Berlin.Friedrichstraße Ausgabe 3/2013 (Vorschau)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
© Eike Becker_Architekten<br />
Das Projekt Am Zirkus 1 steht kurz vor Vollendung.<br />
von Menschen, die nur kurze Zeit hier sind,<br />
höre ich das. Hier ist die Gesellschaft an einen<br />
Wechselpunkt gelangt. Es wird innovativ<br />
umgegangen mit dem, was Stadt ist und was<br />
die Gesellschaft braucht. Leute, die neu dazu<br />
ziehen, sind etwas herzlicher willkommen<br />
als anderwo. Das fällt auf. Dazu kommen<br />
Offenheit, Neugierde und die Reduktion gesellschaftlicher<br />
Erwartungen. Hier werden<br />
Fragen gestellt wie z.B.: Wie leben wir? Wie<br />
wollen wir leben? Was ist Lebensqualität? Was<br />
geht besser? Wir probieren das mal aus, usw.<br />
→ Wie passt Mitte zu <strong>Berlin</strong>? Was gehört zu<br />
Mitte aus Ihrer Sicht?<br />
Dazu gehört unbedingt das Scheunenviertel<br />
und Moabit, und nicht nur die repräsentativen<br />
Bereiche wie der Gendarmenmarkt oder die<br />
Museumsinsel, das Marx-Engels-Forum, der<br />
Alexanderplatz. Die Stadt schöpft ja gerade<br />
aus den kreativeren Teilen der Gesellschaft, die<br />
irgendwo eine Lücke finden oder was auch immer<br />
erfinden wollen. Deshalb ist es wichtig, genau<br />
diese Bereiche weiter offen zu halten und<br />
die Randbereiche von Mitte intensiver anzubinden.<br />
Die Ränder von Mitte sind die Garküchen,<br />
in denen das Neue <strong>Berlin</strong> erfunden wird.<br />
→ Viele Bauprojekte treffen auf unterschiedlichste<br />
Interessenlagen. Man hat den<br />
Eindruck, dass immer mehr gestritten als<br />
zugepackt wird.<br />
Das Interesse an Baumaßnahmen ist gewachsen.<br />
Die elektronischen Medien und die gesellschaftlichen<br />
Emanzipationsprozesse tragen<br />
dazu bei. Ich finde es wichtig, dass solche<br />
Themen öffentlich diskutiert und nicht im<br />
Stillen entschieden werden. Es betrifft ja viele<br />
und kann eine Nachbarschaft stark verändern,<br />
wenn ein Hochhaus oder ein Quartier, usw.<br />
gebaut werden. Solche Veränderungen müssen<br />
ausdiskutiert werden, im Idealfall zum frühen<br />
Zeitpunkt. Im Falle Mediaspree hat die Diskussion<br />
dazu geführt, dass das öffentliche Interesse<br />
stärker berücksichtigt worden ist. Aber wenn<br />
sich Politiker auf den Zaun stellen und sagen<br />
»Ich bin gegen die moderne Architektur«,<br />
dann ist das Populismus. Auf Zäunen möchte<br />
ich Politiker eigentlich nicht sehen.<br />
→ Sind solche Großprojekte wie BER & Co.<br />
eigentlich noch händelbar?<br />
Sie sind nicht unbeherrschbar. Wir haben das<br />
Steigenberger Airport Hotel <strong>Berlin</strong> am BER<br />
geplant. Die Realisierung ging reibungslos.<br />
Es lässt sich an Komplexität natürlich nicht<br />
mit dem Flughafen vergleichen, aber die Prozesse<br />
sind ähnlich. Wenn es kein stringentes<br />
Management gibt, das auch mal Nein zu Anpassungs-<br />
oder Änderungswünschen sagt,<br />
kommt es schnell zu Verzögerungen. Jede einzelne<br />
dieser Änderungen kostet früher oder<br />
später Zeit und Geld. Auch wenn das von<br />
manchen gerne eine Zeit lang verdrängt wird.<br />
→ Herr Becker, vielen Dank für das Gespräch!<br />
Das Interview führten Frank Nehring<br />
und Anja Strebe.<br />
<strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> Nr. 3 <strong>2013</strong> 35