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Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel

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Die Suche nach möglichen, lebbaren, gar erfolgreichen Positionierungen von Architektinnen<br />

im Berufsfeld dauert an. 6 Sie wird von konkurrierenden Lebensmodellen<br />

<strong>und</strong> häufig hochemotionalen Diskussionen überschattet. Dabei scheinen<br />

die Wahrnehmungen von Architektinnen <strong>und</strong> die Sichtweisen auf Frauen im Berufsfeld<br />

auf komplexe Weise mit den Schwierigkeiten dieser Suche verwoben,<br />

„intertwained“ (Linda Nochlin) oder „embedded” (Ruth Schwartz Cowan) zu sein.<br />

Auch der Blick auf Architektinnen früherer Generationen kann sich diesen verschiedenen<br />

Sichtweisen nicht entziehen. Deshalb war ich ungemein erleichtert,<br />

als Angelika Wetterer aufzeigte, dass die Professionalisierungstheorie Schneisen<br />

in diesen Interpretations- <strong>und</strong> Wahrnehmungsdschungel schlagen kann, Strukturen<br />

hinter Berufskozdizes <strong>und</strong> (Legitimations-)Diskursen sichtbar werden lässt. Im<br />

Sinne der Beleuchtung <strong>und</strong> Differenzierung struktureller Dimensionen von Geschlechterkonstruktionen<br />

in der Architektur wurde die vorliegende Untersuchung<br />

unternommen. Denn so dezisionistisch <strong>und</strong> pragmatisch Aulentis Statement auch<br />

sein mag, sobald der Diskurs über das Verhältnis von Frauen zu Architekturen in<br />

der Welt ist - <strong>und</strong> das war er mit dem Auftauchen der ersten Architektinnen im<br />

Berufsfeld - ist er durch Tabuisierung nicht zum Verschwinden zu bringen. Und<br />

offenbar handelt es sich um einen dieser wirkmächtigen Legitimationsdiskurse,<br />

die ein ganzes Berufsfeld geschlechterhierarchisch strukturieren, Architektinnen<br />

vom Bauen abhalten <strong>und</strong> ihre Ideen, Projekte <strong>und</strong> Bauten zum Verschwinden<br />

bringen können. Eine vergleichende Betrachtung ehemaliger <strong>Bauhaus</strong>- <strong>und</strong> <strong>Tessenow</strong>studentinnen<br />

eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, einmal nachzusehen,<br />

was es mit den immer wieder akklamierten ‘Schulen’ in der Architektur auf<br />

sich hat <strong>und</strong> wie verschiedene Haltungen in der Architektur mit der Gretchenfrage<br />

des Geschlechterverhältnisses - Geschlechtersymmetrie versus Geschlechterhierarchie<br />

- korrespondieren. Die Beleuchtung von Genderaspekten in der Architektur<br />

ist deshalb weniger eine feministische Fingerübung anhand baugeschichtlicher<br />

Fragestellungen als die Suche nach der Konstruktion von Architektur, dem<br />

Verhältnis von Produktion <strong>und</strong> Produkt, Berufsfeld <strong>und</strong> Rezeption <strong>und</strong> den hierbei<br />

agierenden, i.d.R. nicht geschlechtslosen Individuen. Gerade die Wechselwirkungen<br />

<strong>und</strong> Widersprüche zwischen Haltungen <strong>und</strong> Ansprüchen in der Architektur<br />

lassen Hemmnisse wie Möglichkeiten sichtbar werden.<br />

Eine retrospektive Untersuchung birgt jedoch keine Rezepte für die Gegenwart.<br />

Dies sei im Hinblick auf manche vorab geäußerten Erwartungen bereits an dieser<br />

Stelle nachdrücklich betont. Dennoch wurde diese Arbeit auch in der Hoffnung<br />

unternommen, dass auf der Basis historischer Erkenntnisse die Potentiale <strong>und</strong><br />

Chancen von Architektinnen konkreter erkannt, initiiert, gefördert <strong>und</strong> genutzt<br />

werden mögen.<br />

Die Rekonstruktionen der Werkbiografien waren nur deshalb möglich, weil manche<br />

der ehemaligen Studentinnen sowie ehemalige KommilitonInnen in zumeist<br />

langen Gesprächen zahlreiche Informationen <strong>und</strong> Details erinnerten. Viele Familienangehörige<br />

dieser Architektinnen unterstützten mein Vorhaben mit Informationen<br />

<strong>und</strong> Materialien, durch st<strong>und</strong>en-, oft tagelange Einsichtnahme in privat nachgelassene<br />

Materialien. Ihnen allen verdanke ich meine wichtigsten Quellen <strong>und</strong><br />

zahlreiche besondere Begegnungen.<br />

1 Colomina, Beatriz: Battle Lines E.1027, in: Hughes, Francesca (Hg.): The architect: reconstructing<br />

her practice, Cambridge, 1996, S.2<br />

2 Initiiert <strong>und</strong> organisiert von einer kleinen Gruppe Architekturstudentinnen fand unter diesem Titel im<br />

Sommersemester 1990 eine Gastvortragsreihe am Fachbereich Architektur der HdK Berlin statt, bei<br />

der u.a. Karen van Lengen, Ria Smit <strong>und</strong> Madeleine Steigenga, Claude Bétrix, Marianne Burkhalter<br />

<strong>und</strong> Verena Dietrich Werkvorträge hielten.<br />

<strong>Bauhaus</strong>- <strong>und</strong> <strong>Tessenow</strong>schülerinnen<br />

Für die großzügige Bereitstellung von Archivalien danke ich insbesondere Ines<br />

Hildebrand von der Stiftung Schriftenarchiv <strong>Bauhaus</strong> Dessau, Elke Eckert vom<br />

<strong>Bauhaus</strong> Archiv Berlin <strong>und</strong> Theodor Böll vom Heinrich-<strong>Tessenow</strong>-Archiv. Außerdem<br />

unterzog sich Dr. Otto Kindt der Mühe, meine Suche nach <strong>Tessenow</strong>s zahlreichen<br />

Äußerungen über das Geschlechterverhältnis durch eine Zusammenstellung<br />

entsprechender Textstellen zu unterstützen. Ihnen allen verdanke ich auch<br />

zahlreiche Anregungen.<br />

Dass sich zumindest biografische Spuren der jüdischen Architekturstudentinnen<br />

rekonstruieren ließen, verdanke ich mehreren menschlichen Glücksfällen: PD Dr.<br />

Elisabeth Brachmann-Teubner von der Gedenkbuchdatenbank des B<strong>und</strong>esarchivs,<br />

Dr. Diane Spielman vom Leo-Baeck-Institut in New York, Dr. Antje Gerlach<br />

vom Institut für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, Dr. Hermann Simon<br />

vom Centrum Judaicum <strong>und</strong> Prof. Julius Schoeps vom Moses-Mendelssohn-<br />

Zentrum Potsdam unterstützten mich ebenso kenntnis- wie einfallsreich bei der<br />

Suche nach den spurlos Verschw<strong>und</strong>enen.<br />

Und es war ein ganz besonderer Glücksfall, dass Despina Stratigakos rege Anteil<br />

an dieser Forschung nahm, sich unsere Wege in den letzten Jahren mehrfach<br />

kreuzten: Durch ihre intensiven Forschungen zu Architektinnen im Deutschen Kaiserreich<br />

wurden mancherlei Zusammenhänge erst erkennbar.<br />

Bedanken möchte ich mich auch für anregende Diskussionen im DoktorandInnenkolloquium<br />

bei Detlev Ipsen, in der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Frauenforschung<br />

an der UniGH <strong>Kassel</strong>, der Arbeitsgruppe Frauen <strong>und</strong> Professionalisierung<br />

<strong>und</strong> dem Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- <strong>und</strong> Geschlechterforschung<br />

am Fachbereich 1 der Technischen <strong>Universität</strong> Berlin. Die vorliegende Arbeit wäre<br />

ohne einen Forschungszuschuss des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Kultur im Jahre 1995, sowie eine Assistentenstelle aus dem HSPII-<br />

Programm im Land Berlin ab 1996 noch immer nicht zu einem ersten Abschluss<br />

gekommen. Hierfür möchte ich mich bei den zahlreichen Initiatorinnen <strong>und</strong> dem<br />

Zentrum für Interdisziplinäre Frauenforschung <strong>und</strong> Genderstudies an der Hochschule<br />

der Künste Berlin bedanken.<br />

Prof. Inken Baller <strong>und</strong> Prof. Detlev Ipsen danke ich für ihr jahrelanges Vertrauen<br />

in die Relevanz dieses Vorhabens, Prof. Elsa Prochazka <strong>und</strong> Prof. Maya Reiner<br />

für ihre eigenen Blickwinkel auf diese Forschung.<br />

Diese Arbeit ist auch das Ergebnis von Hinweisen, Anregungen <strong>und</strong> Ermunterungen<br />

zahlreicher Menschen aus meinem privaten Umfeld. Sie wurde darüber hinaus<br />

in den Arbeitszusammenhängen, in denen diese Forschung nicht immer erwünscht<br />

war, von einigen wichtigen Menschen gefördert. Ihnen sei auch an dieser<br />

Stelle herzlich gedankt. Namentlich nennen möchte ich Irene Schicker-Ney<br />

<strong>und</strong> Peter Barozzi, ohne deren unerschütterliches Vertrauen in dieses Projekt diese<br />

Dissertation nicht existierte.<br />

Berlin, im Juni 2003 Isabel Bauer<br />

3 Hier wurde „Die Nazifizierung der Kunst- <strong>und</strong> Musikhochschulen in Berlin“ von Christine Fischer-<br />

Defoy in den 1980er Jahren dokumentiert <strong>und</strong> analysiert. Vgl. Fischer-Defoy, Christine: Kunst<br />

Macht Politik. Berlin, 1987. Zum Umgang mit diesem Themenkomplex siehe auch das nicht minder<br />

spannende Buch derselben Autorin: „Kunst, im Aufbau ein Stein” Die Westberliner Kunst- <strong>und</strong><br />

Musikhochschulen im Spannungsfeld der Nachkriegszeit, Berlin, 2001<br />

4 Zum weiteren Forschungsbedarf siehe Kap. 10<br />

5 Moldenhauer, Heide: Versprünge, Berlin, 1992, S.7<br />

6 Deutsches Architektenblatt, H.3, 2000, S.3

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