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Themenheft Schulreife

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Entwicklung des Wollens im Kopf und endet im Stoffwechsel.<br />

Natürlich spielen sich all diese Prozesse<br />

gleichzeitig in einem Kind ab, die zwei Entwicklungsprozesse<br />

beeinflussen einander gegenseitig. Dennoch<br />

kann man sie unabhängig voneinander beschreiben.<br />

Der Endpunkt der Denkentwicklung ist die Denkreife,<br />

die wir in diesem Heft Lernreife nennen. Der Endpunkt<br />

der Willensentwicklung ist die Willensreife, die wir als<br />

<strong>Schulreife</strong> bezeichnen.<br />

Durch die Tatsache, dass das Denken sich im Laufe der<br />

ersten sieben Jahre zunehmend auf den Kopf konzentriert<br />

und gleichzeitig der untere Pol immer mehr die<br />

Basis für den Willen wird, entsteht dazwischen ein<br />

freier Raum, in der das Fühlen sich entwickeln kann.<br />

Damit ist in diesem Zusammenhang die Fähigkeit der<br />

Seele gemeint, sich mit der Umgebung zu verbinden<br />

und gleichzeitig Abstand zu ihr halten zu können. Es ist<br />

wichtig, die Entwicklung dieses dritten Gebietes, des<br />

Fühlens, als eine selbständige Entwicklung zu sehen<br />

und sie von der der anderen zwei Gebiete, die des Denkens<br />

und des Wollens, zu unterscheiden. Natürlich wird<br />

das Gefühl durch den oberen und den unteren Pol beeinflusst.<br />

Wenn man fit ist und voller Energie für neue<br />

Pläne, fühlt man sich besser als ohne Energie und ohne<br />

neue Pläne. Wenn man keine Vorstellungen und keine<br />

Ideen hat, beeinflusst das das Gefühl anders als wenn<br />

man etwas ganz genau vor sich sieht und weiß, wie<br />

etwas funktioniert. Aber für die Entwicklung zum<br />

freien Menschen, einem lernenden Individuum, ist gerade<br />

der Freiraum zwischen Denken und Wollen essentiell.<br />

Ein Kind begreift etwas erst dann wirklich, wenn<br />

es in sein Gefühl aufgenommen ist. Vielleicht müssen<br />

wir anstatt „reif für die Klasse“ die Bezeichnung „reif,<br />

etwas selbst zu begreifen“ gebrauchen.<br />

Die Entwicklung des Denkens<br />

Denken hängt mit Reflexion zusammen. Auch für den<br />

einfachsten Denkprozess ist eine Spiegelfunktion<br />

nötig, die die Wahrnehmung oder den Denkinhalt reflektiert.<br />

Um in diesen Spiegel etwas sehen zu können,<br />

muss man stillstehen können, einen Standpunkt einnehmen<br />

können. Wir wissen alle, dass aktive Bewegung<br />

einen ruhigen Denkprozess unmöglich macht. Ein Radrennfahrer<br />

ist nach seinem Etappensieg oft nicht<br />

gleich in der Lage, die meist einfachen Fragen eines Reporters<br />

schlagfertig zu beantworten.<br />

Die drei Fähigkeiten des Stillstehens, des Bildschaffens<br />

und der Reflexion wollen wir nun noch näher betrachten.<br />

Der erste Aspekt der Denkentwicklung. Das Stehen.<br />

Am Ende seines ersten Lebensjahres kann das Kind auf<br />

seinen Füssen stehen, frei, aufrecht im Raum. Dazu hat<br />

es sich vorbereitet mit Kriechen, Sitzen, sich Hochziehen<br />

an etwas. Das erste Mal, dass es stehen kann, ist es<br />

ganz stolz, und seine Eltern freuen sich mit ihm. Aber<br />

stabil stehen kann es noch nicht. Sobald es abgelenkt<br />

wird oder sich umdrehen will, fällt es wieder hin. Das<br />

innere Gleichgewicht zu halten, ist eine Kunst, die es<br />

erst mit 2,5 bis 3 Jahren einigermaßen beherrscht. Danach<br />

kann es rennen, tanzen, klettern und Kopfrollen<br />

machen lernen.<br />

Das Stehenlernen bedeutet also auch, innerlich einen<br />

Standpunkt einnehmen zu können, während man sich<br />

bewegt. Die Bewegungen selbst können zunehmend<br />

innerlich beherrscht und schön werden. Für die Denkbewegung<br />

bedeutet das, dass das Kind begreifen<br />

kann, was ihm gesagt wird, ohne in Verwirrung zu geraten.<br />

Der zweite Aspekt der Denkentwicklung. Das Bild.<br />

Im Laufe des zweiten Lebensjahres lernt das Kind<br />

„Sprache“ zu verstehen. Das ist eine große Hilfe etwas<br />

von dem, was rundum geschieht, zu begreifen. Dies ist<br />

eine erste Phase im Zustandekommen eines Bildes.<br />

In der Entwicklung dieses zweiten Aspektes sind drei<br />

Phasen zu unterscheiden.<br />

A) Anfängliche Bilder<br />

Der junge Säugling ist noch ganz aufgenommen in und<br />

ausgeliefert an alle Eindrücke, die auf ihn zu kommen.<br />

Sobald ein Kind stehen kann, kann es die Eindrücke<br />

schon viel ruhiger auf sich einwirken lassen. Es kann<br />

anfangen, sich ein Bild zu machen von dem, was um es<br />

herum vorgeht.<br />

Dazu kommt, dass es langsam anfängt, Sprache zu verstehen.<br />

Das ist eine große Hilfe, die Vorgänge aus der<br />

Umgebung auch begreifen zu lernen. Wenn die Mutter:<br />

„Brei“ sagt, kann das im Kind schon ein innerer Stimmungsbild<br />

von Wohlbehagen hervorrufen: In den Stuhl<br />

gesetzt werden, die Mutter neben sich haben, der süßliche<br />

Geschmack im Mund... dieses „Totalerleben“ hatte<br />

es vorher auch schon, aber das Wort schenkt einen Angriffspunkt<br />

zum Begreifen, es bekommt Bildcharakter.<br />

Durch die Sprache werden die Welt und die Menschen<br />

begreiflich, das Kind ist nicht nur unbewusst in seine<br />

Umgebung aufgenommen; jetzt entstehen Bilder zwischen<br />

dem Kind und der Welt. In Sprache gekleidete<br />

Bilder.<br />

<strong>Schulreife</strong> 21

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