Themenheft Schulreife
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echt zu finden. Nun muss man mit vollem Bewustsein<br />
„so tun als ob…!“. Es ist eine Anstrengung, sich<br />
etwas aktiv vorzustellen! Die eigene Vorstellung zu<br />
aktivieren erfordert Willenskraft und Übung. Das Kind<br />
möchte gern träumen, wird schnell müde und vor<br />
allem wird es recht schnell desillusioniert – da es feststellt<br />
wie viele Fähigkeiten zur Realisierung der eigenen<br />
Vorstellungen ihm fehlen. Da bräuchte es sowohl<br />
eine Bezugsperson, die es gut kennt und welcher auch<br />
das Kind gut vertraut ist, so dass eine notwendige Unterstützung,<br />
wenn die Situation übermächtig wird,<br />
auch möglich ist. Der Umgang mit kleineren Kindern,<br />
die noch alle ungezwungen zu ihren Schwächen und<br />
Unfähigkeiten stehen, ist da wohltuend! Wenn ein 4-<br />
oder 5-jähriger den 6-jährigen fragt, ob er ihm helfen<br />
kann ein Häschen zu zeichnen oder den Schuh anzuziehen,<br />
wird das ältere Kind darin bestätigt, dass es<br />
nicht schlimm ist – etwas noch nicht zu können! Dass<br />
man um Hilfe bitten kann ohne seine Würde zu verlieren.<br />
Dass das Üben und auch Missglücke zum Fortschritt<br />
gehören. Das ist sehr viel schwieriger in einer<br />
Situation – wo man gerade in diesem neuen Erwachen<br />
gleich mit nur Gleichaltrigen und älteren Kindern<br />
in einem Schulzusammenhang konfrontiert<br />
wird.<br />
Ausserdem: was tun,wenn plötzlich alle 15 6-jährigen<br />
gleichzeitig in den Schaffensdrang kommen und gerade<br />
ihre Vorstellung voller Enthusiasmus verwirklichen<br />
üben wollen? Das ist so viel einfacher, wenn man noch<br />
in einer altersgemischten Gruppen mit auch jüngeren<br />
Kindern ist – die alle gern dabei sind, wenn die älteren<br />
mit ihren Ideen kommen. Man übt – passt an – entwickelt,<br />
ohne sich gleich in dieser ersten wachen Schaffensfreude<br />
gegen andere „Regisseure“ durchsetzen zu<br />
müssen.<br />
<strong>Schulreife</strong> als Dreiklang; physisch, seelisch und<br />
intellektuell<br />
Viele Kinder weisen eine frühe intellektuelle Reife auf.<br />
Wo aber befinden sie sich in ihrer körperlichen Entwicklung,<br />
der Bewegungsfähigkeit, der sozialen Reife<br />
und vor allem – in diesem hoch sensiblen Findungsprozess<br />
der eigenen Kreativität? Wenn wir wirklich zu der<br />
Entwicklung zur Freiheit beitragen wollen, müssen wir<br />
auch in der Waldorfpädagogik noch viel lernen!<br />
Im Kindergarten versuchen wir, diese Reifeprozesse gut<br />
zu begleiten. Dem Kind sowohl Halt und Vertrauen,<br />
aber auch adäquate Herausforderungen zu bieten.<br />
Wenn dann das Kind die Eigenaktivität ausreichend ergriffen<br />
und erübt hat, kann man mit Struktur und Disziplin<br />
wieder in diesem gesunden und kraftvollen Willen<br />
kultivierend wirken. Aber eben nicht vorher! Ich<br />
sehe diese Entwicklung als einen wichtigen Aspekt der<br />
<strong>Schulreife</strong>. Die Geburt des Ätherleibes – wo dem Kind<br />
die Schaffenskräfte zugänglich werden um nun aus<br />
dem physischen Gestalten in die seelische Verbindung<br />
mit der Welt zu wirken.<br />
Emmy Pickler bat vor langer Zeit in ihren Beobachtungen<br />
zur Entwicklung des kleinen Kindes aus eigener Fähigkeit<br />
in einem Buch mit dem Titel „Lasst mir Zeit!“<br />
darum – dem Kind den nötigen Respekt entgegen zu<br />
bringen, um den in ihm verborgenen Entwicklungskräften<br />
freie Entfaltung zu gewähren. Ich schliesse<br />
mich dem an. Für das 6-jährige Kind!!<br />
(Waldorfpädagogin, tätig für den schwedischen Waldorfkindergartenverein<br />
und als Dozentin in der Ausbildung<br />
von Waldorflehrern und Kindergärtner/innen in<br />
Schweden. Mitglied der Alliance for Childhood in<br />
Schweden)<br />
Die Entwicklung der Kreativität vom Kindergartenalter bis in das Schulalter 47