INFORMATIONSBRIEF Nr. 40 / 2-2004 April - Mai - Juni - BAGSO
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Aus Kirche, Politik und Gesellschaft<br />
Weltkirche integrieren.<br />
Der Präsident des Vatikanischen Rats zur Förderung der Einheit der<br />
Christen, Kardinal Walter Kasper, hat unlängst eine solche Sicht des<br />
Protestantismus als einem historisch überholten Phänomen geliefert. In<br />
einem Brief an Reinhard Frieling, den früheren Leiter des<br />
Konfessionskundlichen Instituts Bensheim, führt er aus: „Wenn ich<br />
Luther recht verstanden habe, wollte er keine eigene Konfessionskirche<br />
gründen sondern die bestehende Kirche reformieren. Luther wäre<br />
sozusagen heilfroh gewesen, wenn wenigstens einer oder ein paar<br />
katholische Bischöfe sich der Reformation angeschlossen hätten; er<br />
hätte die von ihm als Notlösung empfundenen eigenen Ämter nicht<br />
schaffen brauchen. Ich verstehe deshalb nicht ganz, weshalb der<br />
heutige Protestantismus an der tragischen Konfessionsbindung und an<br />
der aus Not faktisch entstandenen Struktur [...] grundsätzlich festhält<br />
und dies obwohl die heutige katholische Kirche inzwischen viele<br />
legitime reformatorische Anliegen aufgegriffen hat. Luther hatte gesagt,<br />
er würde dann den Papst auf Händen tragen und ihm die Füße küssen“<br />
(veröffentlicht im Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts<br />
Bensheim 2/2003, S. 37).<br />
Was Kasper hier macht, ist nichts anderes, als den protestantischen<br />
Kirchen ihre Existenzberechtigung abzustreiten. Das ist ein Muster, nach<br />
dem katholische Theologen immer wieder verfahren: Es wird<br />
eingestanden, dass es in der spätmittelalterlichen Kirche einige Missstände<br />
gab und dass es grundsätzlich legitim war, diese zu artikulieren<br />
und in der aufgrund der damaligen kirchlichen und politischen<br />
Gesamtkonstellation leider nicht zu verhindernden „Abspaltung“<br />
einige Teilwahrheiten zu pflegen. Mit der Beseitigung jener Missstände<br />
wird freilich die Existenzberechtigung des religiösen Protests strukturell<br />
hinfällig, und die „Teilwahrheiten“ kommen eh nur im Licht der<br />
katholischen Kirche voll zum Leuchten. Lässt sich der Protestantismus<br />
auf diese Logik ein, dann ist seine Sonder- und Eigenexistenz von<br />
prinzipieller Falschheit, er fußt dann nur auf einer geistlichen im<br />
Letzten illegitimen „Spaltung“ der einen Kirche.<br />
Man kann es einem römisch-katholischen Kardinal nicht zum Vorwurf<br />
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