für die Reise durchs Jahr.<br />

Annerose und Reinhold kommen überein, zwei Wochen in den<br />

toskanischen Frühling zu fahren. Süden. Italien. Sinnbilder des frühen<br />

Lichtes. Das sinnliche Wunder der Wiedergeburt. Frisch grünende<br />

Hügel unter azurblauem Himmel. Die Schöpfung lebt fort. Aufbruch in<br />

den nächsten Sonnenumlauf unseres Mutterplaneten. Lebenslanges<br />

Trostgeschenk. Reinhold lernt, mit seinem Körper hauszuhalten. Ihn<br />

hatte es aus heiterem Himmel getroffen. Eben war eine Sitzung bei<br />

Gericht zu Ende, als ihn, gottlob rechts, ein Hirnschlag hinstreckte.<br />

Dann die linksseitige Lähmung, und dass ihm die Sprache versagte.<br />

Eine Nachblutung hatte die Überlebensaussichten verdüstert. Und nun<br />

doch gerettet! Er wird eine lange Nachbehandlung haben. Zum Glück<br />

ist der Intellekt unversehrt. Und das Sprechen gelingt beinahe wie<br />

früher.<br />

Annerose und Reinhold sind sich näher als je zuvor. Das Menetekel des<br />

drohenden Verlustes schärft das Bewusstsein, wie gar nicht<br />

selbstverständlich es ist, füreinander da zu sein. Sie werden sich inne,<br />

dass es ohnehin kein gedankenloses Treibenlassen geben darf. Das<br />

wird auch nicht zum Recht, wenn die beiden Kinder aus dem Hause<br />

sind und ausstudiert haben. Annerose entdeckt Formen und Farben,<br />

über die sie vorher hinweggesehen hat. Sie sammelt die vielen neuen<br />

Eindrücke und empfindet die Vorfreude darauf, sie im Töpfern und in<br />

anderen Kunsttechniken Gestalt werden zu lassen.<br />

Zwei Menschen, die so wenig wie irgendwer den Sinn des Lebens<br />

wissen, werden sich nach ihrem besten Vermögen bewusster als zuvor<br />

im Tätigsein erfüllen. Sie werden im Rhythmus der gottgeschaffenen<br />

Natur mitschwingen. Carpe diem! (Horaz)<br />

Dieter Spazier<br />

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