Die Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre und die Hartz-Gesetze
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che Ansprüche sie haben, o<strong>der</strong> sie trauen sich nicht, <strong>die</strong>se einzufor<strong>der</strong>n. Eine qualitative<br />
Stu<strong>die</strong> im sächsischen Einzelhandel hat gezeigt, dass geringfügig Beschäftigte<br />
zum Teil nur <strong>die</strong> Hälfte des Tariflohns bekommen. Sie erhalten üblicherweise kein<br />
Urlaubsgeld o<strong>der</strong> Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sind kaum in Weiterbildung einbezogen<br />
<strong>und</strong> arbeiten im Wesentlichen auf Abruf bzw. werden nach kurzen Arbeitseinsätzen<br />
vorzeitig auch wie<strong>der</strong> nach Hause geschickt (Benkhoff/Hermet 2008). Zwar<br />
haben <strong>die</strong>se Benachteiligungen nicht erst mit <strong>der</strong> Neuregelung <strong>der</strong> Minijobs im Jahr<br />
2003 begonnen, aber vor allem <strong>die</strong> Bezahlung sehr geringer St<strong>und</strong>enlöhne scheint<br />
durch <strong>die</strong> Aufhebung <strong>der</strong> Arbeitszeitgrenze von zuvor 15 Wochenst<strong>und</strong>en begünstigt<br />
worden zu sein.<br />
Umstritten ist bezogen auf <strong>die</strong> Neuregelungen <strong>der</strong> geringfügigen Beschäftigung, ob<br />
<strong>die</strong> Zunahme <strong>die</strong>ser Beschäftigungsformen zu einem Aufbau von zusätzlicher Beschäftigung<br />
geführt hat. Obwohl <strong>die</strong> Zahl <strong>der</strong> Minijobs nach <strong>der</strong> Reform im Jahr 2003<br />
deutlich zugenommen hat, ist offen, ob <strong>die</strong>s tatsächlich zusätzliche Beschäftigung ist.<br />
<strong>Die</strong> Evaluationsstu<strong>die</strong> (Modul 1f „Verbesserung <strong>der</strong> beschäftigungspolitischen Rahmenbedingungen<br />
<strong>und</strong> Makrowirkungen <strong>der</strong> aktiven <strong>Arbeitsmarktpolitik</strong>“) weist darauf<br />
hin, dass zumindest teilweise reguläre sozialversicherungspflichte Beschäftigung<br />
substituiert worden ist (RWI/ISG 2006). Auch <strong>die</strong> erhoffte Brückenfunktion funktioniert<br />
nur selten, wie auch das BMAS konstatiert: „Dabei erweisen sich <strong>die</strong> Mini-Jobs allerdings<br />
für Arbeitslose nicht als Brücke in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.“<br />
(B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Soziales 2006: V).<br />
Minijobs wirken durch <strong>die</strong> hohen marginalen Belastungen sowohl für Beschäftigte als<br />
für Unternehmen eher als Niedriglohnfalle denn als Brücke. Beschäftigte – vor allem<br />
„hinzuver<strong>die</strong>nende“ Ehefrauen – haben hohe marginale Entzugsraten dann, wenn sie<br />
in <strong>der</strong> Steuerklasse V eingestuft sind <strong>und</strong> mit dem Übergang in <strong>die</strong> Gleitzone neben<br />
den Sozialversicherungsbeiträgen durch hohe Steuerabzüge belastet sind. In <strong>die</strong>sem<br />
Fall wird ein Nettoeinkommen von 400 € erst wie<strong>der</strong> erreicht, wenn mehr als 540 €<br />
ver<strong>die</strong>nt werden. <strong>Die</strong> hohen marginalen Kosten von Unternehmen ergeben sich vor<br />
allem dadurch, dass <strong>die</strong> (unrechtmäßigen) Einsparungen bei Tariflöhnen, Urlaub sowie<br />
Krankheit <strong>und</strong> Feiertagen entfallen, wenn statt Minijobber/innen sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigte eingestellt werden.