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52 Aufsätze BRAK-Mitt. 2/2011<br />

Quaas, Die Rechtsprechung <strong>de</strong>s Senats für Anwaltssachen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgerichtshofs im Jahre 2010<br />

als Fälle „min<strong>de</strong>stens 10 rechtsförmliche Verfahren außerhalb<br />

<strong>de</strong>r freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (§ 5 Satz 1 lit. m FAO a.F.)<br />

nachweisen müssen. Sein Versuch, eine Fallbearbeitung in <strong>de</strong>r<br />

Berufungsinstanz als eigenen „Fall“ zu bewerten, misslang.<br />

Auch nach Auffassung <strong>de</strong>s Anwaltssenats stellt die anwaltliche<br />

Vertretung in einer höheren Instanz keinen gegenüber <strong>de</strong>m<br />

Ausgangsfall neuen „Fall“ dar. Sachen, die ein Anwalt sowohl<br />

außergerichtlich als auch gerichtlich bearbeitet, zählen nur einfach<br />

(als „ein“ Fall), auch wenn sich das Mandat auf mehrere<br />

gerichtliche Instanzen erstreckt. 53 Etwa erfor<strong>de</strong>rliche Korrekturen<br />

wer<strong>de</strong>n durch §5Abs. 5 FAO ermöglicht, wonach Be<strong>de</strong>utung,<br />

Umfang und Schwierigkeit einzelner Fälle zu einer höheren<br />

(o<strong>de</strong>r niedrigeren) Gewichtung führen können. Insoweit ist<br />

eine höhere Gewichtung <strong>de</strong>s Ausgangsfalls auf Grund einer Tätigkeit<br />

in <strong>de</strong>r zweiten Instanz möglich. Dafür muss <strong>de</strong>r Antragsteller<br />

z.B. darlegen, dass sich die Verhandlungen in <strong>de</strong>r zweiten<br />

Instanz auf an<strong>de</strong>re rechtliche Fragen konzentriert haben<br />

o<strong>de</strong>r solche prozessualen Umstän<strong>de</strong> geltend machen, die mit<br />

Blick auf die zweite Instanz die Sache beson<strong>de</strong>rs schwierig<br />

o<strong>de</strong>r umfangreich erscheinen lassen.<br />

3. Die rechtswidrige, aber folgenlose Vorstandswahl<br />

Gegenstand <strong>de</strong>r Senatsentscheidung vom 8.2.2010 54 ist die<br />

Wahlanfechtung <strong>de</strong>r Neuwahl von neun Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s aus<br />

23 Mitglie<strong>de</strong>rn bestehen<strong>de</strong>n Vorstan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r RAK. Dem liegt<br />

§68 BRAO zu Grun<strong>de</strong>, wonach die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s<br />

einer RAK auf vier Jahre gewählt wer<strong>de</strong>n. Nach §68 Abs. 2<br />

BRAO schei<strong>de</strong>t alle zwei Jahre die Hälfte <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r aus, so<br />

dass die Vorstandswahl alle zwei Jahre stattfin<strong>de</strong>n muss. Da<br />

hier die RAK aus 23 Mitglie<strong>de</strong>rn besteht, müssten also alle zwei<br />

Jahre 12 bzw. 11 Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s neu gewählt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das hatte man bei <strong>de</strong>r Antragsgegnerin allerdings an<strong>de</strong>rs<br />

gesehen: Dort wer<strong>de</strong>n seit 1953 nicht alle zwei Jahre 12 bzw.<br />

11 Mitglie<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>rn jeweils im ersten Jahr zwei, im zweiten<br />

Jahr neun, im dritten Jahr sechs und im vierten Jahr weitere<br />

sechs Mitglie<strong>de</strong>r gewählt. Hintergrund sind historische Beson<strong>de</strong>rheiten<br />

aus <strong>de</strong>r damaligen britischen Besatzungszone, von<br />

<strong>de</strong>nen die RAK auf Grund eines eingeholten Rechtsgutachtens<br />

annahm, es han<strong>de</strong>le sich um „regionales Gewohnheitsrecht“.<br />

Der Senat ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Nach §68 Abs. 2<br />

Satz 1BRAO sind Teilneuwahlen <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s einer RAK nur<br />

alle zwei Jahre durchzuführen. Ein an<strong>de</strong>rer Turnus ist danach<br />

unzulässig. Das Ergebnis dieser Wortauslegung <strong>de</strong>s §68 Abs. 2<br />

Satz 1BRAO wer<strong>de</strong> durch eine an <strong>de</strong>r Entstehungsgeschichte,<br />

<strong>de</strong>m Zweck und <strong>de</strong>r Systematik <strong>de</strong>r Vorschrift ausgerichtete<br />

Auslegung bestätigt. Einerseits soll die Vorstandsarbeit nicht<br />

durch allzu häufige Neuwahlen gestört wer<strong>de</strong>n. Die Amtszeit<br />

<strong>de</strong>s gesamten Vorstands soll aber auch nicht vier Jahre betragen,<br />

um <strong>de</strong>m Anliegen einer besseren Legitimierung durch die<br />

Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kammer Rechnung zu tragen. Ein abrupter<br />

Wechsel nach Ablauf <strong>de</strong>r Amtszeit soll vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Daraus folgt die Absicht <strong>de</strong>s Gesetzgebers, dass <strong>de</strong>r Vorstand<br />

nicht je<strong>de</strong>s Jahr „in kleinen Teilen“, son<strong>de</strong>rn nur alle zwei Jahre,<br />

dann aber je zur Hälfte, neu gewählt wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Den Verstoß gegen §68 Abs. 2Satz 1BRAO hat <strong>de</strong>r Senat als<br />

„erheblichen“ Wahlfehler gewertet, <strong>de</strong>r zur Ungültigkeit <strong>de</strong>r<br />

Wahl führt. Gleichwohl hat <strong>de</strong>r Senat von <strong>de</strong>m Ausspruch einer<br />

solchen Rechtsfolge abgesehen, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r RAK Gelegenheit<br />

gegeben, im Rahmen <strong>de</strong>r neu anstehen<strong>de</strong>n Vorstandswahlen<br />

53 BGH, a.a.O.; ebenso Beschl. v. 21.6.1999, BRAK-Mitt. 1999, 230,<br />

231; Quaas, Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, §5FAO<br />

Rdnr. 8; a.A. Henssler/Prütting/Offermann-Burckart, BRAO, 3. Aufl.,<br />

§5FAO, Rdnr. 33.<br />

54 BGH, Beschl. v. 8.2.2010 – AnwZ (B) 80/09, BRAK-Mitt. 2010, 169.<br />

<strong>de</strong>n Turnus <strong>de</strong>r gesetzlichen Regelung <strong>de</strong>s §68 Abs. 2 BRAO<br />

anzupassen. Von dieser Möglichkeit hat die RAK Gebrauch gemacht.<br />

4. Die klaglose Satzungsversammlung<br />

Unter <strong>de</strong>m 15.6.2009 hat die 4. Satzungsversammlung bei <strong>de</strong>r<br />

BRAK die Bestimmung über die Kanzleipflicht (§ 5 BORA) um<br />

die „Zweigstelle“ ergänzt, so dass es nunmehr in §5 Satz 2<br />

BORA heißt:<br />

„Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die für seine Berufsausübung<br />

erfor<strong>de</strong>rlichen sachlichen, personellen und organisatorischen<br />

Voraussetzungen in Kanzlei und Zweigestelle vorzuhalten.“<br />

Diese Än<strong>de</strong>rung hob das Bun<strong>de</strong>sministerium für Justiz (BMJ)<br />

auf, da die Satzungsän<strong>de</strong>rung nicht von <strong>de</strong>r Regelungskompetenz<br />

<strong>de</strong>r Satzungsversammlung nach §59b Abs. 2Nr. 1lit. g)<br />

BRAO ge<strong>de</strong>ckt sei. Die dagegen erstinstanzlich bei <strong>de</strong>m Anwaltssenat<br />

erhobene Klage <strong>de</strong>r BRAK hatte Erfolg: Mit Urteil<br />

vom 13.9.2010 55 hat <strong>de</strong>r Senat an <strong>de</strong>r Ermächtigung <strong>de</strong>r Satzungsversammlung<br />

auch zur Regelung von Anfor<strong>de</strong>rungen an<br />

die Einrichtung und <strong>de</strong>n Betrieb einer Zweigstelle keinen Zweifel<br />

gehabt. Es han<strong>de</strong>lt sich um die erste, erstinstanzliche Entscheidung<br />

<strong>de</strong>s Anwaltssenats nach neuem Recht, das prozessual<br />

über §112c BRAO seine Grundlage in <strong>de</strong>r VwGO hat. Nach<br />

§112a Abs. 3 Nr. 1BRAO entschei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Anwaltssenat in erster<br />

und letzter Instanz über Klagen gegen Entscheidungen <strong>de</strong>s<br />

BMJ, zu <strong>de</strong>nen die Aufhebung von Beschlüssen <strong>de</strong>r Satzungsversammlung<br />

bei <strong>de</strong>r BRAK nach §191e 2. HS. BRAO gehört.<br />

Im Kern <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Rechtsstreits stand zunächst die Frage,<br />

ob bei Klagen gegen <strong>de</strong>n Aufhebungsbescheid <strong>de</strong>s BMJ die<br />

Satzungsversammlung selbst o<strong>de</strong>r die BRAK aktiv legitimiert ist.<br />

Letzteres hat <strong>de</strong>r Senat – gegen nicht unbe<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Stimmen in<br />

<strong>de</strong>r Literatur 56 – angenommen. Die Satzungsversammlung ist als<br />

„neues Beschlussorgan <strong>de</strong>r BRAK“ eingerichtet wor<strong>de</strong>n. Sie soll<br />

keine von <strong>de</strong>r BRAK zu trennen<strong>de</strong> Einrichtung, son<strong>de</strong>rn – ähnlich<br />

<strong>de</strong>r Satzungsversammlung <strong>de</strong>r Steuerberaterkammer – ein<br />

beson<strong>de</strong>res Organ sein, <strong>de</strong>m die Rechtsetzungsaufgaben <strong>de</strong>r<br />

BRAK übertragen wur<strong>de</strong>n. Aktivlegitimiert ist somit bei Klagen<br />

gegen Beschlüsse <strong>de</strong>r Satzungsversammlung nicht diese, son<strong>de</strong>rn<br />

allein die BRAK.<br />

In <strong>de</strong>r Sache hat <strong>de</strong>r Senat <strong>de</strong>n Einwand <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Ermächtigungsgrundlage<br />

für die streitige Ergänzung <strong>de</strong>s §5 BORA<br />

nicht gelten lassen. Zwar enthält §59b Abs. 2 Nr. 1lit. g BRAO<br />

ausdrücklich eine Ermächtigung nur für Regelungen <strong>de</strong>r „Kanzleipflicht“.<br />

Darunter sind in<strong>de</strong>ssen auch solche Bestimmungen<br />

zu verstehen, mit <strong>de</strong>nen die Anfor<strong>de</strong>rungen an eine Kanzlei –<br />

ggf. mit ihrer Hauptstelle und ihren Zweigstellen – festgelegt<br />

wer<strong>de</strong>n. Schon nach <strong>de</strong>m Wortlaut <strong>de</strong>s §59b BRAO betreffen<br />

Regelungen <strong>de</strong>r „Kanzleipflicht“ nicht nur das „Ob“ <strong>de</strong>r Einrichtung<br />

einer Kanzlei, son<strong>de</strong>rn auch das „Wie“. Dass <strong>de</strong>r<br />

Rechtsanwalt verpflichtet ist, eine Kanzlei zu unterhalten, ergibt<br />

sich bereits aus §27 BRAO. Danach sind die Berufspflichten<br />

<strong>de</strong>s Anwalts bezüglich <strong>de</strong>s „Ob“ einer Kanzlei einer weiteren<br />

sinnvollen Regelung durch Vorschriften einer Satzung nicht<br />

zugänglich. Die Ermächtigungsgrundlage <strong>de</strong>s §59b Abs. 2<br />

Nr. 1lit. g BRAO bezieht sich <strong>de</strong>shalb auf die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

an <strong>de</strong>n Geschäftsbetrieb <strong>de</strong>s Rechtsanwalts, die er erfüllen<br />

muss, damit er seiner Kanzleipflicht nachkommt. Ein solcher<br />

Geschäftsbetrieb kann auch – insbeson<strong>de</strong>re nach <strong>de</strong>r Aufhebung<br />

<strong>de</strong>s grundsätzlichen Verbots <strong>de</strong>r Errichtung von Zeigstellen<br />

(§ 28 Abs. 1Satz 1BRAO a.F.) – <strong>de</strong>n Geschäftsbetrieb von<br />

Zweigstellen betreffen.<br />

55 BGH, Urt. v. 13.9.2010 – AnwZ (B) 1/09, BRAK-Mitt. 2010, 267,<br />

NJW 2010, 3787; dazu Deckenbrock, NJW 2011, 3750.<br />

56 U.a. Dahns, Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, §191e<br />

BRAO, Rdnr. 19; Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl., §191, Rdnr. 7.

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