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74 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts BRAK-Mitt. 2/2011<br />

Das aktuelle Urteil<br />

Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts<br />

Rechtsanwältin Antje Jungk und Rechtsanwalt Bertin Chab,<br />

Allianz München,<br />

Rechtsanwalt Holger Grams<br />

Das aktuelle Urteil<br />

Mandatsvertrag mit gemischter Sozietät<br />

Eine aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehen<strong>de</strong><br />

gemischte Sozietät konnte sich auch vor <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong>de</strong>s<br />

Rechtsdienstleistungsgesetzes Mandanten gegenüber zur Erbringung<br />

anwaltlicher Dienstleistungen verpflichten.<br />

Hat ein Mandant eine Beratersozietät mit einer Rechtsdienstleistung<br />

beauftragt, so kommt ein im engen zeitlichen Anschluss<br />

daran erteiltes Folgemandat im Zweifel wie<strong>de</strong>rum mit <strong>de</strong>r Sozietät<br />

und nicht mit <strong>de</strong>m angesprochenen Sozius zustan<strong>de</strong>.<br />

BGH, Urt. v. 9.12.2010 – IX ZR 44/10, ZIP 2011, 129; DB 2011,<br />

170<br />

Volltext unter www.<strong>brak</strong>-<strong>mitteilungen</strong>.<strong>de</strong><br />

Besprechung:<br />

Der Sachverhalt war einfach: Die Bekl. ließ sich verschie<strong>de</strong>ntlich<br />

von einer Rechtsanwältin beraten und vertreten, die die einzige<br />

Anwaltssozia in einer Sozietät von Steuerberatern war. Die<br />

Honorarrechnungen wur<strong>de</strong>n jeweils von <strong>de</strong>r Sozietät gestellt<br />

und an diese beglichen. Die Rechtsanwältin schied aus <strong>de</strong>r<br />

Sozietät aus und rechnete unter Mitteilung dieser Tatsache das<br />

streitige Mandat gegenüber <strong>de</strong>r Mandantin ab, die an die Anwältin<br />

zahlte. Die Sozietät stellte für dasselbe Mandat eine Rechnung,<br />

die nicht beglichen und in <strong>de</strong>r Folge eingeklagt wur<strong>de</strong>.<br />

Der Honoraranspruch <strong>de</strong>r Sozietät konnte nur dann begrün<strong>de</strong>t<br />

sein, wenn sie Vertragspartei <strong>de</strong>s Mandatsvertrages war. Damit<br />

stand die Grundsatzfrage in Re<strong>de</strong>, ob ein Rechtsdienstleistungsvertrag<br />

mit einer Sozietät, also einer BGB-Gesellschaft,<br />

geschlossen wer<strong>de</strong>n kann, und ob dies auch dann geht, wenn<br />

nicht alle Sozien als Rechtsanwälte zugelassen sind.<br />

Obwohl die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die klassische<br />

und nach wie vor häufigste Form gemeinschaftlicher Berufsausübung<br />

mehrerer Rechtsanwälte miteinan<strong>de</strong>r, aber auch mit<br />

Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist, herrscht seit <strong>de</strong>r<br />

Grundsatzentscheidung <strong>de</strong>s BGH vom 29.1.2001 (NJW 2001,<br />

1056) zur Rechtsfähigkeit <strong>de</strong>r BGB-Gesellschaft weitgehen<strong>de</strong><br />

Rechtsunsicherheit über <strong>de</strong>ren Berufsausübung und das Haftungskonzept.<br />

Der II. Zivilsenat <strong>de</strong>s BGH sieht die BGB-Gesellschaft<br />

nun als rechtsfähig an und wen<strong>de</strong>t weitgehend die HGB-<br />

Vorschriften an. Danach kann eine Sozietät ohne weiteres Verträge<br />

schließen. Die Haftung <strong>de</strong>r Gesellschafter ergibt sich aus<br />

§128 HGB, auch eine Eintrittshaftung gemäß §130 HGB<br />

bejaht <strong>de</strong>r II. Zivilsenat, soweit es um allgemeine Verbindlichkeiten<br />

geht. In Anerkennung <strong>de</strong>ssen, dass berufsrechtliche<br />

Aspekte bei Freiberuflersozietäten eine wesentliche Rolle spielen,<br />

wur<strong>de</strong>n Aussagen zu Berufsausübung und Haftung für<br />

Berufsfehler vom II. Zivilsenat nicht getroffen.<br />

Der hierfür zuständige IX. Zivilsenat hatte seit 2001 noch nicht<br />

oft Gelegenheit, Ordnung in die z.T. sehr unterschiedlichen<br />

Auffassungen <strong>de</strong>r Instanzgerichte und <strong>de</strong>r Literatur zu bringen,<br />

son<strong>de</strong>rn musste sich auf Einzelprobleme beschränken. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

hatte er sich bislang nicht ausdrücklich dazu bekannt,<br />

dass die Sozietät Partei eines Rechts- o<strong>de</strong>r Steuerberatungsvertrages<br />

sein kann, so dass es auch zur Frage <strong>de</strong>r akzessorischen<br />

Haftung <strong>de</strong>r Sozien nicht kommen konnte.<br />

Bei <strong>de</strong>r vorgreiflichen Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen<br />

die Gesellschaft selbst Partei eines Mandatsvertrages<br />

sein kann, spielen insbeson<strong>de</strong>re die betroffenen Berufsrechte<br />

eine Rolle, <strong>de</strong>nn nur wer gemäß §4BRAO zur Rechtsanwaltschaft<br />

zugelassen ist, darf (im Streitfall noch nach Art. 1 §3<br />

Nr. 2 RBerG) rechtsberatend tätig wer<strong>de</strong>n, nur die in §3<br />

StBerG genannten Personen bzw. Gesellschaften dürfen Steuerberatung<br />

ausüben. Die BGB-Gesellschaft wird in keiner <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Vorschriften genannt. Der Gesetzgeber hat hier trotz<br />

bestehen<strong>de</strong>r Gelegenheit z.B. bei Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s StBerG im Jahr<br />

2008 nicht nachgebessert, woraus z.T. geschlossen wird, dass<br />

die Berufsausübung durch die BGB-Gesellschaft selbst auch<br />

nicht gewollt ist (vgl. Matz/Henkel, VersR 2010, 1406, 1414).<br />

Der IV. Zivilsenat hat hier – wie auch das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

Instanzgericht – offenbar trotz<strong>de</strong>m keinerlei Be<strong>de</strong>nken. Im<br />

Beschluss vom 17.9.2008 (NJW 2009, 440) zur Beiordnung<br />

einer Sozietät im Rahmen <strong>de</strong>r Prozesskostenhilfe heißt es, dass<br />

spätestens mit <strong>de</strong>r BGH-Entscheidung vom 29.1.2001 eine<br />

grundlegen<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r rechtlichen Anschauung eingetreten<br />

sei und somit die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts in einer <strong>de</strong>n Schutzbereich <strong>de</strong>s Art. 3Abs. 1 GG berühren<strong>de</strong>n<br />

Weise benachteiligt wür<strong>de</strong>, wenn sie nicht beiordnungsfähig<br />

wäre.<br />

Der IX. Zivilsenat hat sich in kleinen Schritten herangetastet.<br />

Die ersten Entscheidungen (z.B. vom 26.6.2008, NJW-RR<br />

2008, 1594) konnten noch auf <strong>de</strong>n Vertrauensschutz im Hinblick<br />

auf die Rechtsprechungsän<strong>de</strong>rung gestützt wer<strong>de</strong>n. Im<br />

Urteil vom 5.2.2009 (BGH, NJW 2009, 1597) war ein Han<strong>de</strong>ln<br />

<strong>de</strong>s Sozius namens <strong>de</strong>r Sozietät nicht feststellbar. In zwei Urteilen<br />

vom 26.1.2006 (NJW-RR 2006, 1071), in <strong>de</strong>nen es um<br />

Honoraransprüche einer Steuerberatersozietät ging, hatte sich<br />

<strong>de</strong>r IX. Zivilsenat zu <strong>de</strong>r Frage, ob überhaupt eine Mandatierung<br />

<strong>de</strong>r BGB-Gesellschaft (in jenem Fall zur Steuerberatung)<br />

möglich war, ebenfalls nicht abschließend geäußert. Immerhin<br />

heißt es dort, dass an eine analoge Anwendung <strong>de</strong>s §3Nr. 1<br />

und 2 StBerG auf Sozietäten gedacht wer<strong>de</strong>n könne, dies allerdings<br />

nur dann, wenn sämtliche Sozien berufsrechtlich befugt<br />

sind (was dort nicht <strong>de</strong>r Fall war).<br />

Der hier zu entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Sachverhalt wirft dieselben Fragen<br />

auf: In <strong>de</strong>r interprofessionellen Sozietät sind die Steuerberatersozien<br />

nicht zur Rechtsberatung befugt. Konnte also die klagen<strong>de</strong><br />

BGB-Gesellschaft <strong>de</strong>n Mandatsvertrag wirksam abschließen<br />

Der – seit <strong>de</strong>n Entscheidungen vom 26.1.2006 personell<br />

komplett umbesetzte – IX. Zivilsenat betrachtet die Frage<br />

nun ebenfalls im Lichte <strong>de</strong>s Grundgesetzes und bejaht unter<br />

Berufung auf Art. 12 Abs. 1 GG das Recht zur typischen Betätigung<br />

vom Gesetz zugelassener Rechtsberatersozietäten, sofern<br />

diese rechtsfähig sind. §59a BRAO (<strong>de</strong>r die interprofessionelle<br />

Zusammenarbeit gesetzlich anerkennt) sei verfassungskonform<br />

dahingehend auszulegen, dass <strong>de</strong>r Mandatsvertrag mit <strong>de</strong>r Sozietät<br />

geschlossen wer<strong>de</strong>n könne. Die Erbringung <strong>de</strong>r Rechts-

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