INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
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Aus Kirche, Politik und Gesellschaft<br />
besteht. Es gibt schließlich Fragmente, die nur auf den Kehrichthaufen<br />
gehören, und solche, die bedeutsam sind auf Jahrhunderte hinaus, weil<br />
ihre Vollendung nur eine göttliche Sache sein kann, also Fragmente, die<br />
Fragmente sein müssen - ich denke z. B. an die Kunst der Fuge. Wenn<br />
unser Leben auch nur ein entferntester Abglanz eines solchen<br />
Fragments ist, in dem wenigstens eine kurze Zeit lang die sich immer<br />
stärker häufenden verschiedenen Themata zusammenstimmen und in<br />
dem der große Kontrapunkt vom Anfang bis zum Ende durchgehalten<br />
wird, so dass schließlich nach dem Abbrechen - höchstens noch der<br />
Choral.-„ Vor deinen Thron tret' ich hiermit“ intoniert werden kann,<br />
dann wollen wir uns auch über unser fragmentarisches Leben nicht<br />
beklagen, sondern daran sogar froh werden“.Bonhoeffer sieht sein<br />
Leben und das seiner Generation als Fragment - und gibt doch den<br />
Traum eines vollendeten Lebens nicht auf.<br />
Mich haben diese Sätze als junge Studentin getröstet nach dem frühen<br />
Tod meines Vaters. Henning Luther geht einen Schritt weiter. Er stellt<br />
dem Traum vom vollendeten Leben das Bild vom Fragment als<br />
Entlastung entgegen. Er selbst ist im Alter von 44 Jahren gestorben - viel<br />
zu früh sagen viele Theologen, denen seine Beiträge zur Theologie<br />
fehlen. Denn er hat den Schritt von der Moderne in die Postmoderne<br />
mitvollzogen. Henning Luther schreibt: „Die nicht vorhersehbare und<br />
planbare Endlichkeit des Lebens lässt Leben immer zum Bruchstück<br />
werden.“ „ Gegen das Ideal der Ganzheit und Vollkommenheit möchte<br />
ich die Vorstellung vom Fragment ins Spiel bringen. Leben als<br />
Fragment zu verstehen, heißt nicht, erniedrigt zu werden, auf die<br />
Unvollkommenheit festgelegt zu werden, also klein gemacht zu werden.<br />
Dies meint keine falsche Bescheidenheit. Leben als Fragment zu<br />
verstehen, soll vielmehr eine Befreiung sein, die uns von falschen<br />
Idealen löst. P. Noll hat einmal in seinen „ Diktaten über Sterben & Tod "<br />
kurz vor seinem eigenen Krebstod geschrieben: „ Sehen wir das Leben<br />
vom Tode her, werden wir freier “...<br />
„In Abwandlung möchte ich nun formulieren: Sehen wir unser Leben<br />
als Fragment, werden wir freier. Oder: Verstehen wir unser Leben als<br />
Fragment, können wir aufatmen und leben."<br />
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