Berlin.Friedrichstraße Ausgabe 3/2013 (Vorschau)
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culture | clärchens ballhaus<br />
Regelmäßig wird zum Schwoof geladen.<br />
die Herren auffordern. Nach der Wende gab<br />
es das nicht mehr.<br />
→ Tanzen Sie auch mal selber?<br />
Um Gottes Willen, ich mach mich doch nicht<br />
lächerlich! Mit meiner Frau habe ich früher<br />
getanzt und würde das heute auch gern noch<br />
tun, leider ist sie schon gestorben. Und eine<br />
neue Frau kommt mir nicht mehr ins Haus.<br />
Meine Wohnung halte ich auch alleine picobello<br />
in Schuss.<br />
→ Was war Ihr schönstes Erlebnis hier?<br />
Es gab eine Menge schöner Erlebnisse hier,<br />
fast jede Nacht. Einmal war Vico von Bülow<br />
hier, mit dem ich dann fast eine Stunde lang<br />
erzählt habe. Der war einmalig. Von den anderen<br />
hat sich keiner zu ihm hingetraut, da<br />
haben sie mich vorgeschickt. Prominenz hatten<br />
wir schon eine Menge hier. Max Raabe<br />
zum Beispiel oder Walter Plathe. Den habe<br />
ich zu DDR-Zeiten sogar mal mitgeschleppt,<br />
weil er noch nie in Clärchens Ballhaus war,<br />
obwohl er hier in der Nähe gewohnt hat.<br />
→ Gab es auch schon mal Situationen,<br />
die gefährlich für Sie wurden?<br />
Ich war ja mal Ordner, da gab’s auch ordentlich<br />
Keilerei. Hab mir schon mein Handgelenk<br />
gebrochen, Rippen, Brustbein und so<br />
weiter. Für alle Fälle habe ich mein Stuhlbein,<br />
eines umwickelt für leichte Fälle und eines für<br />
die ganz harten. Das war auch schon mal im<br />
Einsatz.<br />
→ Kommt daher auch Ihr Spitzname Keule?<br />
Quatsch. Ganz einfach: Mein Bruder Manfred<br />
und ich haben hier gemeinsam gearbeitet.<br />
Mein Bruder wurde mit Vornamen angeredet<br />
und ich einfach nur Keule genannt, zur Unterscheidung.<br />
→ Dieses alte Lokal in der Auguststraße scheint<br />
wie ein Sog auf Ihre Familie zu wirken …<br />
Ja, das stimmt. Insgesamt waren acht Leute<br />
aus meiner Familie hier beschäftigt. Jetzt sind<br />
noch mein Schwiegersohn, meine Tochter,<br />
mein Enkel und ich in Clärchens Ballhaus.<br />
Und mich tragen Sie hier wohl raus.<br />
→ Günter, vielen Dank für das nette Gespräch!<br />
Der charmante Garderobier im Gespräch mit Redakteurin Anja Strebe.<br />
42 <strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> Nr. 3 <strong>2013</strong>