Konfliktfähiges Zusammenleben in Familien ... - Familienbildung
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Bundesverband e.V., Projekt „<strong>Konfliktfähiges</strong> <strong>Zusammenleben</strong> <strong>in</strong> <strong>Familien</strong>“ von 1999 bis 2001<br />
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Das soziale Umfeld, die Lebensbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d als Aggressions- und Gewaltauslöser unbedeutend,<br />
wenn sie der Lebensgestaltung der <strong>Familien</strong>mitglieder Freiheiten und gute strukturelle Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />
ermöglichen. Treten jedoch stressauslösende Momente wie Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot,<br />
Armut und Schulden, mangelndes Betreuungsangebot für K<strong>in</strong>der, Suchtverhalten und/oder soziale<br />
Isolation der Familie auf, ist das Beziehungsgefüge der Familie strapaziert und oftmals überfordert.<br />
Können Enttäuschungen und Nervenstress dann nicht auf Hobbies oder andere Felder abgeleitet werden<br />
(Kompensation), muss häufig das schwächste Mitglied als Aggressionsobjekt herhalten. Es ist e<strong>in</strong><br />
Potential an Wut, elterlicher Unausgeglichenheit und Aggressivität entstanden, das (auch) auf die<br />
K<strong>in</strong>der abgeladen wird. Auf diese Weise kann das Gefühl von Überforderung und Hilflosigkeit <strong>in</strong> der<br />
K<strong>in</strong>dererziehung zur Entstehung von Angst und Gewalt <strong>in</strong> der Familie beitragen.<br />
K<strong>in</strong>der können darauf oder auf außerhalb der Familie erlebte Enttäuschungen, Demütigungen oder<br />
Versagenserfahrungen ihrerseits mit Aggressivität den Eltern und Geschwistern gegenüber reagieren.<br />
E<strong>in</strong> Kreislauf von Aggression und Gegenaggression entsteht im <strong>Familien</strong>system.<br />
Die Vielzahl der Darstellungen von Gewalt <strong>in</strong> den Medien unterstützt E<strong>in</strong>stellungen, wonach Gewalt<br />
als legitimes Mittel zur Durchsetzung von Interessen und Wünschen gilt.<br />
Die genannten Entstehungszusammenhänge wirken umso stärker auf die Entwicklung von Aggressivität<br />
und Gewalt h<strong>in</strong>, je weniger Menschen <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, Interessen verbal zu formulieren, Aushandlungsprozesse<br />
aufzunehmen und Konflikte kommunikativ zu klären. Wer mit anderen z.B. über Ängste,<br />
Kränkungen und Überforderung sprechen kann, beugt damit dem Entstehen von Aggression und<br />
Gewalt vor, bzw. hat gute Chancen, diese frühzeitig zu bearbeiten und gewaltlos zu bewältigen.<br />
Kommunikativen Fähigkeiten kommt im Rahmen der Gewaltprävention e<strong>in</strong>e hohe Bedeutung zu, weil<br />
sie auf alle denkbaren Aggressionsursachen positiv, mildernd, lösend e<strong>in</strong>wirken können.<br />
Neben den genannten eher ursächlich strukturell bed<strong>in</strong>gten Wurzeln s<strong>in</strong>d natürlich die aus der Persönlichkeitsentwicklung<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Person resultierenden Faktoren e<strong>in</strong>zubeziehen. In der K<strong>in</strong>dheit<br />
erlebte, <strong>in</strong>ternalisierte Reaktionsmuster können häufig im Erwachsenenalten nur noch schwer verändert<br />
oder ersetzt werden. Menschen, die <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit geschlagen wurden, greifen öfter als andere<br />
auch später <strong>in</strong> der eigenen Familie auf die körperliche Bestrafung zurück.<br />
Sowohl die Gesetzeserlasse als auch Bildungs- und Überzeugungsbemühungen zur endgültigen Abschaffung<br />
von körperlichen Strafen und seelischen Verletzungen leiten sich aus deren negativen Folgen<br />
und Wirkungen ab.<br />
Körper und Seelen, die Gewalt erfahren, reagieren mit unterschiedlichsten psychischen und psychosomatischen<br />
Störungen. Beispiele: Hauterkrankungen, Sprachstörungen, Depressionen, Süchte, Sehnsüchte<br />
(z.B. nach Liebe und Geborgenheit), Versagensgefühle, Fehlen von Geme<strong>in</strong>schaftsfähigkeit<br />
und Wertorientierung. Schon diese wenigen exemplarisch angeführten Beispiele körperlicher und seelischer<br />
Reaktionen weisen auf zahlreiche unmittelbar gesellschaftlich wirksame Folgeentwicklungen<br />
h<strong>in</strong>: die nur angedeuteten Störungen können z.B.<br />
• Zu Beziehungsunfähigkeit, Gewalt <strong>in</strong> der Familie, Trennungen und Scheidungen mit all ihren<br />
negativen Begleitersche<strong>in</strong>ungen für Eltern und K<strong>in</strong>der führen.<br />
• Suchtverhalten, das auch die Suche nach Geborgenheit <strong>in</strong> Sekten, Szenen, rechtsradikalen oder<br />
krim<strong>in</strong>ellen Gruppen e<strong>in</strong>schließt, stört das <strong>Zusammenleben</strong> im sozialen Umfeld.<br />
• Angst kann K<strong>in</strong>der zur Flucht und dann <strong>in</strong> Milieus von Drogenkonsum, Prostitution und Krim<strong>in</strong>alität<br />
treiben.<br />
• Mangelndes Selbstvertrauen bewirkt Unsicherheiten und Ängste, auch die Angst vor Fremdem(n).<br />
Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und/oder Rassenhass können hier ihren Ausgangspunkt haben.<br />
• Gewalterfahrungen verwischen den natürlichen Bezug zu Recht und Unrecht. Das Schuld- und<br />
Unrechtsbewusstse<strong>in</strong> entwickelt sich nicht.<br />
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