03.11.2014 Aufrufe

HANS WERNER HENZE - Schott Music

HANS WERNER HENZE - Schott Music

HANS WERNER HENZE - Schott Music

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber<br />

Exercise mit Strawinsky über ein Bild von Paul Klee (1950, rev. 1990) - Handlungsloses Ballett<br />

I Introduction – II Pas d’action – III Deux variations – IV Intermède – V Pas de deux – VI Conclusion<br />

Orchester / Orchestra: Picc. · 1 · 1 · Engl. Hr. · 1 · Bassklar. · 2 – 2 · 2 · 2 · 1 – P. S. (kl. hg. Beck. ·<br />

Beckenpaar · Tamb.) (1 Spieler) – Str.<br />

18’<br />

Studienpartitur / Study Score ED 9423<br />

Konzertante Uraufführung / Concert World Première: 8. Mai 1951 Berlin, Titania Palast, Rias-Sonderkonzert ·<br />

Dirigent / Conductor: Ferenc Fricsay<br />

Szenische Uraufführung / Scenic World Première: 15. Oktober 1958 Köln · Dirigent / Conductor: Siegfried Köhler ·<br />

Choreographie / Choreography: Lisa Kretschmar<br />

Uraufführung der Revision / World Première of the Revised Version: 14. Januar 1991 London, Barbican Hall ·<br />

Dirigent / Conductor: Hans Werner Henze · Parnassus Ensemble<br />

D<br />

en eigenartig klingenden Titel dieses 1950 im<br />

Auftrag des RIAS Berlin geschriebenen und<br />

Boris Blacher gewidmeten Werks hat Henze<br />

nicht selbst erfunden, sondern von einem Gemälde<br />

Paul Klees (1879-1940) übernommen. Klee, in seinen<br />

Münchener Jahren vor dem 1. Weltkrieg ein begeisterter<br />

Opernliebhaber, hatte an der Münchener Oper<br />

häufig die Sängerin Rosa Silber gehört und verehrte<br />

sie so sehr, dass er ihr in zwei seiner Werke ein malerisches<br />

Denkmal setzte: in „Fiordiligi“ und in „Vokaltuch<br />

der Kammersängerin Rosa Silber“. Der Begriff „Vokaltuch“<br />

ist wörtlich zu nehmen: Paul Klee hatte auf einer<br />

scheinbar flüchtig grundierten Leinwand die Initialen<br />

„R. S.“ zusammen mit den fünf Vokalen „a“, „o“, „u“,<br />

„i“ und „e“ in Kleinbuchstaben angeordnet und damit<br />

eine Art Hörbild geschaffen.<br />

Die Beziehung zu Klees Gouache: Mein Stück<br />

besteht aus einer Anzahl von Variationen<br />

über das (immer deutlich erkennbar bleibende) französische<br />

Kinderlied « C’est le mai, c’est le mai, c’est<br />

le joli mois de mai », dessen Noten für die zentral<br />

in die obere Hälfte des Tuchs eingelassenen Initialen<br />

R.S. stehen. Wie bei Klee splittern sich immer mehr<br />

Partikel und Varianten ab, Quadrate ungleicher Ausmaße<br />

und mit zärtlichen blauen Tupfern verschiedenster<br />

Dichte, kleine Felder von Abweichungen,<br />

die ein Gefühl für Nähe oder Ferne entstehen lassen,<br />

Wärme oder Kälte, Auflösung oder Haltepunkte.<br />

Nach längerem Hinsehen gerät man in einen Zaubergarten,<br />

einen frühlingshaften Park – zarteste Stimmungen<br />

kommen auf, und alles ist leicht und heiter.<br />

Die Musik versucht, das Ganze auf ihre Weise klanglich,<br />

gedanklich und atmosphärisch zu spiegeln.<br />

T<br />

“ “<br />

he strange-sounding title for this ballet score<br />

written in 1950 to a commission by RIAS Berlin<br />

and dedicated to Boris Blacher was not invented<br />

by Henze himself but was taken from a work by<br />

the painter Paul Klee (1879-1940). Klee, an enthusiastic<br />

opera-lover in his Munich years before World<br />

War I had often heard the singer Rosa Silber at the<br />

Munich Opera and admired the artist so much that he<br />

placed a painted memorial to her in two of his works.<br />

The concept “Vocal Cloth” is to be taken literally: on<br />

a canvas with a light wash, Paul Klee placed in small<br />

letters the initials “R.S.” together with the five vowels<br />

“a”, “o”, “u”, “i” and “e”, thereby creating a kind of<br />

sound picture.<br />

[The work] is related to Klee’s gouache in<br />

that it is a set of variations on the French<br />

nursery rhyme, « C’est le mai, c’est le mai, c’est le<br />

joli mois de mai », which remains clearly recognizable<br />

throughout the entire work, its notes representing<br />

the initials R.S. that appear in the upper middle<br />

section of Klee’s canvas. As with Klee, more and<br />

more particles and variations splinter off, squares<br />

of differing sizes, delicate blue splashes of the most<br />

disparate density, tiny areas of deviation that create<br />

a sense of nearness and remoteness, warmth or<br />

coldness, dissolution or stasis. After looking at it for<br />

some time, the observer has the feeling of entering<br />

a magic garden, a park in springtime – the tenderest<br />

moods arise, all is light and cheerful. The music tries<br />

to reflect all this in its own particular way by means<br />

of timbre, ideas and atmosphere.<br />

79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!