Heft 157 - IFSH
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Das Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) ist ein 2005 gegründetes Netzwerk<br />
mit nationalpolitischer Ausprägung. Die Gruppierungen aus Nigeria sind ein Beispiel dafür,<br />
wie schwer es ist, eine klare Unterscheidung zwischen Piraterie und Terrorismus zu treffen: So ist<br />
es selbst für Regionalexperten nicht klar erkennbar, ob die Akteure wirklich politisch motiviert sind<br />
und die verbesserte Verteilungsgerechtigkeit von Öleinnahmen oder aber finanzieller Profit im<br />
Mittelpunkt steht. Genauso häufig wird die MEND daher als eine Gruppe von Piraten eingestuft.<br />
Dieses Netzwerk ist seit 2000 mit 21 Anschlägen für den Großteil der maritimen Terroranschläge<br />
verantwortlich; die Zahl ist jedoch wahrscheinlich noch höher, da viele Angriffe nicht gemeldet<br />
werden (vgl. Petretto 2011: 41-42; Omotela 2009; Chalk 2008b).<br />
Die Abu Sayyaf Gruppe (ASG) ist ein Verbündeter der Al-Qaida in Südostasien und hat dort sieben<br />
Anschläge auf See verübt. Die Gruppe ist sehr heterogen, die Mitglieder reichen von radikalen<br />
Islamisten bis zu einfachen Kriminellen. Die ASG ist in kleinere bewaffnete Gruppen gespalten<br />
und wird seit dem Tod zweier Anführer in den Jahren 2006 und 2007 allgemein als geringe Bedrohung<br />
eingestuft (vgl. Abuza 2008; Ugarte 2008). 2009 kam es nur zu vereinzelten Aktivitäten;<br />
2010 nahmen diese jedoch wieder zu (vgl. US-Departement of State 2010: 200-201).<br />
Das Free Aceh Movement (GAM) war eine national/separatistische Vereinigung, mit großem gesellschaftlichem<br />
Rückhalt in der indonesischen Region Aceh. Sie verübte sieben maritime Anschläge<br />
und finanzierte bspw. mit Entführungen ziviler Schiffe den Unabhängigkeitskrieg gegen<br />
Jakarta (vgl. Chen 2007). Die Zerstörungen durch den Tsunami 2004 in der Region beförderten<br />
Friedensverhandlungen und ein Friedensabkommen 2005. Danach hat sich der militärische Flügel<br />
aufgelöst, während der politische Flügel der GAM als Partei am politischen Prozess teilnimmt (vgl.<br />
Stange/Patock 2010).<br />
Nach dem Tod des Anführers der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) im Mai 2009, erklärte<br />
die Regierung von Sri Lanka ihren Sieg über die separatistische Gruppe. Der bekannte maritime<br />
Ableger der LTTE, die Sea Tigers, führten einen außerordentlich blutigen Konflikt mit besonders<br />
vielen Opfern. Insgesamt gehörten sie mit 17 Angriffen seit 2000 zu den aktivsten Gruppen im<br />
Bereich der maritimen Gewalt (vgl. Bhattacharji 2009).<br />
Die Moro Islamic Liberation Front (MILF) ist eine separatistische Bewegung auf den Philippinen,<br />
mit zusätzlich islamistischen Motiven. Es existiert eine lose Verbindung zur Al-Qaida und der Abu<br />
Sayyaf Gruppe (vgl. Abuza 2005). 2008 scheiterte ein Friedensabkommen mit der Regierung und<br />
führte zu massiver Gewalt von beiden Seiten. Erneute Friedensgespräche werden durch Gewalteruptionen<br />
gestört (vgl. International Crisis Group 2011).<br />
In den zwei folgenden Tabellen findet sich eine erste zusammenfassende Übersicht über die Akteure<br />
und ihre Anschlagsaktivitäten seit dem Jahr 2000.<br />
Tabelle 9 gibt einen Überblick über die wichtigsten, derzeit aktiven Tätergruppen Al-Qaida, Al-<br />
Shabaab, FARC und MEND, während Tabelle 10 die heute eher als inaktiv einzustufenden und<br />
daher für den aktuellen Kontext etwas weniger wichtigen Tätergruppen Abu Sayyaf, GAM,<br />
LTTE, MILF darstellt. In der ersten Zeile wird die Anzahl der maritimen Anschläge angegeben<br />
(Anzahl insgesamt sowie die Jahre beobachteter Anschläge). Die zweite Zeile gibt Auskunft über<br />
den Ort der Anschläge und nennt die Länder, in deren Küstengewässer die Anschläge stattgefunden<br />
haben. Die dritte Zeile informiert über die Ziele des Angriffs (z.B. Schiff, Hafen) und die Mittel<br />
(z.B. Bombenanschlag, Entführung). Die vierte Zeile enthält Angaben (soweit vorhanden) über<br />
Tote und Verletzte. Die letzte Zeile gibt eine kurze Auskunft über die Organisation der Gruppe:<br />
ihre Kategorisierung nach Motiven, Organisationsmerkmalen und aktuellen Status (z.B. inaktiv).<br />
Für Al-Qaida ist anzumerken, dass ihr zwar heute geringe Kapazitäten für Anschläge nachgesagt<br />
werden. Gleichzeitig hatten aber elf der zwanzig aktivsten Terrorgruppen in 2011 eine Verbindung<br />
zu Al-Qaida. Damit hat sich der Trend zur Verschiebung von Anschlägen weg von der Al-Qaida<br />
Zentrale zu einer wachsenden Anzahl von Ablegern verstärkt (vgl. START 2012).<br />
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