Chronik von RAD-Rennsportveranstaltungen in Mecklenburg ...

28.01.2002: OSTSEE-ZEITUNG/Grevesmühlen
Christian Kolander hofft auf Bundesliga-Einsätze und bangt um seinen Übungsleiter
Radsport-Talent mit ungewisser Zukunft
Rad-Rennsportchronik - Mecklenburg-Vorpommern
Der 16-jährige Christian Kolander ist seit fast zwei Jahren Mitglied im SV Dassow. Im abgelaufenen Sportjahr sicherte sich der
Radsportler gleich drei Landesmeistertitel und ist seit Herbst Mitglied im Palmberg-Bundesliga-Team.
Dassow (OZ) Die Geschichte ist kurios: Einem Treppensturz und einem dabei gerissenen Kreuzband im linken Knie hat Christian
Kolander seinen schnellen Aufstieg in die Spitze des Norddeutschen Radsports zu verdanken.
„Nach meinem Kreuzbandriss musste ich irgendeinen Sport machen, damit sich meine Muskulatur nach der langen Schonzeit
wieder aufbaut. Da sollte Fahrradfahren ganz gut helfen“, verrät der 16-Jährige den Grund seiner Bekanntschaft mit dem Radsport. In
den Sommerferien verdiente sich Christian Kolander dann mit einem Ferienjob das Geld für ein Rennrad. „Ich wollte damals keine
Rennen fahren, sondern einfach nur mein Bein trainieren“, macht der heutige dreifache Landesmeister seine ursprünglichen
Absichten deutlich.
Irgendwann habe ihn dann sein Vater auf die Idee gebracht, sich beim aufstrebenden Sportverein in Dassow anzumelden und dort
mitzutrainieren. „Nach zwei Wochen bin ich dann mein erstes Rennen gefahren.“ Die 30 Kilometer seien ganz schön hart gewesen
und zwischendurch dachte Kolander an den Ausstieg. Doch irgendwie hat sich der Realschüler durchgebissen und wurde am Ende
Elfter von 25 Startern. Der Rennsport begann, ihm Spaß zu machen, doch an Erfolge, wie er sie im vergangenen Jahr hatte, wollte
Kolander damals noch nicht denken: „Mein Ziel war es, irgendwo im Mittelfeld mitzufahren. Einfach nur aus Spaß am Radfahren.“
Den Spaß hat der Pedaleur bis heute nicht verloren. Doch aus der Mittelklasse ist Elite auf Norddeutscher Ebene geworden. Seine
drei Landesmeistertitel holte sich Kolander im Straßenrennen, im Cross sowie beim Rundkurs durch eine Ortschaft, Kriterium
genannt. Hinzu kam noch Platz drei auf der Bahn. Bei den Norddeutschen Meisterschaften war der 16-jährige bis zur Zielgeraden in
der sechsköpfigen Führungsgruppe dabei und hatte als Sprinter alle Chancen auf eine vordere Platzierung. Doch in der letzten Kurve
hinderte ein Sturz nach einem kleinen Seitenhieb eines Gegner eine Medaille.
Trotz der Erfolge bleibt Christian Kolander aber realistisch: „Eigentlich habe ich noch nichts erreicht.“ Denn sein großes Ziel ist noch
ein ganzes Stück entfernt: Profi will er werden. Ein Stück näher gekommen ist er diesem Ziel im Herbst 2001. Denn seitdem gehört
der 16-Jährige dem Palmberg-Bundesliga-Team an. Sechzehn Junioren bilden dieses Team. Die Mannschaft wird vom fünffachen
Mannschafts-Weltmeister Falk Boden trainiert und vom großen Büromöbelhersteller aus Schönberg finanziell unterstützt. Pate dieser
Gruppe ist der gebürtige Dassower Jens Voigt, im Vorjahr Etappensieger und Träger des Gelben Trikots bei der Tour de France.
Aus den 16 Nachwuchsfahrern des Bundesliga-Teams werden bei Entscheidungsrennen Ende März die besten zehn für das Team
ausgewählt. Sechs Junioren haben dann das Nachsehen und für diese Saison keine Chance mehr auf ein Rennen in der Junioren-
Bundesliga. Um bei den Rennen in ganz Deutschland mit dabei zu sein, trainiert Christian Kolander derzeit härter denn je.
Mindestens 80 Kilometer spult das Talent sechsmal wöchentlich ab, während der Saison sind es dann meistens sogar 120 Kilometer.
„Die Leute zeigen mir häufig bei meiner Trainingsfahrt durch Dassow, Klütz und Boltenhagen einen Vogel“, erzählt Kolander von den
ungläubigen Reaktionen von Passanten oder Autofahrern.
Mit dabei ist jeden Tag Trainer Erich Eichberg. Ob auf dem Fahrrad oder im Auto, immer ist der Übungsleiter an der Seite seines
Schützlings. Doch mit diesen zeitaufwändigen Trainingseinheiten kann es bald vorbei sein. Der Grund: Eichberg ist derzeit als Rad-
Coach und Platzwart beim SV Dassow und der Stadt in einer ABM angestellt. Diese Stelle läuft aus und soll in eine
Strukturanpassungsmaßnahme (SAM) umgewandelt werden. Die Realisierung dieses Vorhabens ist aus Kostengründen aber noch
ungewiss. Die Zukunft von Christian Kolander hängt damit am seidenen Faden. Die Alternative wäre für den Junioren-Fahrer ein
Umzug nach der Schule in ein Trainingszentrum, zum Beispiel nach Rostock. „Das wäre schade, denn wir wollen unsere Talente
doch hier in der Region halten“, hofft Erich Eichberg besonders für den jungen Radfahrer, dass die Umstrukturierung seiner
Anstellung gelingt.
Wie die junge Karriere von Kolander auch immer weitergehen wird, eines ist Fakt: Der Radsport hat sein Leben völlig verändert.
Durch das tägliche Training musste der 16-jährige seinen Tagesablauf neu durchdenken und völlig anders organisieren. Neben der
Schule und dem Rennsport bleibt jetzt nicht mehr viel Freizeit. „Aber damit kann ich gut leben“, betont Kolander. Trotz des Radsports
haben sich sogar seine schulischen Leistungen verbessert. „Die Noten in der Schule müssen stimmen, wenn ich meinem Ziel näher
kommen will.“ Und dieses Ziel hat er deutlicher denn je vor Augen: Christian Kolander will Rad-Profi werden.
MIRKO BOLDT
01.02.2002: OSTSEE-ZEITUNG/Sport
Berlin – Dassow als Trainingsfahrt
Radprofi Jens Voigt setzt auf Bewährtes / Im Sommer erstmals Teamkapitän
Grevesmühlen (OZ) Der Dassower Jens Voigt, neben Jan Ullrich zweiter erfolgreicher Mecklenburger Radprofi, gibt heute sein
Saison-Debüt. Bei der Malaysia-Rundfahrt will der 30-Jährige vom französischen Rennstall Credit Agricole, im Gegensatz zu Ullrich
bei der Katar-Tour, jedoch nicht nur im Feld mitrollen: „Wenn ich starte, möchte ich auch gewinnen.“
Voigt will in dieser Saison versuchen, so nah wie möglich an die Vorjahresergebnisse heranzukommen. „Mit dem Etappensieg bei
der Tour und dem Tag im Gelben Trikot ist das eigentlich nicht zu toppen", meint der Blondschopf, dem bereits 8000
Trainingskilometer in den Beinen stecken.
Nach dem Wechsel seines bisherigen Teamkollegen Bobby Julich zum Team Telekom steht Jens Voigt nun mit Christoph Moreau
an der Spitze von Credit Agricole. Im Juni führt er das Team bei dessen Deutschland-Tour-Premiere erstmals als Kapitän an. Zuvor
macht Voigt Mitte Mai noch einen kurzen Abstecher in seine Heimatstadt. Als letzte Trainingseinheit vor der Bayern-Rundfahrt setzt
er sich in Berlin aufs Rad, fährt die 240 Kilometer zu seinen Eltern nach Dassow, übernachtet dort und radelt am nächsten Tag
zurück. „Das hab' ich in den vergangenen beiden Jahren auch so gemacht und anschließend die Bayern-Rundfahrt gewonnen“, sagt
Voigt, „also werde ich nicht davon abgehen".
Gut möglich, dass Jens ab 2003 öfter mit dem Rennrad in Dassow vorbeischaut. Denn voraussichtlich am Jahresende wird er sein
Haus nahe Toulouse aufgeben und seinen Wohnsitz nach Berlin verlagern. „Die Kinder kommen allmählich in ein Alter, in dem der
Papa einfach immer da sein muss", begründet der zweifache Familienvater.
Für dieses Jahr erwartet Voigt bei der Frankreich-Rundfahrt erneut einen Zweikampf Ullrich/Armstrong. „Ulli muss diesmal wirklich
alles daran setzen, die Tour zu gewinnen. Wenn er wieder verliert, hat er schnell das Image des ewigen Zweiten weg", glaubt Voigt,
der seinen Kumpel Jan Ullrich nach wie vor für das derzeit größte Radsporttalent hält.
Dem seit dieser Saison dritten Radprofi aus M-V, Dirk Reichl aus Bad Doberan, empfiehlt Voigt, „einfach draufloszufahren.
Abwarten bringt nichts. Sonst wird man schnell zum ,Wasserträger' degradiert", kennt er die Gesetze der Branche.
HEIKO OLDÖRP
Radsprtverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., Christian Herzog
02.01.2011 21:57:31
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