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HANS WERNER HENZE - Schott Music

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In einem Berghotel in den Alpen hat der Dichter<br />

Mittenhofer ihm ergebene Menschen um sich versammelt:<br />

seine Mäzenin und Sekretärin Gräfin Carolina,<br />

seinen Leibarzt Dr. Reischmann, seine Geliebte<br />

Elisabeth und vor allem Hilda Mack, die seit vierzig<br />

Jahren auf die Rückkehr ihres in den Bergen verschollenen<br />

Bräutigams wartet. Ihre Visionen und Halluzinationen<br />

sind für Mittenhofer Inspiration für seine<br />

künstlerische Arbeit. Die Ankunft von Dr. Reischmanns<br />

Sohn Toni bringt das fragile Gleichgewicht<br />

der wechselseitigen Abhängigkeiten ins Wanken:<br />

Toni verliebt sich in Elisabeth, was Mittenhofer mit<br />

wachsender Eifersucht beobachtet. Gleichzeitig wird<br />

Hildas Verlobter gefunden, ihre Visionen versiegen<br />

und sie will sich aus der Zwangsgemeinschaft lösen.<br />

Auch Toni und Elisabeth wollen das Hotel verlassen.<br />

Mittenhofer bittet sie um einen letzten Gefallen: sie<br />

mögen ihm ein Edelweiß aus den Bergen bringen.<br />

Mittenhofer und die Gräfin verschweigen dem wegen<br />

eines heranziehenden Schneesturms besorgten Bergführer,<br />

dass Toni und Elisabeth sich in der Wand befinden<br />

und nehmen damit deren Tod in Kauf. Für Mittenhofer<br />

ist diese Katastrophe neue Inspiration: Bei<br />

einer zu seinem 60. Geburtstag veranstalteten Lesung<br />

rezitiert er vor einem gebannt lauschenden Publikum<br />

sein neuestes Gedicht – die Elegie für junge Liebende,<br />

gewidmet Toni und Elisabeth.<br />

Elegie für junge Liebende ist die erste Oper, die Henze<br />

mit den Autoren Auden und Kallman gemeinsam<br />

schrieb. Die prägnantesten Stilmittel der Musik sind<br />

die nuancenreich vom Parlando über ariose Teile bis<br />

hin zu differenzierten Ensembles geführten Singstimmen<br />

und die dramaturgische Stringenz, mit der den<br />

einzelnen Personen bestimmte Instrumente zugeordnet<br />

sind. Diese kommentieren die Bühnenhandlungen<br />

und psychischen Verwirrungen und machen sie verstärkt<br />

hörbar.<br />

“<br />

Was demonstriert wird, ist im Wesentlichen<br />

die Geburt eines Gedichts, dieses Gedichts,<br />

das während dreier Akte entsteht und dessen Werden<br />

wir verfolgen vom Augenblick der ersten Idee<br />

bis zum schließlichen öffentlichen Vorlesen. Was<br />

sich abspielt um diesen Geburtsprozeß herum an<br />

Groteskem, Lächerlichem, Vulgärem, Bösartigem,<br />

Gemeinem, dient dazu, die Figur des Künstlers als<br />

Helden, dieses Konzept vom Heldenleben in Frage<br />

zu stellen, wie es das 19. Jahrhundert noch nicht<br />

vollständig losgeworden ist. – Teilbestand dieses<br />

Konzepts ist jene katastrophale Vorstellung, wonach<br />

der Künstler in Isolierung zu leben hat, zugunsten<br />

seiner Kreativität, und dass er outcast, ein Außenseiter,<br />

ein Ausgestoßener zu sein hat oder jemand,<br />

der sich selbst suspendiert, für den andere Regeln<br />

existieren als für normale Menschen. Die Schlussszene<br />

der Oper bringt uns das Grauenhafte solcher<br />

Konzeptionen vor Augen.<br />

Die Zentralfigur des Stücks ist der große Dichter<br />

Gregor Mittenhofer, zu dessen Gestalt mehrere<br />

Prototypen der literarischen Welt um die Jahrhundertwende<br />

Modell gestanden haben könnten. Sein<br />

Schicksal ist: die Besessenheit von seinem Werk, die<br />

Unfähigkeit zur Kommunikation, die Entfremdung<br />

von der Umwelt. Mittenhofer gleicht einem Moloch,<br />

der bereit ist, für seine schöpferische Arbeit<br />

alles zu opfern. In seiner Faszination erscheint er<br />

wie ein Medizinmann. Seine Manie und Dämonie<br />

sind als Teil seines Mythos anzusehen.<br />

The poet Mittenhofer has assembled his circle<br />

of loyal companions at a mountain inn in the<br />

Alps: his patron and secretary countess Carolina,<br />

his personal physician Dr. Reischmann, his lover<br />

Elisabeth and, above all, Hilda Mack who has been<br />

waiting for forty years for the return of her fiancé who<br />

disappeared in the mountains. Their visions and hallucinations<br />

nourish Mittenhofer’s artistic inspiration.<br />

The arrival of Dr. Reischmann’s son Toni disturbs the<br />

fragile balance of the reciprocal dependencies: Toni<br />

falls in love with Elisabeth, observed with increasing<br />

jealousy by Mittenhofer. Simultaneously, Hilda’s<br />

fiancé is discovered, her visions have evaporated and<br />

she wants to break out of the enforced community.<br />

Toni and Elisabeth also wish to leave the hotel. Mittenhofer<br />

asks for a final favour: they should bring him<br />

an edelweiss from the mountains.<br />

Mittenhofer and the countess omit to inform the<br />

mountain guide who is concerned about an approaching<br />

snow storm that Toni and Elisabeth are on<br />

the mountain face, despite being aware that their life<br />

is in danger. This catastrophe provides new inspiration<br />

for Mittenhofer. At a literary event in celebration<br />

of his 60th birthday, he recites his latest poem – The<br />

Elegy for Young Lovers, dedicated to Toni und Elisabeth<br />

– to his audience who hang on his words with<br />

bated breath<br />

Elegy for Young Lovers is Henze’s first opera in collaboration<br />

with the authors Auden and Kallman. The<br />

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