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HANS WERNER HENZE - Schott Music

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F<br />

ürst Myschkin ist unfähig, sich den Spielregeln<br />

der aristokratischen russischen Gesellschaft unterzuordnen,<br />

zu lügen und zu schmeicheln; er ist<br />

besessen davon, das Gute in jedem Menschen herauszufordern,<br />

immer die Wahrheit zu sagen und mit Güte,<br />

Naivität und Unschuld auf die Intrigen seiner Umgebung<br />

zu reagieren. Niemand versteht ihn: Er ist in den<br />

Augen seiner Mitmenschen der Idiot. Myschkin liebt<br />

Nastassia, die vom Gutsbesitzer Tozki aufgezogen und<br />

missbraucht wurde und nun von ihm gewinnbringend<br />

verheiratet werden soll.<br />

Drei potentielle Heiratskandidaten – Ganja, Vertrauter<br />

des Generals Epantschin, Epantschin selbst und Rogoschin,<br />

ein Kaufmannssohn – bewerben sich um Nastassias<br />

Gunst. Ganja verachtet sie ob ihrer Vergangenheit<br />

und will sie nur des Geldes wegen heiraten; Epantschin<br />

ist lediglich auf ein flüchtiges Abenteuer aus, nur Rogoschin<br />

liebt sie mit verbissener Leidenschaft und überbietet<br />

die beiden Mitbewerber.<br />

Myschkin beschwört Nastassia, auf ihr Herz zu hören.<br />

Nastassia akzeptiert seine Gefühle, kann aber seine<br />

bedingungslose Lauterkeit nicht ertragen und wendet<br />

sich Rogoschin zu, dessen Eifersucht sie fürchtet. Zugleich<br />

erkennt sie, dass Epantschins Tochter Aglaia sich<br />

in Myschkin verliebt hat und er diese Liebe erwidert.<br />

Myschkin und Aglaia erkennen die wahre Natur der Petersburger<br />

Gesellschaft, können ihr aber nicht entfliehen.<br />

Agalaia und Nastassia beleidigen sich gegenseitig;<br />

beide warten auf eine Entscheidung Myschkins. Dessen<br />

Zögern löst die Katastrophe aus: Agalaia verlässt ihn<br />

endgültig, Natassia bricht zusammen und wird schließlich<br />

von Rogoschin aus blinder Eifersucht heraus getötet.<br />

Myschkin versinkt im Wahnsinn.<br />

Ermutigt vom Erfolg seiner ersten Oper Boulevard Solitude<br />

fuhr Henze, der zu diesem Zeitpunkt künstlerischer<br />

Leiter und Dirigent des Balletts des Hessischen<br />

Staatstheaters Wiesbaden war, 1951 nach Berlin, um<br />

Gerd Westermann, dem Intendanten der Berliner<br />

Festwochen, sein Werk vorzustellen. Ergebnis dieses<br />

Treffens war der Auftrag für das Ballett Der Idiot nach<br />

Dostojewskys Roman für die Festwochen 1952. Die<br />

Choreographin Tatjana Gsovsky stellte ein Konglomerat<br />

von Textzitaten aus dem Roman und Bibelstellen zusammen,<br />

das bei der Berliner Uraufführung von Klaus<br />

Kinski gesprochen wurde. Im Einvernehmen mit Tatjana<br />

Gsovsky schrieb Ingeborg Bachmann im Sommer 1953<br />

neue Monologe, die die Isolierung und Lebensunfähigkeit<br />

des Fürsten Myschkin stärker herausheben.<br />

Die Geschichte und Tragödie eines Einzelgängers,<br />

eines Heiligen (der an den ungebändigten<br />

Leidenschaften der ihn umgebenden Menschen<br />

und an ihrem Schicksal zerbricht), übertragen<br />

auf das Medium Tanz, Mimenspiel, Monologe und<br />

Musik. Die Anzahl der Tänzer kann beliebig reduziert,<br />

die Rolle des Protagonisten auf einen Sprecher<br />

und einen Tänzer aufgeteilt werden.<br />

P<br />

“ “<br />

rince Mishkin is incapable of subordinating<br />

himself to the rules of the game of aristocratic<br />

Russian society, to lie and to flatter: he is obsessed<br />

with bringing out the best in everyone, always<br />

to tell the truth and to react to the intrigues of his surroundings<br />

with goodness, naiveté and innocence. Nobody<br />

understands him: in the eyes of his fellow men<br />

he is an idiot. Mishkin loves Natasha, who has been<br />

brought up by the landowner Tozki, misused and is<br />

now to be married off by him for profit.<br />

Three potential suitors, Gania, confidant of General<br />

Epantshin, Epantshin himself and Rogoshin, a merchant’s<br />

son, compete for Natasha’s favours. Gania despises<br />

her because of her past and wants to marry her<br />

only for her money; Epantshin is just out for a fleeting<br />

adventure. Only Rogoshin loves her with dogged passion<br />

and outbids his two fellow suitors.<br />

Mishkin urges Natasha to listen to her heart, Natasha<br />

accepts his feelings but cannot bear his unwavering<br />

integrity and turns to Rogoshin, whose jealousy she<br />

rather fears. At the same time, she recognises that<br />

Epantshin’s daughter Aglaia has fallen in love with<br />

Mishkin, who returns her love.<br />

Mishkin and Aglaia recognise the true nature of St.<br />

Petersburg society but cannot escape it. Aglaia and<br />

Natasha offend each other: both are waiting for a<br />

decision from Mishkin. His delay unleashes a catastrophe:<br />

Aglaia finally leaves him, Natasha collapses<br />

and is finally killed by Rogoshin out of pure jealousy.<br />

Mishkin sinks into madness.<br />

Encouraged by the success of his first opera, Boulevard<br />

Solitude, Henze, then artistic director and conductor<br />

of the ballet of the Hessische Staatstheater in Wiesbaden,<br />

travelled to Berlin to show his works to Gerd<br />

Westermann, Intendant of the Berliner Festwochen.<br />

The outcome of this meeting was a commission for<br />

the ballet Der Idiot, based on Dostoyevsky’s novel,<br />

for the 1952 Festival. The choreographer Tatiana<br />

Gsovsky assembled a conglomeration of textual quotations<br />

from the novel and bible passages, which were<br />

spoken at the Berlin premiere by Klaus Kinski. In the<br />

summer of 1953, Ingeborg Bachmann, in collaboration<br />

with Tatiana, wrote new monologues which<br />

emphasise the isolation and incapacity for life of the<br />

Princess Mishkin.<br />

This is the history and tragedy of an individualist,<br />

a saint, who is destroyed by the<br />

enraged passions of the people around him, and<br />

by their fate. It is told in dance, mime, monologues<br />

and music. The number of dancers can be reduced<br />

at will; the role of the protagonist may be shared<br />

between a speaker and a dancer.<br />

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