Heft 157 - IFSH
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(z.B. Sicherung der Hafenanlagen, Überwachung der zu transportierenden Waren, Maßnahmen der<br />
Schiffssicherung). Drittens zeichnen sich die Strukturen zur „Bekämpfung“ von maritimem Terrorismus<br />
durch einen starken Hierarchieunterschied zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren<br />
aus. Viertens wird ein weiterer Schwerpunkt auf militärische Zusammenarbeit gelegt. Hinsichtlich<br />
der Akteure ist fünftens festzustellen, dass ein großer Anteil der Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung<br />
im maritimen Raum von Staaten, insbesondere den USA initiiert und in einem Top-<br />
Down-Ansatz mit sog. Koalitionen der Willigen durchgeführt wird. Neben den UN (durch die<br />
IMO) ist die EU ein starker Akteur, der die UN- und US-Initiativen aufgreift und zum Teil weitgehender<br />
umsetzt als von diesen selbst vorgesehen.<br />
Die Kernaussage dieses Arbeitspapieres ist: Die hier untersuchten Abwehrmaßnahmen, sind<br />
nicht speziell auf die Charakteristika, Motive, Methoden und regionale Verteilung der (zentralen)<br />
Tätergruppen zugeschnitten. Um die Effektivität der Maßnahmen zu erhöhen, ist es notwendig die<br />
pauschalen Verteidigungs- und Selbstschutzmaßnahmen zu ergänzen. Dazu ist eine Analyse der<br />
Akteure anhand ihres regionalen/lokalen Kontextes zwingend, um Umstände, Motivationen, Methoden,<br />
Möglichkeiten und Entwicklungen zu identifizieren. Gerade wenn das Ziel eine über eine<br />
bloße Neutralisierung akuter Angriffe hinausgehende Prävention von Terroranschlägen ist, sollten<br />
die identifizierten Motive für die Generierung von positiven und negativen Anreizen sowie auch<br />
Strategien der Delegitimierung zur Entziehung von Unterstützungsleistungen (vgl. Schmid/<br />
Schneider 2011) in Betracht gezogen werden. Bisher wurde dieser Ansatz in größerem Ausmaß<br />
(allerdings noch nicht ausreichend genug) in Bezug auf Piraterie verfolgt. Außerdem ist eine fortlaufende<br />
Bewertung und Evaluierung der sich teils wandelnden Kooperationsformen zwischen<br />
Terroristen und Piraten geboten.<br />
Deutsche Betroffenheit: Die Störung von Seeverbindungen kann sich auf den Seehandel auswirken,<br />
wenn diese bspw. zur Folge hat, dass deutlich längere Routen in Kauf genommen werden<br />
müssen und dadurch Betriebs- und Versicherungskosten empfindlich steigen. Die heutige Just-intime-Arbeitsteilung<br />
ist auf zeitlich sicher planbare Seeverbindungen angewiesen. Eine weiterhin<br />
erhöhte Aufmerksamkeit, wie sie dem Thema von den Sicherheitsbehörden bereits zuteil wird, ist<br />
auch deshalb geboten, weil die Symbolträchtigkeit maritimer Ziele eine hohe Medienwirksamkeit<br />
verspricht, hohe Opferzahlen möglich sind und Auswirkungen auf die Infrastruktur befürchtet werden<br />
müssen. Gefahr geht nicht nur von bekannten Terrorgruppen aus, sondern auch von emotionalisierten<br />
und fanatisierten Einzeltätern. Da Deutschland spätestens seit seinem Engagement in Afghanistan<br />
generell im Fokus von Terroristen steht, unterliegen auch die deutsche Handelsflotte und<br />
Kreuzfahrtschiffe oder Hafenanlagen einer abstrakten Gefährdung; allerdings gibt es keine Hinweise<br />
auf konkret geplante Anschläge in diesem Bereich. Dennoch bleibt es aus den genannten Gründen<br />
wichtig, die Maßnahmen zur Hafen- und Schiffssicherheit weiter aktiv zu verfolgen und in die<br />
allgemeine Bekämpfung von Terrorakteuren und anderer krimineller Netzwerke einzubetten. Zentral<br />
sind dabei polizeilich-geheimdienstliche Ermittlungen, Schulungen und Sicherheitsmaßnahmen<br />
sowie die Einbindung aller relevanten Ressorts, Sicherheitsbehörden und insbesondere der betroffenen<br />
zivilen Akteure. Schließlich sollte die Rückbindung an den gesellschaftlichen Diskurs immer<br />
wieder gesucht werden. Politisches (Nicht-)Handeln sowie Maßnahmen zur Risikoeindämmung<br />
und den dafür aufzuwendenden Ressourceneinsatz müssen auch im Verhältnis zu anderen Gefahren<br />
und hinsichtlich ihrer Effektivität kritisch hinterfragt werden. Die politischen Prioritätensetzungen<br />
wiederum müssen regelmäßig an veränderte Entwicklungen und Bedürfnisse der Betroffenen angepasst<br />
werden.<br />
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