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Berlin.Friedrichstraße Ausgabe 3/2013 (Vorschau)

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culture | clärchens ballhaus<br />

Günter Schmidtke ist das Urgestein an<br />

der Garderobe in Clärchens Ballhaus.<br />

Günter Schmidtke –<br />

Der Garderobier<br />

arbeitet seit 1967 in<br />

Clärchens Ballhaus.<br />

<strong>Berlin</strong>er Original mit Herz und Charme<br />

E<br />

r hat fast alles erlebt: Prügeleien,<br />

Preise in Ost- und West-Mark,<br />

langweilige Musikkapellen und<br />

verkehrten Ball. Günter Schmidtke gehört<br />

schon fast zum Inventar des alten Tanztempels<br />

Clärchens Ballhaus, jedoch noch lange<br />

nicht zum alten Eisen. Seit fast 47 Jahren<br />

kümmert er sich um Mäntel, Jacken und<br />

Hüte der illustren Gästeschar. Anja Strebe<br />

vom Magazin <strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> befragte<br />

den Kavalier alter Schule zu seinen<br />

Motiven.<br />

→ Herr Schmidtke, Sie sind 79 und arbeiten<br />

jede Woche Freitag und Samstag hier in Clärchens<br />

Ballhaus. Warum tun Sie sich das an?<br />

Erstmal vorneweg: Ich bin der Günter, so<br />

nennen mich alle hier.<br />

Ja, warum bin ich noch hier? Ich hätte ja<br />

schon längst aufgehört, aber die lassen mich<br />

nicht gehen. Die hängen so an mir, warum,<br />

weiß ich auch nicht. Ich glaube, ich bin bei<br />

den Gästen gut angesehen. Und die Chefs<br />

sind auch in Ordnung.<br />

→ Warum machen Sie nicht das, was andere<br />

Senioren in Ihrem Alter tun?<br />

Ich könnte meinen Ruhestand genießen. Mit<br />

der Rente komme ich gut aus. Aber ich will<br />

nicht, das ist doch langweilig. Ich bin ja auch<br />

noch fit.<br />

→ Was tun Sie für Ihre Fitness?<br />

Ich trinke keinen Alkohol. In meinem ganzen<br />

Leben war ich erst einmal betrunken und das<br />

war zu Silvester in den 70er Jahren. Ich habe<br />

zu viel Schlimmes gesehen, was der Alkohol<br />

anrichten kann. Auch bei mir zu Hause gibt<br />

es keinen Alkohol, ich trinke nur Brause oder<br />

Apfelsaft.<br />

→ Aber Sie rauchen ganz schön viel?<br />

Ja, das konserviert mich von innen (lacht). Ich<br />

bin nie krank, nicht mal eine Erkältung.<br />

→ Sie geben häufiger Interviews und sind,<br />

wenn es um das Clärchens geht, häufiger<br />

in den Medien. Wie gehen Sie mit diesem<br />

Rummel um?<br />

Das stört mich nicht. Die reden halt alle gern<br />

mit mir. Manche sagen auch, ich bin ein Original.<br />

Aber so bin ich nun mal, ich quatsch auch<br />

gerne. Und ich kenne mich eben hier aus und<br />

kann noch etwas erzählen, wie es früher so war.<br />

→ Erkennt man Sie auf der Straße?<br />

Ja, überall. Die wissen auch, wo ich hingehöre.<br />

Und die Jüngeren sagen immer, so einen Opa<br />

wollen sie auch haben. Selbst mein Enkel will<br />

so werden wie Opa, das macht mich richtig<br />

stolz.<br />

→ Was tun Sie, wenn Sie nicht im Tanzlokal<br />

sind und arbeiten?<br />

Zu Hause bin ich anders, da will ich meine<br />

Ruhe und höre nur meine Musik. Ich liebe<br />

Klassik, höre Beethoven, Vivaldi, Brahms,<br />

Bartholdy, Smethana. Ich hab eben so ’ne Macke.<br />

Einmal in der Woche gehe ich angeln, da<br />

komme ich dann auch erst am nächsten Tag<br />

nach Hause. Das mache ich schon seit über 50<br />

Jahren so. Ich brauche die Natur, bin eigentlich<br />

ein Landei und auf dem Land geboren.<br />

40 <strong>Berlin</strong>.<strong>Friedrichstraße</strong> Nr. 3 <strong>2013</strong>

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