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Wohnen und Nachba Wohnen und Nachbarschaften in Tübingen ...

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Eberhard Karls Universität Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Geographisches Institut<br />

<strong>Wohnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Nachba</strong>rschaften <strong>in</strong> Tüb<strong>in</strong>gen<br />

Projektbericht<br />

E<strong>in</strong>e der zentralen Fragestellungen Hamms ist, ob das <strong>Nachba</strong>rschaftskonzept nicht nur e<strong>in</strong>en<br />

unverbesserlichen Optimismus, die Beziehungen der Menschen verbessern zu können,<br />

ausdrückt (Hamm 1973: 20ff.). Auch Rohr-Zänker <strong>und</strong> Müller h<strong>in</strong>terfragen <strong>in</strong> ihrem Bericht<br />

„Die Rolle von <strong>Nachba</strong>rschaften für die zukünftige Entwicklung von Stadtquartieren“ (1998),<br />

ob es die <strong>Nachba</strong>rschaft als soziale E<strong>in</strong>heit noch gebe, oder ob alle B<strong>in</strong>dungen an das kle<strong>in</strong>räumige<br />

Wohnumfeld gelöst seien. Sie verweisen hierbei auf gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen<br />

zur Zukunft der Städte, <strong>in</strong> welcher, beispielsweise bei Ganser (1991), <strong>Nachba</strong>rschaften ke<strong>in</strong>e<br />

Rolle mehr zu spielen sche<strong>in</strong>en. Allerd<strong>in</strong>gs verweisen Rohr-Zänker <strong>und</strong> Müller auch auf die<br />

Diskussion zwischen Sozial- <strong>und</strong> Raumwissenschaftlern, welche der Me<strong>in</strong>ung s<strong>in</strong>d, dass<br />

<strong>Nachba</strong>rschaften nach wie vor oder aber erneut e<strong>in</strong>e wichtige Rolle für das Zusammenleben<br />

<strong>in</strong> der Stadt spielen (Rohr-Zänker & Müller 1998: 1f.). Hamm betont zudem, dass menschliches<br />

Handeln nicht außerhalb des Raumes denkbar ist <strong>und</strong> hebt somit die Bedeutsamkeit<br />

des Raumes für soziales Handeln hervor (Hamm 1973: 9). Auch der Stadtforscher Lewis<br />

Mumford bezeichnet die Geme<strong>in</strong>samkeit des Ortes als „[…] vielleicht die ursprünglichste der<br />

sozialen B<strong>in</strong>dungen <strong>und</strong> im Gesichtskreis se<strong>in</strong>es <strong>Nachba</strong>rn leben [als] die e<strong>in</strong>fachste Form<br />

der Vergesellschaftung“ (zit. nach Hamm 1973: 10). Schließlich wird <strong>Nachba</strong>rschaft 1973<br />

von Hamm wie folgt def<strong>in</strong>iert:<br />

[…] e<strong>in</strong>e soziale Gruppe, deren Mitglieder primär wegen Geme<strong>in</strong>samkeit des Wohnortes<br />

mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong>teragieren. <strong>Nachba</strong>r ist dann der Begriff für alle Positionen, die<br />

manifest oder latent Träger nachbarschaftlicher Funktionen s<strong>in</strong>d.<br />

(Hamm 1973: 17)<br />

Die Art der Interaktion mit den <strong>Nachba</strong>rn hat sich über die Jahre h<strong>in</strong>weg verändert. Neue<br />

Kommunikationstechnologien, neue Lebensstile <strong>und</strong> neue Anforderungen des Berufslebens<br />

führten dazu, dass Menschen heute anders leben als früher. Dennoch bestehen <strong>Nachba</strong>rschaften<br />

auch weiter <strong>und</strong> haben sich an diese veränderten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen angepasst.<br />

Für viele Menschen bietet sie die Chance zu e<strong>in</strong>em Ausgleich zum unpersönlichen Berufsleben.<br />

Gleichzeitig entscheiden sich allerd<strong>in</strong>gs viele Menschen gegen den Kontakt mit <strong>Nachba</strong>rn.<br />

Dies wirft die Frage auf, wozu <strong>Nachba</strong>rschaft also heute (noch) gut ist?<br />

Der Begriff der <strong>Nachba</strong>rschaft wird <strong>in</strong> verschiedenen wissenschaftlichen Diszipl<strong>in</strong>en <strong>und</strong> <strong>in</strong><br />

der Praxis unterschiedlich def<strong>in</strong>iert. Hierbei bestehen nur wenige Geme<strong>in</strong>samkeiten zwischen<br />

dem juristischen, dem raumplanerischen <strong>und</strong> dem soziologischen Verständnis <strong>und</strong><br />

selbst <strong>in</strong>nerhalb der Diszipl<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d differierende Interpretationen zu f<strong>in</strong>den. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

unterscheidet Hamm zwischen e<strong>in</strong>em „subjektiven“ <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em „objektiven“ <strong>Nachba</strong>rschaftsbegriff,<br />

wobei sich der erstgenannte auf die Bewohner selbst <strong>und</strong> der zweite auf den Forscher<br />

bezieht (1973: 13).<br />

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