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Argumente - Jusos

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prägte er den Begriff „der normalen Beziehungen mit dem Charakter der Besonderheit“.<br />

Dahinter verbarg sich der verklausulierte Anspruch, Israel als normalen, quasi erwachsenen<br />

internationalen Partner zu betrachten. Gleichzeitig aber betonte er den besonderen Charakter,<br />

der sich aus der Tatsache heraus ableitete, dass die Gründung des Staates Israel eine<br />

direkte Folge des Holocaust war. Im Zweifelsfall müsse Deutschland aus historischer Verantwortung<br />

heraus daher auch immer solidarisch mit Israel sein. Dieser etwas diffus wirkende<br />

Ansatz zeigt das ganze Dilemma der SPD mit Israel auf. Brandt wollte einen gleichberechtigten<br />

Dialog mit einem mündigen Gegenüber. Mündigkeit beudetet aber auch, Kritik am<br />

eigenen Verhalten zu akzeptieren, ein Ansatz, der heute zu den wichtigsten <strong>Argumente</strong>n<br />

derer zählt, die sich als Israel-kritisch bezeichnen. Dennoch darf – dies hat nicht zuletzt<br />

Willy Brandt verdeutlicht – diese Kritik nie den Anschein oder gar den bewussten Willen<br />

zum Antisemitismus haben, niemals das israelische Sicherheitsbedürfnis ausblenden und<br />

niemals über den Punkt hinausgehen, an dem es um das Existenzrecht des Staates Israel<br />

geht. Eine solche Haltung bedingt einen diplomatischen Eiertanz, zumal bis heute gerne die<br />

„Antisemitismus-Keule“ geschwungen wird, wenn israelische Regierungspolitik oder die<br />

Siedlungsbewegung einer kritischen Stellungnahme unterzogen werden.<br />

Für Brandt resultierte dieser schmale Grat aus moralischen Erwägungen. Der<br />

Nationalsozialismus habe, so Brandt, „das Bild des Menschen verletzt“.<br />

„Diese Erfahrung – sie ist die eigentliche Katastrophe der Menschheit, mehr als<br />

alle Kriege und ihre Schrecken. (…). Niemand ist aus der Haftung der Geschichte entlassen“,<br />

so Brandt weiter in einer Rede zur Woche der Brüderlichkeit im Jahr 1971. Dennoch<br />

nahm er schon früh Rekurs auf die Palästinenserfrage, als in Deutschland außerhalb der<br />

Linken noch niemand über dieses Thema sprach. In der gleichen Rede formulierte er daher:<br />

„Es ist bitter, dass die Geburt dieses Staates gleichzeitig den Preis neuer Opfer und neuer<br />

Leiden verlangte. Wer wollte das Elend der palästinensischen Araber verschweigen?“. Willy<br />

Brandt begründete den bis heute in der Mehrheit gültigen Kurs der Sozialdemokratie im<br />

Nahen Osten, der sich um Neutralität bemüht. Joschka Fischer sollte später bei den GRÜ-<br />

NEN einen ähnlichen Kurs einschlagen.<br />

Die <strong>Jusos</strong> verfolgten in den Siebziger- und Achtzigerjahren einen Kurs irgendwo<br />

zwischen SPD und APO. Die Beschlüsse der Bundeskongresse von 1973, 1979 und 1980 enthielten<br />

allerdings Positionen, die heute im Bewußtsein der SPD fest implementiert sind –<br />

nicht verwunderlich in Anbetracht der Tatsache, dass die Juso-Funktionäre von damals die<br />

politische Führungsgeneration von heute stellen. Deutlich war zwischen 1970 und 1980<br />

die immer stärker werdende Pareteinahme für die Palästinenser. Ein allein auf israelische<br />

Belange fokussierter Blickwinkel darf deshalb innerhalb der Sozialdemokratie heute als<br />

veraltet betrachtet werden. Bereits der Beschluss des Jahres 1973 war aus damaliger Sicht<br />

ausgesprochen progressiv. Die <strong>Jusos</strong> forderten darin, die „Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts<br />

der arabischen Bevölkerung von Palästina, insbesondere (die) Anerkennung<br />

ihres Rechts, frei über die Bildung eines eigenen Staates oder eine Verbindung zu anderen<br />

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