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76 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts BRAK-Mitt. 2/2011<br />
Rechtsprechungsleitsätze<br />
wor<strong>de</strong>n. Der Kläger warf <strong>de</strong>m Anwalt vor, nicht über die gelten<strong>de</strong>n<br />
Kündigungsfristen <strong>de</strong>s Arbeitsverhältnisses belehrt zu<br />
haben, so dass ihm nicht hinreichend <strong>de</strong>utlich gewor<strong>de</strong>n sei,<br />
auf welche Rechte er mit Abschluss <strong>de</strong>r Aufhebungsvereinbarung<br />
verzichtet habe.<br />
Die Klage scheiterte bereits daran, dass <strong>de</strong>r Mandant die von<br />
ihm behauptete fehlen<strong>de</strong> Belehrung nicht beweisen konnte. Bei<br />
einem solchen Negativbeweis obliegt <strong>de</strong>m Berater eine erhöhte<br />
(sekundäre) Darlegungslast. Er kann sich nicht schlicht darauf<br />
zurückziehen, die fehlen<strong>de</strong> Beratung zu bestreiten, son<strong>de</strong>rn<br />
muss substantiiert darlegen, wie er <strong>de</strong>n Mandanten bei welcher<br />
Gelegenheit beraten haben will und wie dieser darauf reagierte.<br />
Kann er dies plausibel machen, verbleibt es bei <strong>de</strong>r Beweislast<br />
<strong>de</strong>s Mandanten für das Gegenteil. Das OLG Düsseldorf befand,<br />
dass <strong>de</strong>r Beklagte seiner Darlegungslast in diesem Sinne in<br />
genügen<strong>de</strong>r Weise nachgekommen war, so dass <strong>de</strong>r Mandant<br />
nicht beweisen konnte, lückenhaft beraten wor<strong>de</strong>n zu sein.<br />
Zusätzlich stützte <strong>de</strong>r Senat seine Entscheidung darauf, dass<br />
auch <strong>de</strong>r Ursachenzusammenhang zwischen behaupteter<br />
Pflichtverletzung und Scha<strong>de</strong>n nicht bewiesen wer<strong>de</strong>n konnte.<br />
Grundsätzlich hätte als Alternative zum Aufhebungsvertrag die<br />
Möglichkeit bestan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Versuch zu unternehmen, durch<br />
Nachverhandlungen die Konditionen zu verbessern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Vertrag überhaupt nicht abzuschließen. Dies entspricht <strong>de</strong>r<br />
üblichen Situation in solchen Fällen. Da sich hier selten eine<br />
nach Sach- und Rechtslage ein<strong>de</strong>utig vorzuziehen<strong>de</strong> Variante<br />
ergibt, kann sich <strong>de</strong>r Mandant nicht auf <strong>de</strong>n Anscheinsbeweis<br />
<strong>de</strong>s beratungsgerechten Verhaltens stützen. Er muss vielmehr<br />
erläutern, wie er sich bei nach seiner Ansicht korrekter und<br />
vollständiger Beratung verhalten hätte und muss dies auch<br />
beweisen. Dazu ist es notwendig, sich überhaupt mit <strong>de</strong>n<br />
Handlungsalternativen, die <strong>de</strong>nkbar waren, auseinan<strong>de</strong>r zu setzen,<br />
die unterschiedlichen (Rechts-)folgen herauszuarbeiten<br />
und dann plausibel aufzuzeigen, warum man sich bei korrekter<br />
Beratung vortragsgemäß entschie<strong>de</strong>n hätte. Nur so hat das<br />
Gericht genügend Grundlagen, um entschei<strong>de</strong>n zu können.<br />
Rechtsanwalt Bertin Chab<br />
Fehler eines weiteren Anwalts und Mitverschul<strong>de</strong>n<br />
Ein Mitverschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mandanten gem. §§ 254, 278 BGB wegen<br />
eines anzurechnen<strong>de</strong>n Verschul<strong>de</strong>ns seines Prozessbevollmächtigten<br />
in <strong>de</strong>n Vorinstanzen schei<strong>de</strong>t aus, wenn er sich dieses Anwalts<br />
nicht bedient hatte, um die Folgen <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>m vorherigen<br />
Anwalt begangenen Fehler zu beseitigen, son<strong>de</strong>rn um diesen auf<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatz in Anspruch zu nehmen. (eigener Leitsatz)<br />
BGH, Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZR 50/08<br />
Anmerkung:<br />
Der Sachverhalt dieser kurzen Nichtzulassungsentscheidung<br />
ergibt sich aus <strong>de</strong>m vorausgegangenen Urteil <strong>de</strong>s OLG Schleswig<br />
vom 14.2.2008 – 11 U 25/07 (BeckRS 2010, 28610). Die<br />
beklagten Anwälte hatten für <strong>de</strong>n Mandanten zunächst Pflichtteilsansprüche<br />
eingeklagt. Die Klage wur<strong>de</strong> wegen Verjährung<br />
abgewiesen. Sodann machten sie – außergerichtlich – Ansprüche<br />
gegen einen früheren Anwalt <strong>de</strong>s Mandanten geltend, weil<br />
dieser die Pflichtteilsansprüche hatte verjähren lassen. Im<br />
Oktober 2005 wur<strong>de</strong> eine dritte Kanzlei beauftragt, und zwar<br />
zunächst nur damit, Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche gegen die<br />
zweite Kanzlei geltend zu machen. Am 10.11.2005 verjährten<br />
in<strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche gegen <strong>de</strong>n ersten Anwalt.<br />
Mit <strong>de</strong>r Klage gegen die zweite Kanzlei wur<strong>de</strong>n nun die Kosten<br />
<strong>de</strong>s Verfahrens über die Pflichtteilsansprüche sowie die gegen<br />
<strong>de</strong>n ersten Anwalt verjährten Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche geltend<br />
gemacht. Dieser Klage wur<strong>de</strong> in I. und II. Instanz stattgegeben.<br />
Die zweite Kanzlei habe bezüglich <strong>de</strong>r erkennbar bereits verjährten<br />
Pflichtteilsansprüche eine aussichtslose Klage erhoben<br />
und die Verjährung <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche gegen <strong>de</strong>n<br />
ersten Anwalt verschul<strong>de</strong>t, auch wenn die Verjährung erst nach<br />
Mandatierung <strong>de</strong>r dritten Kanzlei eingetreten sei.<br />
Dabei könne dahinstehen, ob auch <strong>de</strong>r dritten Kanzlei bezüglich<br />
<strong>de</strong>r Verjährung <strong>de</strong>r Ansprüche gegen <strong>de</strong>n ersten Anwalt<br />
eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
unterbreche die Mandatierung <strong>de</strong>r dritten Kanzlei nicht <strong>de</strong>n<br />
Zurechnungszusammenhang bezüglich <strong>de</strong>r beklagten Anwälte.<br />
Die zweite Kanzlei habe pflichtwidrig nicht zu einer rechtzeitigen<br />
Klage gegen <strong>de</strong>n ersten Anwalt geraten. Dass in <strong>de</strong>r kurzen<br />
Zeit <strong>de</strong>s Mandats <strong>de</strong>r dritten Kanzlei (maximal ein Monat) nicht<br />
sogleich Klage gegen <strong>de</strong>n ersten Anwalt erhoben wor<strong>de</strong>n sei,<br />
sei angesichts <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Einarbeitung und Abstimmung<br />
„nicht als schlechterdings unverständlich, … sachfremd und<br />
nicht nachvollziehbar zu beurteilen“. Daher bleibe es bei <strong>de</strong>m<br />
Zurechnungszusammenhang zwischen <strong>de</strong>m Fehler <strong>de</strong>r zweiten<br />
Anwälte und <strong>de</strong>m Scha<strong>de</strong>n (Verjährung).<br />
Eine mögliche Pflichtverletzung <strong>de</strong>r dritten Kanzlei sei auch<br />
nicht <strong>de</strong>m Mandanten als Mitverschul<strong>de</strong>n zuzurechnen, weil<br />
diese Anwälte im Verhältnis zum Mandanten nicht als Erfüllungsgehilfen<br />
bezogen auf das Vertragsverhältnis zur zweiten<br />
Kanzlei anzusehen seien. Dies sei nur dann <strong>de</strong>r Fall, wenn die<br />
dritte Kanzlei im Pflichtenkreis <strong>de</strong>s Klägers gegenüber <strong>de</strong>r<br />
zweiten Kanzlei aufgetreten wäre, also zur Scha<strong>de</strong>nsmin<strong>de</strong>rung<br />
o<strong>de</strong>r -abwehr. Dies sei nicht <strong>de</strong>r Fall, da <strong>de</strong>r Auftrag nicht<br />
lautete, einen Fehler <strong>de</strong>r zweiten Anwälte zu beheben, son<strong>de</strong>rn<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche gegen diese geltend zu machen.<br />
Diese Rechtsprechung liegt auf <strong>de</strong>r Linie <strong>de</strong>r BGH-Rechtsprechung<br />
(Zurechnungszusammenhang: BGH, NJW 2002, 1117;<br />
1994, 2822; Mitverschul<strong>de</strong>n: BGH, WM 2006, 592; NJW-RR<br />
2005, 1435; NJW 1994, 1211) und wur<strong>de</strong> daher auch jetzt<br />
vom BGH bestätigt.<br />
Haftung für Kosten einer unschlüssigen Klage<br />
Rechtsanwalt Holger Grams<br />
1. Nimmt ein potentiell geschädigter Mandant einen Rechtsanwalt<br />
aus positiver Vertragsverletzung in Anspruch, weil dieser<br />
angeblich ohne Beauftragung Klage erhoben hat, so hat <strong>de</strong>r<br />
Geschädigte <strong>de</strong>n Haftungsgrund voll zu beweisen.<br />
2. Erhebt ein Rechtsanwalt eine unschlüssige Klage, so haftet er<br />
wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung.<br />
3. Erhebt ein Rechtsanwalt eine Scha<strong>de</strong>nsersatzklage und versäumt<br />
es, Angaben zur realen und hypothetischen Vermögenslage<br />
<strong>de</strong>r Aktiengesellschaft zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsfeststellung zu<br />
machen, so haftet er seinem Auftraggeber für diese Pflichtverletzung<br />
und daraus resultieren<strong>de</strong> Schä<strong>de</strong>n etwa durch unnötige Prozesskosten.<br />
(Orientierungssätze nach Juris)<br />
OLG München, Urt. v. 4.8.2010 – 15 U 4975/08<br />
Anmerkung:<br />
Die Mandantin, eine AG, die gegen ein Vorstandsmitglied eine<br />
Scha<strong>de</strong>nsersatzklage nach §93 Abs. 2 Satz 1AktG geführt und<br />
verloren hatte, machte anschließend zum einen geltend, dass<br />
ihrem Anwalt gar kein Auftrag zur Klage erteilt wor<strong>de</strong>n sei.<br />
Dies konnte in <strong>de</strong>r Beweisaufnahme jedoch nicht zur Überzeugung<br />
<strong>de</strong>s Gerichts festgestellt wer<strong>de</strong>n, so dass die Haftpflichtklage<br />
gegen <strong>de</strong>n Anwalt aufgrund <strong>de</strong>r Beweislast <strong>de</strong>r Klägerin<br />
für eine Pflichtverletzung <strong>de</strong>s Anwalts (z.B. BGH, NJW 1994,<br />
3295) insofern keinen Erfolg hatte.<br />
Der Anwalt hafte jedoch für die Kosten <strong>de</strong>s von ihm geführten<br />
Verfahrens, weil er <strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>r Klage geltend gemachten Scha<strong>de</strong>n<br />
nicht schlüssig vorgetragen und somit eine unschlüssige<br />
Klage erhoben habe. Dem Vorstand war vorgeworfen wor<strong>de</strong>n,<br />
pflichtwidrig ein an<strong>de</strong>res Unternehmen gekauft zu haben. Dem<br />
gezahlten Kaufpreis stand jedoch <strong>de</strong>r Wert <strong>de</strong>s gekauften