Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
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78 <strong>Tessenow</strong> kannte Familie Pfeiffer, war anlässlich seiner Besuche<br />
in <strong>Kassel</strong> dort mehrfach zu Gast. Vgl. Biografie Pfeiffer.<br />
79 Auf den Karteikarten von Studentinnen ist nach dem Diplom<br />
i.d.R. kein aktualisierter Adresseintrag mehr zu finden.<br />
80 Karte H.T. an Karl Gunkel, Neubrandenburg 27.6.1941, NL Pfeiffer<br />
81 Vgl. Biografie Nießen.<br />
82 „Als meine Zeit bei <strong>Tessenow</strong> zu Ende war, verdingte ich mich<br />
bei einem Bauunternehmer, danach bei einem Tischlermeister.<br />
(..) Dann verließ ich Berlin <strong>und</strong> arbeitete in Freiburg bei einem<br />
Architekten, der Nazi war <strong>und</strong> Mütterheime entwarf. Da machte<br />
ich mich bald wieder davon, fuhr mit dem Fahrrad nach Berlin<br />
zurück <strong>und</strong> wußte zunächst nicht, was ich tun sollte. Durch Vermittlung<br />
von <strong>Tessenow</strong> bekam ich eine Anstellung bei Professor<br />
Kurt Frick in Königsberg, einem Konjunkturritter, der aber die<br />
Lehrtätigkeit weitgehend mir überließ.“ Karl Buttmann in: Roscher,<br />
Achim: Lüttenort, Das Bilder-Leben <strong>und</strong> Bild-Erleben des<br />
Malers Otto Niemeyer-Holstein, Berlin, 1989, S.108<br />
83 Huerkamp, 1996, S.150-151<br />
84 Lediglich die Promotion Marie Frommers 1919 wird an einer<br />
Architekturfakultät angenommen <strong>und</strong> bleibt lange Jahre die einzige<br />
Dissertation einer Studentin an einer Architekturfakultät. Als<br />
bspw. Helen Rosenau, die sich zum Herbst 1924 an der TH<br />
Charlottenburg für Architektur immatrikuliert hatte, über „Der<br />
Kölner Dom, seine Baugeschichte <strong>und</strong> historische Stellung“ promoviert,<br />
tut sie dies an der <strong>Universität</strong> Hamburg (1932).<br />
85 Frau <strong>und</strong> Gegenwart, 1931/32, H.6, März 1932, S.159. Dieser<br />
Entwurf für ein Studentinnenwohnheim wurde von ihr gemeinsam<br />
mit Studentinnen entwickelt.<br />
86 „Sie war in allem zur Hand“ - So sehr sich Prof. Krencker im<br />
Zeugnis auch bemüht, Karselt als zuverlässige Person, ihre Tätigkeit<br />
als verdienstvoll zu beschreiben, dies Zeugnis gibt inhaltlich<br />
wie im Duktus weniger Auskunft über die Ambition der Assistentin<br />
als die des Professors: „Sie leitete auch die umfangreiche<br />
Lichtbildsammlung, bediente während der Vorlesungen in<br />
der ganzen Zeit den Lichtbildapparat, half gelegentlich auch bei<br />
der Verwaltung der Bibliothek, sie erledigte schriftliche <strong>und</strong><br />
zeichnerische Arbeiten, widmete sich der Buch- <strong>und</strong> Kassenführung,<br />
half mit bei der Vorbereitung von Ausstellungen <strong>und</strong> Studienreisen<br />
<strong>und</strong> gab vor allem den Studenten Auskunft über alle<br />
das Fach <strong>und</strong> Studium angehenden Angelegenheiten. Sie beherrscht<br />
die Stenographie <strong>und</strong> die Schreibmaschine.“ Zeugnis<br />
Daniel Krencker für Helga Karselt vom 31.3.1935, NL Schuster<br />
ben auf architektonischem Gebiet auf einzelne Arbeiten<br />
beschränkt. Selbst die wenigen <strong>Bauhaus</strong>studentinnen,<br />
denen im Studium ein Zugang zu räumlichen<br />
Werkstätten <strong>und</strong> Architekturprojekten gelang, können<br />
aus ihrer Partizipation an Projekten, ihrer Beteiligung<br />
an der Architekturproduktion, ihrer Nähe zu den Protagonisten<br />
bei der beruflichen Etablierung keinen<br />
Vorteil ziehen. Während das Verhältnis zwischen Lehrenden<br />
<strong>und</strong> Studentinnen am <strong>Bauhaus</strong> deutlich weniger<br />
distanziert war als an Technischen Hochschulen<br />
<strong>und</strong> einzelne Studentinnen - wie bspw. Beese, Both<br />
<strong>und</strong> Wilke - beim Berufseinstieg persönliche Beziehungen<br />
zu Lehrenden nutzen können, diese Patronagen<br />
sind zeitlich nur sehr beschränkt wirksam, i.d.R.<br />
auf die Zeit einer Liaison begrenzt.<br />
Auch einige, wenige <strong>Tessenow</strong>studentinnen verfügten<br />
über ein Vertrauensverhältnis zu <strong>Tessenow</strong>, das<br />
durchaus als persönlich bezeichnet werden kann. So<br />
erinnert Hanna Blank bspw. einen Autoausflug, der<br />
Ende der zwanziger Jahre unternommen wurde, um<br />
Heinrich <strong>Tessenow</strong> anlässlich seines Geburtstages zu<br />
überraschen. Auch Lieselotte von Bonin gehört zu jenen<br />
Studierenden, die - auch nach dem Studium -<br />
den Kontakt zu <strong>Tessenow</strong> pflegen: Mensch traf sich<br />
zum Gedankenaustausch im privaten Rahmen. Etwas<br />
mittelbarer <strong>und</strong> wahrscheinlich aufgr<strong>und</strong> einer Einladung<br />
des Vaters lernt bspw. Anni Pfeiffer bereits vor<br />
ihrem Studium Heinrich <strong>Tessenow</strong> kennen. 78 Für keine<br />
Studentin wird die Nähe zu dem bewährten Baumeister<br />
beruflich wirksam. In Korrespondenz wie im<br />
privaten Umgang wahrt <strong>Tessenow</strong> gegenüber (ehemaligen)<br />
Studentinnen Distanz. Während er bei zahlreichen<br />
ehemaligen Studierenden bei Geburt eines<br />
Kindes der Bitte um Patenschaft entspricht - so übernimmt<br />
er bspw. Patenschaften für Kinder von Schneider/Ehren,<br />
Pfeiffer/Gunkel <strong>und</strong> von Bonin - zu ehemaligen<br />
Studentinnen pflegt er nach Beendigung des<br />
Studiums nur ausnahmsweise Kontakte. 79 Als seine<br />
ehemalige Diplomandin Anni Pfeiffer das erste Zwillingspaar<br />
zur Welt bringt, übermittelt <strong>Tessenow</strong>: „Lieber<br />
Herr Gunkel (..) Ihnen <strong>und</strong> ihrer lieben verehrten<br />
Gattin herzlichste Glückwünsche zur Geburt des<br />
Stammhalters.“ 80<br />
Im schriftlichen Nachlass <strong>Tessenow</strong>s lassen sich etliche<br />
Empfehlungsschreiben für ehemalige Studenten<br />
finden, was zeigt, dass auch er individuellen Empfehlungsschreiben<br />
für den Zugang zu manchen Projekten<br />
<strong>und</strong> Büros durchaus Wirkung beimisst. Die Bitte<br />
einer ehemaligen Studentin auf Rat bzw. Empfehlung<br />
bleibt jedoch unerhört. 81 Während sich <strong>Tessenow</strong> bei<br />
der beruflichen Etablierung seiner ehemaligen Studenten<br />
- auch mehrfach <strong>und</strong> auf informeller Ebene,<br />
wie nicht nur Karl Buttmann erinnert 82 - durchaus helfend<br />
einsetzt, endet seine Unterstützung bei beruflichen<br />
Belangen seiner Studentinnen offensichtlich mit<br />
192 Ambitionen <strong>und</strong> Realitäten<br />
deren Diplom.<br />
Huerkamp verwies darauf, dass Studentinnen, die<br />
promovieren wollten, dafür geeignete Professoren<br />
finden mussten. Andererseits habe manche Studentin<br />
der Kaiserzeit erst aufgr<strong>und</strong> der Ermutigung durch<br />
(männliche) Lehrer die wissenschaftliche Laufbahn<br />
angestrebt. 83 Es spricht bisher wenig dafür, dass Architekturstudentinnen<br />
während der Weimarer Republik<br />
von seiten eines Architekturprofessors zur Promotion<br />
<strong>und</strong> zu einer wissenschaftlichen Laufbahn ermutigt<br />
worden sein könnte: Architekturstudentinnen<br />
promovieren selten, noch seltener innerhalb einer Architekturfakultät.<br />
84 Nur Ruth Weckends Promotion<br />
verläuft planmäßig. Hildegard Korte findet im zweiten<br />
Anlauf an einer anderen Fakultät die Möglichkeit zur<br />
Promotion, während Helga Karselts Ausscheiden darauf<br />
hindeutet, dass sie nach mehrjährigem Abwarten<br />
- wenn auch nicht die wissenschaftlichen Ambitionen<br />
so doch - die Promotion aufgibt.<br />
Vielsagend - im Hinblick auf die fördernde Haltung<br />
von Architekturprofessoren - ist ein Zeugnis, das der<br />
Baugeschichtsprofessor Daniel Krencker seiner Hilfsassistentin<br />
Helga Karselt mit auf den Weg gibt, als<br />
sie auf eigenen Wunsch nach fast fünf Jahren zum<br />
1.April 1935 ausscheidet, „um als Architektin einen<br />
sie befriedigerenden Beruf zu finden“. Aus ihrer Biografie<br />
wissen wir, dass sie auch nach dem Diplom als<br />
Entwerferin tätig war. Anhand eines 1932 publizierten<br />
Entwurfes lässt sich belegen, dass sie auch Studienprojekte<br />
betreute <strong>und</strong> ihre fachlichen Interessen einbringt.<br />
Im Unterschied zu den Ausführungen des Arbeitszeugnisses<br />
beschränkten sich ihre Kom-petenzbereiche<br />
damit nicht auf Stenografie <strong>und</strong> das Schieben<br />
von Lichtbildern für den Professor. 85 So zufrieden<br />
Professor Krencker mit ihren Dienstleistungen ist - er<br />
listet alle Hilfstätigkeiten bis in nebensächlichste Details<br />
auf, <strong>und</strong> so wenig er diese hilfsbereite Person<br />
verlieren möchte, deren fachlichen wie wissenschaftlichen<br />
Ambitionen erwähnt er mit keiner Silbe. Damit<br />
legt dieses Zeugnis für die Mitarbeiterin beredtes<br />
Zeugnis davon ab, wie wenig diesem Professor an<br />
jedweder wissenschaftlichen Qualifikation seiner<br />
Assistentin lag. 86<br />
Klara-Maria Kuthe ist ein Beispiel aus dieser Generation,<br />
bei der die Ermutigung von seiten einer Schule<br />
zum Schlüssel der eigenen beruflichen Perspektive<br />
wird. Seit 1915 Schülerin an der Handwerkerschule in<br />
Halle/Saale, studiert sie in der Klasse für Architektur<br />
<strong>und</strong> Raumausstattung von Paul Thiersch sowie der<br />
Klasse für kunstgewerbliche Frauenarbeiten bei Maria<br />
Likarz. Anschließend ist sie ab 1919 für ein Jahr als<br />
Assistentin von Likarz tätig. Dass das Angebot einer<br />
Professionalisierung aus dem Bereich kunstgewerbliche<br />
Frauenarbeiten kommt, aus dem Bereich Architektur<br />
ausbleibt, scheint symptomatisch. Klara-Maria