Die Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre und die Hartz-Gesetze
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- <strong>Die</strong> Aufhebung <strong>der</strong> Höchstüberlassungsdauer in einem Entleihbetrieb hat Praktiken<br />
begünstigt, <strong>die</strong> Leiharbeit zum Unterlaufen von tariflichen Standards nutzen.<br />
Zum einen wird Leiharbeit inzwischen zunehmend strategisch (<strong>und</strong> oft dauerhaft)<br />
eingesetzt <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en sind nicht wenige Betriebe dazu übergegangen, betriebsinterne<br />
Verleiheinheiten zu gründen, um Personalkosten zu senken. Verstärkte<br />
öffentliche Aufmerksamkeit wird <strong>die</strong>sen Tendenzen erst seit Ende 2009<br />
gewidmet, nachdem Schlecker <strong>die</strong>s in großem Stil zur Verringerung von Lohnstandards<br />
nutzen wollte. Ähnliche Tendenzen finden sich aber auch in vielen an<strong>der</strong>en<br />
Bereichen – darunter auch im Ges<strong>und</strong>heitswesen (z.B. Klinikum Essen)<br />
<strong>und</strong> bei den Wohlfahrtsverbänden. Nach Ergebnissen <strong>der</strong> WSI-Betriebsrätebefragung<br />
2007 verfügten damals bereits 7,1% <strong>der</strong> Betriebe, <strong>die</strong> Leiharbeit nutzten,<br />
über eine solche „eigene Verleihfirma“. Überdurchschnittlich hoch war <strong>die</strong><br />
Verbreitung <strong>die</strong>ser Praxis vor allem in den Bereichen Kredit/Versicherungen<br />
(9,3%) <strong>und</strong> Sonstige <strong>Die</strong>nstleistungen (12,9%) (Seifert/Brehmer 2008: 338) – <strong>und</strong><br />
damit in Branchen, in denen Leiharbeit ansonsten eine vergleichsweise geringe<br />
Rolle spielt.<br />
- Auch <strong>die</strong> Brückenfunktion <strong>der</strong> Leiharbeit in reguläre Beschäftigung hat sich als<br />
weitaus geringer erwiesen, als von <strong>der</strong> <strong>Hartz</strong>-Kommission <strong>und</strong> <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />
erhofft. Bezogen auf <strong>die</strong> damals eingeführten Personal-Service-Agenturen<br />
wurden sogar Übergänge von 50% <strong>und</strong> mehr erwartet. Tatsächlich wird <strong>die</strong><br />
Chance von Leiharbeitskräften, von einem Entleihbetrieb übernommen zu werden,<br />
vom IAB aber nur auf ca. 7% beziffert. Und auch bezogen auf den Brückeneffekt<br />
– also <strong>die</strong> Frage, inwieweit es Leiharbeitskräften gelingt, nach Ausscheiden<br />
aus <strong>der</strong> Leiharbeit in eine reguläre Beschäftigung zu kommen – sind <strong>die</strong> Ergebnisse<br />
ernüchternd. Crimmann u.a. (2009: 131) stellen hierzu fest, „dass Leiharbeit<br />
weniger als Brücke in reguläre Beschäftigung <strong>die</strong>nt, son<strong>der</strong>n eher <strong>der</strong> Start für eine<br />
dauerhafte ‚Zeitarbeitskarriere‘ ist. Zwei Drittel <strong>der</strong> Personen, <strong>die</strong> 2004 ein<br />
Leiharbeitsverhältnis eingingen, schaffen in den beiden darauffolgenden <strong>Jahre</strong>n<br />
nicht den Sprung in nachhaltige Beschäftigung, son<strong>der</strong>n fassen lediglich Fuß in<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmerüberlassung. Mit 80 Prozent verbleibt sogar <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong>jenigen,<br />
<strong>die</strong> bereits einmal in <strong>der</strong> Arbeitnehmerüberlassung tätig waren, in <strong>die</strong>ser<br />
Branche.“ <strong>Die</strong>se Entwicklung überrascht nicht, da <strong>die</strong> Anreize für Entleihunternehmen,<br />
Leiharbeitskräfte zu übernehmen, durch <strong>die</strong> Aufhebung <strong>der</strong> Höchstdauer<br />
des Verleihs <strong>und</strong> <strong>die</strong> vergleichsweise niedrigeren Löhne deutlich gesunken sind.<br />
2.2.4.3 Ausweitung <strong>der</strong> Niedriglohnbeschäftigung<br />
<strong>Die</strong> Ausweitung <strong>der</strong> Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland hat bereits in den<br />
1990er <strong>Jahre</strong>n begonnen, aber es spricht einiges dafür, dass <strong>die</strong> Arbeitsmarktreformen<br />
<strong>die</strong>sen Trend weiter verstärkt <strong>und</strong> beschleunigt haben. So ist zum einen vor al-