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58 Aufsätze BRAK-Mitt. 2/2011<br />
Diskussionspapier <strong>de</strong>s BRAK-Präsidiums zur Berufsethik <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />
Erteilt die Rechtsanwaltskammer die Auskunft nach Anhörung<br />
<strong>de</strong>s Rechtsanwalts, so ist <strong>de</strong>m Rechtsanwalt nach <strong>de</strong>r Auskunftserteilung<br />
diese Entscheidung mitzuteilen. Ob es sich dabei<br />
um einen Verwaltungsakt han<strong>de</strong>lt, ist in <strong>de</strong>r Regel nicht entschei<strong>de</strong>nd.<br />
14 Denn <strong>de</strong>r Rechtsanwalt kann <strong>de</strong>n Verwaltungsakt<br />
gegenüber <strong>de</strong>m Dritten aus eigenem Recht anfechten, da er ja<br />
durch <strong>de</strong>n Verwaltungsakt belastet ist. Für eine solche Klage<br />
sind jetzt nach §112a BRAO die Anwaltsgerichtshöfe zuständig.<br />
Sinnvoll ist es auch, um die Klagefrist in Gang zu setzen,<br />
die Information <strong>de</strong>s Anwalts mit einer Rechtsbehelfsbelehrung<br />
zu versehen, damit die Monats- und nicht die Jahresfrist nach<br />
§58 Abs. 1 VwGO zu laufen beginnt.<br />
14 S. dazu Wolff/Brink, Ba<strong>de</strong>r/Ronellenfitsch, Beck’scher Online Kommentar<br />
VwVfG §35 Rdnr. 138 ff.<br />
Ob es sinnvoll ist, dass über <strong>de</strong>n gleichen Sachverhalt zwei<br />
unterschiedliche Gerichtszweige entschei<strong>de</strong>n, kann durchaus<br />
bezweifelt wer<strong>de</strong>n. Richtig wäre es, wenn für die Auslegung<br />
<strong>de</strong>r BRAO hier insgesamt die Anwaltsgerichtshöfe zuständig<br />
wären.<br />
IV. Zusammenfassung<br />
Nach <strong>de</strong>r gelten<strong>de</strong>n Gesetzeslage <strong>de</strong>s §51 Abs. 6Satz 2BRAO<br />
und <strong>de</strong>s §2 Abs. 1 Nr. 11 DL-InfoV hat <strong>de</strong>r Mandant <strong>de</strong>s<br />
Rechtsanwalts einen weitgehen<strong>de</strong>n Anspruch darauf zu erfahren,<br />
bei wem <strong>de</strong>r Rechtsanwalt eine Haftpflichtversicherung<br />
unterhält. Im Interesse <strong>de</strong>s Mandantenschutzes ist dies auch<br />
richtig. Die Fälle <strong>de</strong>r erkennbar unberechtigten Auskunftsansprüche<br />
lassen sich mit einer sorgfältigen Prüfung in <strong>de</strong>n Griff<br />
bekommen. Die enge Auslegung <strong>de</strong>s VG Hamburg ist nicht zutreffend.<br />
Diskussionspapier <strong>de</strong>s BRAK-Präsidiums zur Berufsethik <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte<br />
Stand: 30.8.2010<br />
In letzter Zeit ist das Thema anwaltliche Berufsethik wie<strong>de</strong>r verstärkt<br />
diskutiert wor<strong>de</strong>n. Vor zwei Jahren hat die BRAK eine<br />
Kommission gebil<strong>de</strong>t, die nicht nur aus Rechtsanwälten, son<strong>de</strong>rn<br />
auch aus einer Richterin und zwei Hochschulprofessoren<br />
besteht und die sich mit ethischen Fragestellungen im Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>r anwaltlichen Berufsausübung befasst. Diese<br />
Kommission ist nicht mit <strong>de</strong>r Zielvorgabe gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n,<br />
(verbindliche) ethische Grundsätze für die Anwaltschaft zu formulieren.<br />
Vielmehr stellt sich zunächst die Frage, ob überhaupt<br />
Bedarf an eigenständigen ethischen Regeln besteht, die über<br />
das geschriebene Berufsrecht hinausgehen. Aufgabe <strong>de</strong>r Ethikkommission<br />
war es <strong>de</strong>shalb zunächst, das Thema Ethik anhand<br />
unterschiedlicher Bereiche und praktischer Aspekte anwaltlicher<br />
Berufsausübung zu diskutieren.<br />
Der nachfolgen<strong>de</strong> Beitrag ist ein Diskussionspapier <strong>de</strong>s Präsidiums<br />
<strong>de</strong>r BRAK, das auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r Vorüberlegungen<br />
<strong>de</strong>r Kommission entstan<strong>de</strong>n ist. Das Thesenpapier wird <strong>de</strong>rzeit<br />
in <strong>de</strong>n Rechtsanwaltskammern diskutiert.<br />
I. Zur Notwendigkeit einer Berufsethik<br />
1. Die Freiheit <strong>de</strong>r Berufsausübung ist für die Anwaltschaft in<br />
stärkerem Maße Bindungen unterworfen als die Freiheit <strong>de</strong>r<br />
meisten an<strong>de</strong>ren Berufe. Dies fin<strong>de</strong>t seine Rechtfertigung im<br />
Gemeinwohlbezug anwaltlicher Tätigkeit und <strong>de</strong>m Informationsgefälle<br />
zwischen Anwaltschaft und rechtsuchen<strong>de</strong>m Bürger.<br />
Der Schutz <strong>de</strong>r anvertrauten Mandanteninteressen und <strong>de</strong>r Gemeinwohlbezug<br />
anwaltlicher Tätigkeit sind <strong>de</strong>shalb die Maßstäbe<br />
für notwendige o<strong>de</strong>r wünschenswerte Bindungen durch<br />
Berufsrecht und Berufsethik.<br />
2. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte üben einen Vertrauensberuf<br />
aus. Ihnen ist ein für je<strong>de</strong>n einzelnen, aber auch für<br />
die staatliche Gemeinschaft beson<strong>de</strong>rs wichtiges Gut anvertraut:<br />
das Recht. Dieses Gut überantwortet <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen im Vertrauen auf<br />
eine unabhängige und kompetente Interessenvertretung, die<br />
staatliche Gemeinschaft im Vertrauen auf eine geordnete<br />
Rechtspflege.<br />
3. Vertrauen kann nicht <strong>de</strong>kretiert, son<strong>de</strong>rn muss gewonnen<br />
wer<strong>de</strong>n. Wer Vertrauen missbraucht, verliert das Vertrauen.<br />
Wer Vertrauen an sich bin<strong>de</strong>n will, muss sich selber bin<strong>de</strong>n.<br />
Die Berufsethik <strong>de</strong>r Anwaltschaft muss <strong>de</strong>shalb eine Vertrauensethik<br />
sein.<br />
4. Anwaltliche Berufsethik kann und darf nicht dazu dienen,<br />
anwaltliches Han<strong>de</strong>ln nach <strong>de</strong>n Maßstäben <strong>de</strong>s jeweiligen<br />
Zeitgeistes zu legitimieren. Vielmehr muss sie <strong>de</strong>r Gerechtigkeitsi<strong>de</strong>e<br />
als eigenem kategorischen Imperativ verpflichtet bleiben<br />
und ihre Anfor<strong>de</strong>rungen auf die beson<strong>de</strong>re Funktion <strong>de</strong>r<br />
Anwaltschaft bei <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong>s Rechts ausrichten.<br />
5. Das normierte Berufsrecht enthält Bindungen <strong>de</strong>r Anwaltschaft<br />
an Min<strong>de</strong>ststandards für ein vertrauensbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Verhalten.<br />
Schon diese Min<strong>de</strong>ststandards können aber nur im Bewusstsein<br />
und <strong>de</strong>r Akzeptanz ihrer berufsethischen Grundlagen<br />
normgerecht gelebt wer<strong>de</strong>n. Zu<strong>de</strong>m erzeugt ihre Beachtung<br />
naturgemäß nur ein Min<strong>de</strong>stmaß an Vertrauen. Je<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ln<br />
in ihrem Grenzbereich gefähr<strong>de</strong>t das Vertrauen und je<strong>de</strong>r Verstoß<br />
gegen sie führt zum Verlust <strong>de</strong>s Vertrauens. Wer mehr will,<br />
muss sich <strong>de</strong>shalb nicht nur normgerecht verhalten, son<strong>de</strong>rn in<br />
einem – sanktionsfreien – Akt <strong>de</strong>r Selbstbindung auch weitergehen<strong>de</strong>n<br />
Bindungen unterwerfen: <strong>de</strong>r Berufsethik.<br />
6. Die Notwendigkeit einer Berufsethik bejahen heißt nicht,<br />
dass diese Ethik auch in einem allgemein verbindlichen Ko<strong>de</strong>x<br />
nie<strong>de</strong>rgelegt wer<strong>de</strong>n müsste. Vielmehr geht es darum, allen<br />
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die beson<strong>de</strong>re,<br />
über das normierte Berufsrecht hinausgehen<strong>de</strong> ethische Dimension<br />
ihres Berufs bewusst zu machen und in einen Diskurs<br />
über konkrete Konflikte und <strong>de</strong>ren Lösung einzutreten.<br />
Auf diese Weise wird das Vertrauen <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong>n und<br />
<strong>de</strong>r Rechtsgemeinschaft in <strong>de</strong>n Berufsstand gerechtfertigt und<br />
geför<strong>de</strong>rt.<br />
II. Zu <strong>de</strong>n Werten anwaltlicher Berufsethik im Allgemeinen<br />
1. In <strong>de</strong>n §§ 43 und 43a BRAO sowie 2 und 3 BORA wird eine<br />
Reihe von Grundwerten angesprochen, <strong>de</strong>nen sich weitere,