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Heft 157 - IFSH

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mistische Gruppierungen stellen auch eine besondere Gefahr für den internationalen Seeverkehr<br />

dar, weil sie den höchsten Anteil von internationalen Anschlagzielen aufweisen.<br />

Die Beteiligung unterschiedlichster Tätergruppen (60 Gruppen seit 1968, seit 2001: 24) zeigt, dass<br />

sich das Phänomen maritimer Terrorismus einer generalisierenden Betrachtungsweise entzieht und<br />

vertiefte Analysen notwendig sind. Bei der Analyse von acht Tätergruppen wurden die Charakteristika<br />

und maritimen Anschlägeder Gruppen in den Fokus genommen, die entweder die meisten<br />

Anschläge durchgeführt und/oder die meisten Opfer verursacht haben: die Liberation Tigers of<br />

Tamil Eelam (LTTE), die Abu Sayyaf Group (ASG), die Moro Islamic Liberation Front (MILF),<br />

die Revolutionary Armed Forces of Columbia (FARC), die somalische Al-Shabaab, Al-Qaida, das<br />

Movement for the Emancipation of the Niger Delta (MEND) und das Free Aceh Movement<br />

(GAM). Einige Gruppen gelten allerdings als nicht mehr aktiv. Weitergehende qualitative Analysen<br />

der Gruppen, ihrer Kontexte und Gelegenheitsfreiräume sind notwendig.<br />

Die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Terroristen und Piraten wird weiter kritisch zu<br />

beobachten sein. Denn obwohl es insgesamt keine direkten Hinweise für eine strukturierte Zusammenarbeit<br />

zwischen diesen Gruppen gibt, bestehen Befürchtungen, hinsichtlich einer möglichen<br />

Zusammenarbeit zwischen den islamistischen Al-Shabaab-Milizen und den Piraten in Somalia. So<br />

könnten sich die Piraten ihre Operationsfreiheit damit erkaufen, Waffen und Kämpfer zu schmuggeln<br />

und Kämpfer in Marinetaktiken zu trainieren, aber vor allem die Al-Shabaab durch einen Anteil<br />

am Profit – eine Art „Steuer“ – mitzufinanzieren. Terroristen wiederum könnten aus Profitgründen<br />

selbst Piraterieakte begehen. Allerdings ist ein institutionalisiertes Zusammenwirken islamistischer<br />

Gruppierungen mit (somalischen) Piraten derzeit nicht erkennbar. Es gibt nur punktuelle<br />

Verbindungen bzw. Zweckgemeinschaften. Dies mag an den grundsätzlich divergierenden Interessen<br />

liegen: Während bspw. Al-Qaida erklärt hat, die Öl- und Gasversorgung stören zu wollen und<br />

ins Visier genommene Seewege konkret benannt hat, haben Piraten ein Interesse daran, dass ein<br />

hohes internationales Schifffahrtsaufkommen die seeräuberischen Aktivitäten erleichtert. Bei Al-<br />

Qaida mischt sich der Wunsch, die Präsenz des Westens mit seinen als imperialistisch wahrgenommenen<br />

Tendenzen zu beenden, mit dem Motiv, der westlichen Wirtschaft zu schaden, um letztlich<br />

den Untergang seines Wirtschaftssystems herbeizuführen und westlich orientierte Regierungen<br />

durch fundamentalistisch-islamistische Regime zu ersetzen.<br />

Die herausgefilterten typischen neun Szenarien (mit weiteren Unterkategorien) waren hilfreich, um<br />

zu veranschaulichen, welche Anschlagsmethoden im maritimen Raum bereits verwendet wurden.<br />

Sie konnten daraufhin mit potenziellen Szenarien in Beziehung gesetzt werden. Da vielfältigste<br />

Bedrohungsszenarien für den maritimen Raum kursieren und nur wenige Fälle bekannt sind, hätte<br />

man annehmen können, dass diese vieldiskutierten Szenarien lediglich in der Theorie existieren.<br />

Eine Analyse der Anschläge und ihre Typisierung zeigte jedoch: Etwa die Hälfte der meistdiskutierten<br />

Angriffsszenarien mit dem Aktionsort "Schiff" sind bereits in der Realität vorgekommen,<br />

die Diskussionen bewegen sich durchaus nicht nur im fiktiven Raum. Allerdings sind die<br />

Szenarien mit den potenziell größten Schäden bisher noch nicht eingetreten, dazu gehören die Explosion<br />

eines LNG-Tankers, die Verwendung von CBRNE-Waffen, die Verwendung von Containern<br />

oder die gezielte Versenkung eines Schiffs zur Blockade von Seewegen. Andere oben genannte<br />

Szenarien beinhalten eine Attacke auf ein Schiff durch einen Selbstmordtaucher oder die Sprengung,<br />

das Rammen oder Versenken eines Kreuzfahrtschiffs mit tausenden von Menschen an Bord.<br />

Man kann davon ausgehen, dass die Arten der Anschläge, die bereits verübt wurden, auch für künftige<br />

Angriffe die wahrscheinlichsten Formen sind. Deshalb sollten diese Angriffsarten und Methoden<br />

auch der zentrale Ansatzpunkt von Verteidigungsmaßnahmen sein oder zumindest gleichwertig<br />

zu den Worst-case-Szenarien behandelt werden. Das ist bisher leider nicht der Fall, da die meisten<br />

Maßnahmen sich eher auf Angriffsszenarien konzentrieren, die noch nicht Realität geworden sind.<br />

Das ist verständlich, wenn man das hohe Schadenspotenzial dieser Angriffe betrachtet. Für eine<br />

ausgewogene Risikoanalyse bleibt es ohnehin unabdingbar potenzielle Bedrohungen mit einzubeziehen.<br />

Aus den Security-Governance-Maßnahmen können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:<br />

Erstens gibt es bei der „Bekämpfung“ von maritimem Terrorismus bislang keine so klaren<br />

regionalen Schwerpunkte wie bei Piraterie. Um das Risiko terroristischer Anschläge im maritimen<br />

Raum zu senken, liegt zweitens ein Schwerpunkt auf präventiven Maßnahmen im zivilen Bereich<br />

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