HANS WERNER HENZE - Schott Music
HANS WERNER HENZE - Schott Music
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Biographie / Biography<br />
Hans Werner Henze wurde am 1. Juli 1926 in<br />
Gütersloh geboren. Er begann seine musikalische<br />
Ausbildung an der Staatsmusikschule<br />
Braunschweig. Als Kind erlebte er die Angriffe der Nationalsozialisten<br />
auf die moderne Musik, Kunst und<br />
Literatur. Nach einer Verpflichtung als Korrepetitor<br />
am Stadttheater Bielefeld begann Henze 1946 ein Studium<br />
bei Wolfgang Fortner am Kirchenmusikalischen<br />
Institut in Heidelberg. In den späten 1940er Jahren<br />
kam er mit dem Serialismus und den Darmstädter Ferienkursen<br />
für Neue Musik in Berührung. Unglücklich<br />
über die mangelnde Aufarbeitung des Dritten Reichs<br />
in der Nachkriegsrepublik einerseits und den ästhetischen<br />
Dogmatismus in der neuen Musik andererseits<br />
verließ Henze 1953 nach Engagements am Theater<br />
Konstanz und am Hessischen Staatstheater Wiesbaden<br />
seine Heimat und ließ sich in Italien nieder. Die<br />
räumliche und geistige Distanz zur deutschen zeitgenössischen<br />
Musikszene sowie die Erfahrungen in der<br />
Wahlheimat gaben ihm die Freiheit, in seiner Musik<br />
einen enormen Reichtum an Ausdrucksmitteln zu entwickeln.<br />
In den späten 70er und 80er Jahren wandte<br />
er sich verstärkt traditionelleren Formen zu. 1962 bis<br />
1967 unterhielt Henze eine Meisterklasse für Komposition<br />
am Mozarteum Salzburg, Lehraufträge führten<br />
ihn in die USA, nach Kuba und nach London.<br />
In Köln hatte Henze von 1980 bis 1991 eine Professur<br />
an der Staatlichen Hochschule für Musik inne. Verpflichtungen<br />
als Composer in Residence führten ihn<br />
1983 und 1988 bis 1996 ans Berkshire <strong>Music</strong> Center<br />
in Tanglewood/USA sowie 1991 zu den Berliner Philharmonikern.<br />
Bereits 1976 gründete Henze das Cantiere<br />
Internazionale d‘Arte in Montepulciano. Im Jahr<br />
1988 rief er die Münchener Biennale (Internationales<br />
Festival für neues Musiktheater) ins Leben, die er bis<br />
1996 leitete.<br />
Henzes Kompositionsschaffen ist sehr umfangreich:<br />
Er schrieb Solokonzerte, Sinfonien, Oratorien, Liederzyklen,<br />
Kammermusik und a cappella-Chorwerke.<br />
Damit und mit seinen über 40 Werken für Musiktheater<br />
wurde Henze zu einem der meist gespielten<br />
zeitgenössischen Komponisten unserer Tage. Bereits<br />
seine frühe Oper Ein Landarzt auf die gleichnamige<br />
Erzählung von Franz Kafka wurde 1953 in der Fassung<br />
als Rundfunkoper im Rahmen des „Prix Italia“<br />
ausgezeichnet. Das Wundertheater (1948/64), Boulevard<br />
Soltitude (1951), eine Vertonung des Manon<br />
Lescaut-Stoffes, König Hirsch (1953-56), Elegie für<br />
junge Liebende (1956/61, rev. 1987), Die Bassariden<br />
(1964/65, rev. 1992), Pollicino (1979/80) sowie das<br />
in den Jahren 2003/2005 revidierte Verratene Meer<br />
(Gogo no Eiko, Urfassung 1986/89) gehören zu seinem<br />
vielfältigen Opernrepertoire. Mit Ingeborg Bachmann<br />
verband Henze eine enge Freundschaft; aus der<br />
gemeinsamen Arbeit entstanden unter anderem Der<br />
junge Lord (1964), Der Prinz von Homburg (1958/59,<br />
rev. 1991) sowie die Nachtstücke und Arien für Sopran<br />
und großes Orchester (1957).<br />
Im Zentrum von Henzes Kompositionen für Orchester<br />
stehen die zehn Sinfonien. Von ihnen sei die Sinfonia<br />
N. 9 für gemischten Chor und Orchester (1995-97)<br />
mit Versen von Hans-Ulrich Treichel nach dem Roman<br />
„Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers besonders erwähnt<br />
– ein eindringliches Beispiel für Henzes Auseinandersetzung<br />
mit der nationalsozialistischen Vergangenheit<br />
Deutschlands. Die Sinfonia N. 10 entstand<br />
als Kompositionsauftrag Paul Sachers und kam 2002<br />
in Luzern durch das City of Birmingham Symphony<br />
Orchestra unter Sir Simon Rattle zur viel beachteten<br />
Uraufführung.<br />
Von den zahlreichen Preisen, die Henze erhielt, seien<br />
hier stellvertretend genannt: 1990 der Ernst von<br />
Siemens-Musikpreis, 1995 die Ernennung zum Accademico<br />
Onorario der Accademia Nazionale di Santa<br />
Cecilia, Rom, 1997 die Hans von Bülow-Medaille der<br />
Berliner Philarmoniker, 1998 die Ernennung zum Honorary<br />
Fellow of the Royal Northern College of <strong>Music</strong>,<br />
Manchester, 2000 der Praemium Imperiale in Tokio,<br />
2001 der Cannes Classical Award in der Kategorie<br />
„Best Living Composer“. 2003 folgte die Ernennung<br />
zum Chevalier der Légion d‘honneur, Paris, sowie der<br />
Preis der Internationalen Sommerakademie Mozarteum<br />
„Neues Hören“ für gelingende Vermittlung Neuer<br />
Musik. Zahlreiche internationale Konzerthäuser<br />
widmeten Henze zu seinem 80. Geburtstag im Jahr<br />
2006 eigene Konzertreihen, darunter das Konzerthaus<br />
Dortmund und das Kungliga Filharmonikerna<br />
Stockholms Konserthus. 2007 wurde die Einspielung<br />
von Henzes Melodrama Aristaeus mit Martin Wuttke<br />
und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter<br />
Marek Janowski (WERGO) mit dem Echo Klassik als<br />
„Weltersteinspielung des Jahres“ ausgezeichnet.<br />
Die Kulturhauptstadt Europas Ruhr.2010 feierte den<br />
Komponisten in 52 Städten, von Dortmund über<br />
Essen bis Duisburg und Bochum mit über 250 Aufführungen<br />
seiner Werke, die größte Werkschau, die<br />
jemals einem lebenden Komponisten zuteil wurde.<br />
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