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80 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 2/2011<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Wi<strong>de</strong>rruf – Zur Unwirksamkeit einer Ersatzzustellung in<br />
<strong>de</strong>n bisherigen Kanzleiräumen<br />
BRAO §16 Abs. 6a.F.; ZPO §178, §180<br />
Ist die Zulassung <strong>de</strong>s Rechtsanwalts bestandskräftig wi<strong>de</strong>rrufen,<br />
o<strong>de</strong>r die sofortige Vollziehung <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rrufsverfügung angeordnet,<br />
kann eine Ersatzzustellung nach §§ 178, 180 ZPO in <strong>de</strong>n bisherigen<br />
Kanzleiräumen grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Dies gilt auch dann, wenn <strong>de</strong>r Rechtsanwalt<br />
diese weiterhin nutzt, um seine Zulassungsangelegenheiten o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re persönliche Angelegenheiten zu betreiben.<br />
BGH, Beschl. v. 18.10.2010 – AnwZ (B) 22/10<br />
Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />
[1] I. Der Ast. war im Bezirk <strong>de</strong>r Agin. als RA zugelassen. Mit<br />
Bescheid v. 6.3.2009 hat die Agin. die Zulassung wegen Vermögensverfalls<br />
wi<strong>de</strong>rrufen und die sofortige Vollziehung <strong>de</strong>s<br />
Bescheids angeordnet. Dagegen hat <strong>de</strong>r Ast. fristgemäß Antrag<br />
auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Dieser Bescheid ist nicht<br />
Gegenstand <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Verfahrens. Mit Bescheid v.<br />
2.6.2009 hat die Agin. die Zulassung erneut wi<strong>de</strong>rrufen, weil<br />
<strong>de</strong>r Ast. nicht die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung<br />
unterhalten hat. Dieser Bescheid ist bestandskräftig<br />
gewor<strong>de</strong>n. Seinen nach Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags<br />
gestellten Antrag, das zweite Wi<strong>de</strong>rrufsverfahren wie<strong>de</strong>r<br />
aufzunehmen und <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rrufsbescheid v. 2.6.2009 aufzuheben,<br />
hat die Agin. am 30.7.2009 abgelehnt. Der dagegen<br />
gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit <strong>de</strong>m er<br />
begehrt hat, <strong>de</strong>n Bescheid v. 30.7.2009, <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rrufsbescheid<br />
v. 2.6.2009 und die am 16.7.2009 erfolgte Bestellung<br />
eines Kanzleiabwicklers aufzuheben, blieb ohne Erfolg. Dagegen<br />
wen<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Ast. mit seiner sofortigen Beschwer<strong>de</strong>.<br />
[2] II. 1. Die sofortige Beschwer<strong>de</strong> ist, soweit sie auf die Aufhebung<br />
<strong>de</strong>s Bescheids v. 30.7.2009 und <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufsbescheids<br />
abzielt, zulässig, insbeson<strong>de</strong>re rechtzeitig eingelegt.<br />
[3] Die am 20.2.2010 erfolgte Zustellung <strong>de</strong>s angefochtenen<br />
Beschlusses durch Einlegen in <strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n ehemaligen Kanzleiräumen<br />
<strong>de</strong>s Ast. gehören<strong>de</strong>n Briefkasten hat die zweiwöchige<br />
Beschwer<strong>de</strong>frist (§ 215 Abs. 2 BRAO, §42 Abs. 4 BRAO a.F.)<br />
nicht in Lauf gesetzt.<br />
Ersatzzustellung<br />
ist unwirksam<br />
Wie <strong>de</strong>r Senat mit Beschl. v.<br />
8.2.2010 (AnwZ [B] 91/08<br />
Rdnr. 3, juris) entschie<strong>de</strong>n hat,<br />
kann nach Wirksamwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
Anordnung <strong>de</strong>s Sofortvollzugs <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufs eine Ersatzzustellung<br />
in <strong>de</strong>r Kanzlei grundsätzlich nicht mehr wirksam vorgenommen<br />
wer<strong>de</strong>n. Denn mit <strong>de</strong>m dadurch bewirkten Berufsverbot<br />
(§ 16 Abs. 6BRAO a.F. i.V.m. §155 Abs. 2 BRAO) verliert<br />
die Kanzlei im Allgemeinen, je<strong>de</strong>nfalls wenn <strong>de</strong>r Betroffene<br />
<strong>de</strong>n Geschäftsbetrieb nicht ungeachtet <strong>de</strong>s Verbots fortführt,<br />
ihre Eigenschaft als Geschäftsraum i.S.d. §§ 178, 180 ZPO.<br />
Allein <strong>de</strong>r Umstand, dass <strong>de</strong>r RA die früheren Kanzleiräume<br />
noch für eine gewisse Zeit weiter nutzt, etwa um von dort aus<br />
seine Zulassungsangelegenheit (§ 155 Abs. 4 BRAO) o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re persönliche Angelegenheiten zu betreiben, führt nicht<br />
dazu, dass es sich hierbei, wie es für eine Ersatzzustellung nach<br />
§§ 178, 180 ZPO erfor<strong>de</strong>rlich wäre, um einen <strong>de</strong>m Publikumsverkehr<br />
dienen<strong>de</strong>n Geschäftsraum han<strong>de</strong>lt, an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r RA zur<br />
Zeit <strong>de</strong>r Zustellung regelmäßig seiner Berufsausübung nachgeht.<br />
Gleiches gilt, wenn – wie hier – die Zulassung im Zeitpunkt<br />
<strong>de</strong>r Zustellung in <strong>de</strong>r früheren Kanzlei bereits bestandskräftig<br />
wi<strong>de</strong>rrufen war.<br />
[4] Die Grundsätze über die<br />
Zustellung kraft Rechtsscheins,<br />
die in Betracht kommt, wenn<br />
<strong>de</strong>r RA trotz Anordnung <strong>de</strong>r<br />
sofortigen Vollziehung o<strong>de</strong>r<br />
Grundsätze <strong>de</strong>s<br />
Rechtsscheins greifen<br />
nicht ein<br />
bestandskräftigem Zulassungswi<strong>de</strong>rruf gegenüber <strong>de</strong>m rechtsuchen<strong>de</strong>n<br />
Publikum <strong>de</strong>n Anschein erweckt, er unterhalte weiterhin<br />
eine Kanzlei (vgl. BGH, Beschl. v. 16.6.1993 – VIII ZB 39/<br />
93, NJW-RR 1993, 1083; MünchKommZPO/Häublein, 3. Aufl.,<br />
§178 Rdnr. 22), greifen hier nicht ein, weil sowohl die Agin.<br />
als auch <strong>de</strong>r AGH Kenntnis davon hatten, dass die Zulassung<br />
<strong>de</strong>s Ast. bestandskräftig wi<strong>de</strong>rrufen war.<br />
[5] Hiervon ausgehend war die am 9.3.2010 eingegangene<br />
Beschwer<strong>de</strong> rechtzeitig.<br />
[6] 2. Die sofortige Beschwer<strong>de</strong> bleibt jedoch in <strong>de</strong>r Sache<br />
ohne Erfolg. Der Antrag, das Wi<strong>de</strong>rrufsverfahren analog §51<br />
VwVfG wie<strong>de</strong>r aufzunehmen, ist unzulässig.<br />
[7] a) Ein mit bestandskräftigem Bescheid abgeschlossenes<br />
Wi<strong>de</strong>rrufsverfahren kann nicht in entsprechen<strong>de</strong>r Anwendung<br />
von §51 VwVfG wie<strong>de</strong>r aufgenommen wer<strong>de</strong>n. Die früher<br />
erteilte Zulassung <strong>de</strong>s RA ist mit <strong>de</strong>r Bestandskraft <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufs<br />
endgültig erloschen. Eine erneute Zulassung kann nur<br />
noch in <strong>de</strong>m dafür nach §§ 6ff. BRAO vorgesehenen Zulassungsverfahren<br />
erfolgen. Dafür ist erfor<strong>de</strong>rlich, dass <strong>de</strong>r Bewerber<br />
einen Antrag auf (Wie<strong>de</strong>r-)Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
stellt. Ein Wie<strong>de</strong>raufleben <strong>de</strong>r früheren Zulassung durch<br />
Aufhebung eines früheren Zulassungswi<strong>de</strong>rrufs – etwa in einem<br />
Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahren entsprechend §51 VwVfG – kommt<br />
hingegen nicht in Betracht (Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl.,<br />
§14 Rdnr. 99ff.).<br />
[8] Ob die Regelungen <strong>de</strong>r §§ 48, 49 und 51 VwVfG es in<br />
ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich ermöglichen, einen<br />
Verwaltungsakt durch Aufhebung von <strong>de</strong>ssen Rücknahme wie<strong>de</strong>r<br />
in Kraft zu setzen (vgl. zum Streitstand Stelkens/Bonk/<br />
Sachs, VwVfG, 7. Aufl., §48 Rdnr. 249 ff.), bedarf hier keiner<br />
Vertiefung, <strong>de</strong>nn diese Vorschriften sind im Zulassungsverfahren<br />
nach altem Recht nur heranzuziehen, wenn die spezialgesetzliche<br />
Regelung eine Lücke aufweist (BGH, Beschl. v.<br />
24.4.1989 – AnwZ [B] 68/88, BGHZ 107, 283). Das ist bezogen<br />
auf das Verfahren <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rzulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
nicht <strong>de</strong>r Fall. Die Wie<strong>de</strong>rzulassung erfolgt ebenso wie<br />
die erstmalige Zulassung zur Rechtsanwaltschaft auf Antrag,<br />
<strong>de</strong>m nur zu entsprechen ist, wenn <strong>de</strong>r Bewerber die Zulassungsvoraussetzungen<br />
erfüllt und Versagungsgrün<strong>de</strong> nach §7<br />
BRAO nicht bestehen. Dieses Verfahren wür<strong>de</strong> unterlaufen,<br />
wäre die Prüfung in einem Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahren entsprechend<br />
§51 VwVfG auf die Frage verengt, ob die <strong>de</strong>n früheren<br />
Wi<strong>de</strong>rrufsbescheid tragen<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong> weggefallen sind.<br />
[9] Den danach erfor<strong>de</strong>rlichen Antrag auf Wie<strong>de</strong>rzulassung hat<br />
<strong>de</strong>r Ast. ausdrücklich nicht gestellt. Er begehrt ausschließlich<br />
die Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>s zweiten Wi<strong>de</strong>rrufsverfahrens analog<br />
§51 VwVfG mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Aufhebung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rrufsbescheids<br />
v. 2.6.2009 und <strong>de</strong>r seiner Ansicht nach daran anknüpfen<strong>de</strong>n<br />
Folge, dass seine frühere Zulassung wie<strong>de</strong>r auflebt.<br />
Auf diese Weise möchte er die Prüfung im Wie<strong>de</strong>raufnahmeverfahren<br />
auf die Frage beschränken, ob <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bescheid tragen<strong>de</strong><br />
Wi<strong>de</strong>rrufsgrund <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Berufshaftpflichtversicherung<br />
fortbesteht. An<strong>de</strong>re Grün<strong>de</strong>, die nach §7 BRAO einer<br />
(Wie<strong>de</strong>r-)Zulassung entgegenstehen können, insbeson<strong>de</strong>re ein<br />
etwa bestehen<strong>de</strong>r Vermögensverfall, sollen außer Betracht bleiben.<br />
Dies ist aus <strong>de</strong>n dargelegten Grün<strong>de</strong>n nicht zulässig.<br />
[10] b) Etwas an<strong>de</strong>res ergibt sich entgegen <strong>de</strong>r Ansicht <strong>de</strong>s Ast.<br />
auch nicht aus <strong>de</strong>r von ihm zitierten Rechtsprechung <strong>de</strong>s Senats<br />
zur Reichweite <strong>de</strong>r materiellen Rechtskraft von Zulassungsentscheidungen.<br />
Diese Rechtsprechung betrifft die Frage,<br />
unter welchen Voraussetzungen einem erneuten Zulassungsantrag<br />
die Rechtskraft einer früheren Entscheidung über die Versagung,<br />
<strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rruf o<strong>de</strong>r die Rücknahme <strong>de</strong>r Anwaltszulassung<br />
entgegengehalten wer<strong>de</strong>n kann. Danach können die Beteiligten<br />
<strong>de</strong>nselben Verfahrensgegenstand nach rechtskräftigem Ab-