Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
108 O.A.: Ella Briggs - Eine Wiener Architektin, in: Frau <strong>und</strong> Gegenwart,<br />
4.Jg., 4.10.1927, S.12-13. Die sehr deutliche Abgrenzung<br />
gegen einen „Mehranspruch” an Anerkennung als Frau könnte<br />
auch eine Reaktion auf die zunehmenden Zuschreibungen sein<br />
109 In: Die Frauen Tribüne, Januar 1933, H.1/2, S.3, zitiert nach:<br />
Bock, 1995, S.29<br />
110 Gotthard, Elisabeth: Die schaffende Frau, in: Profil, 1933, H.4,<br />
S.109-110<br />
111 Verdrängungen ließen sich erst anhand zahlreicher Werkbiografien<br />
nachzeichnen. Das Kunsthandbuch des ‘Maler-Architekten’<br />
Willy Oskar Dressler erschien ab 1898 bis 1934 in Berlin. Dressler<br />
bemühte sich um regelmäßige Aktualisierungen, nahm neben<br />
biografischen Daten auch Lehrtätigkeiten, Werke <strong>und</strong> Publikationen<br />
auf. Bei der Eingruppierung der „lebenden Künstler“ in M(aler),<br />
G(riffelkünstler), B(ildhauer), A(rchitekten), Ge(brauchsgrafiker)<br />
<strong>und</strong> We(ber) verwendet er Zusätze in Klammern - wie (Innenbau)<br />
- zur weiteren Diversifizierung. Etliche Architektinnen<br />
werden hier als M(alerinnen) geführt, während vielseitige Künstler<br />
oft ein zusätzliches „A“ führen. Dabei entsteht der Eindruck,<br />
dass Architektinnen nur dann als solche eingruppiert wurden,<br />
wenn keine alternative Eingruppierung möglich war. Vgl. bspw.<br />
die Einträge Hans Arp <strong>und</strong> Sophie Täubner-Arp<br />
112 Vgl. hierzu Stratigakos, 1999<br />
113 Frieda Lagus tritt nach ihrer Übersiedelung nach Berlin 1914<br />
nicht mehr öffentlich in Erscheinung. Zu Elisabeth Nießen <strong>und</strong><br />
Margarete Knüppelholz siehe Biografien im Anhang<br />
114 Oppler-Legband <strong>und</strong> Jeß sind - ebenso wie Grete Gehebe (<strong>Kassel</strong>)<br />
<strong>und</strong> Lucy Hillebrand (Mainz) - im Mitgliederverzeichnis des<br />
Deutschen Werkb<strong>und</strong>es 1928 als Architektin resp. Architektin<br />
(Innenausbau) verzeichnet. Auch in Branchenbüchern der zwanziger<br />
Jahre sind vereinzelt Innenarchitektinnen namentlich gelistet<br />
wie z.B. in Berlin Elisabeth Gerstenhauer, Elsa Gidoni, Fia<br />
von der Heyde, Lene Michels-Fougner, Elisabeth Hahn, aber<br />
auch Annemarie Funk (Frankfurt/M.) <strong>und</strong> Alice Freifrau von<br />
Pechstein (München)<br />
115 Stephani-Hahn, Elisabeth von: Schaufensterkunst, Berlin, 1919,<br />
2.verb. Auflage, 1923, 4.Auflage 1929 - Elisabeth von Hahn:<br />
Frauen im Kunsthandwerk, in: Eugenie von Soden, 1912. Sie<br />
wird bei Dressler als Berliner Malerin mit Kunststudium in Paris<br />
<strong>und</strong> London geführt. (Dressler 1930: Malerin, Berlin W 8, Pariser<br />
Platz 3, studierte bei Courtois, Paris, Whistler, London, publ.,<br />
RvbK, VdK, DWB.) Sie selbst firmiert in Berliner Branchenbüchern<br />
als Innenarchitektin.<br />
116 Stephani-Hahn, Elisabeth von: Schaufenster-Kunst ein neuer<br />
Künstlerberuf, in: Neue Frauenkleidung <strong>und</strong> Frauenkultur, 13.Jg.<br />
1927, H.4, S.104-106<br />
117 Lilly Reich gestaltete 1911 Schaufenster für Wertheim, 1913 für<br />
die Elephantenapotheke in Berlin. 1914 war sie für den ‘Schaufenstergang’<br />
im ‘Haus der Frau’ auf der Werkb<strong>und</strong>ausstellung<br />
Köln verantwortlich.<br />
118 Zu den Berufsfeldern <strong>und</strong> Entwürfen vgl. auch Stratigakos, 1999<br />
Frau eine bestimmte Arbeit geleistet hat, einen Mehranspruch<br />
an Anerkennung ableiten zu wollen (..)<br />
scheint mir unberechtigt zu sein.“ 108<br />
Die in den zehner Jahren geführte Debatte um „Wesensunterschiede<br />
der Geschlechter“, bleibt nicht nur<br />
virulent, sie flammt in den zwanziger Jahren erneut<br />
auf <strong>und</strong> erreicht zum Ende der Weimarer Republik<br />
ihren Höhepunkt. „Nur aus den höheren Berufen wirft<br />
man die Frauen hinaus (..) Teils aus Konkurrenz <strong>und</strong><br />
teils aus politischen Gründen (..) Überall der Kampf<br />
der Philister gegen die Frau“, wettert Gabriele Tergit<br />
im Januar 1933. 109 Und Elisabeth Gotthard schreibt<br />
1933 im Hinblick auf die augenfällige Diskrepanz zwischen<br />
Diskurs <strong>und</strong> Realität: „Der Vorstellung, daß eine<br />
schaffende Frau anders wohne, anders lebe, anders<br />
geformte Möbel benütze, die normale Tageseinteilung<br />
auf den Kopf stelle, sich anders nähre wie<br />
irgendein anderer, zu Leistung <strong>und</strong> Arbeit verpflichteter<br />
Mensch, muß nun wirklich einmal entgegengetreten<br />
werden.“ 110<br />
Auffällig viele der Kunstgewerblerinnen, die bis in die<br />
zehner Jahre regelmäßig auch mit Inneneinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Möbeln öffentlich in Erscheinung getreten waren<br />
<strong>und</strong> sich als Architektinnen etabliert zu haben schienen,<br />
sind im Laufe der zwanziger Jahre verstärkt im<br />
Bereich Weberei, Wandmalerei <strong>und</strong> Malerei zu finden.<br />
Es gibt keine numerischen Parameter, anhand derer<br />
die Verdrängung der Gestalterinnen bei der Neuordnung<br />
des Berufsfeldes ausgezählt werden könnte.<br />
Anhand zahlreicher Hinweise wird die sukzessive<br />
Verschiebung der Geschlechtergrenze im Berufsfeld<br />
jedoch erahnbar. Anhaltspunkte hierfür lassen sich in<br />
verschiedenen Periodika finden, bspw. in Dresslers<br />
Kunsthandbuch. Dessen zweiter Band, das „Lexikon<br />
der lebenden deutschen Künstler, Altertumsforscher,<br />
Kunstgelehrten <strong>und</strong> Kunstschriftsteller” führt auch<br />
Architektinnen auf. 111<br />
Auch wenn das Puzzle an Informationen noch lange<br />
kein fertiges Bild ergibt: Manche Kunstgewerblerinnen,<br />
darunter Else Wenz-Vietor, Gertrud Claire Holstein,<br />
Lotte Schmidt-Klopsch, Leni Klose-Sellschopp<br />
wenden sich Ende der zwanziger Jahre ausschließ-<br />
119 Ab 1930 gibt Margarethe Kaiser in Berlin Die schaffende Frau<br />
als Zeitschrift heraus. Wann der in den zwanziger Jahren häufig<br />
verwendete Begriff erstmals verwendet wurde, konnte nicht recherchiert<br />
werden. Aber bereits in Margarete Bruchs Libretto für<br />
die Festkantate zur Eröffnung von „Die Frau in Haus <strong>und</strong> Beruf“<br />
1912 wird exemplarisch deutlich, dass „die Schaffende“ weniger<br />
auf Reproduktionsarbeit denn auf Selbstbestimmung zielt: „Aus<br />
tiefer Nächte Dämmerschoß ringt sich´s empor <strong>und</strong> will zur Sonne,<br />
Du Schaffende in Arbeitswonne wird Deine Seele frei <strong>und</strong><br />
48 Bilder <strong>und</strong> Images<br />
lich der Illustration resp. Malerei zu. Auch Architekturstudentinnen<br />
der Kaiserzeit - wie Julia Ponten von<br />
Broich <strong>und</strong> Eva Müller-Maren - finden in der freien<br />
Malerei eine Möglichkeit, selbstbestimmt schöpferisch<br />
tätig zu bleiben. 112 Elisabeth von Baczko, seit<br />
der Jahrh<strong>und</strong>ertwende als Malerin <strong>und</strong> Innenarchitektin<br />
tätig, stellt 1927 bspw. noch Lampenentwürfe vor,<br />
danach entwirft sie überwiegend Schmuck. Architekturinteressierte<br />
Absolventinnen von Kunstgewerbeschulen<br />
wie Elisabeth Nießen, Anna Schröder-Ehrenfest<br />
oder Margarete Knüppelholz-Roeser finden innerhalb<br />
des Berufsfeldes offenbar nur selten tragfähige<br />
Berufsperspektiven. 113 Nur Wenigen - darunter Ilse<br />
Dernburg, Else Oppler-Legband <strong>und</strong> Hertha Jeß -<br />
gelingt es, weiterhin im Bereich des Innenausbaus tätig<br />
zu bleiben. 114<br />
Auch auf benachbarten Aufgabengebieten streben<br />
Gestalterinnen <strong>und</strong> Künstlerinnen in den zwanziger<br />
Jahren eine Professionalisierung an. Elisabeth von<br />
Stephani-Hahn - seit 1904 Beraterin des Berliner<br />
Kaufhauses Wertheim - hatte 1912 Interieurs gezeigt<br />
<strong>und</strong> über Frauen im Kunsthandwerk geschrieben. Sie<br />
publiziert in den zwanziger Jahren die „Schaufenster-<br />
Kunst“. 115 Eine berufliche Chance sieht sie hier jedoch<br />
nur für „besonders starke Frauennaturen“, da auch<br />
die Dekoration zu den umkämpften Bereichen des<br />
Berufsfeldes zu zählen sei. 116 Auch Else Oppler-Legband<br />
<strong>und</strong> Lilly Reich widmen sich bereits in den zehner<br />
Jahren der Schaufensterdekoration, werden dort<br />
aber nur kurzzeitig tätig. 117<br />
Anhand der Breite der hier nur angerissenen Aufgabenfelder<br />
wird deutlich, dass Architektinnen, die zum<br />
Ende des Kaiserreiches bereits im Berufsfeld tätig<br />
waren, im Verlauf der Weimarer Republik höchst flexibel<br />
diverse Aufgabenfelder für verschiedene AuftraggeberInnen<br />
bearbeiten, sich für unterschiedlichste<br />
Entwurfsaufgaben engagieren <strong>und</strong> dennoch kaum<br />
Raum für berufliche Etablierungen innerhalb der Architektur<br />
finden. 118 Wie anhand der skizzierten Wettbewerbsteilnahmen<br />
deutlich wurde, suchen Ende der<br />
zwanziger Jahre bereits architekturinteressierte Frauen<br />
Zugang zum Berufsfeld, die einer jüngeren, der<br />
um <strong>und</strong> nach 1900 geborenen Generation angehören.<br />
groß. Dein ist der herrlichste Gewinn, Dir blüht die Welt in Licht<br />
<strong>und</strong> Farben, Du erntest Deiner Mühe Garben <strong>und</strong> bist Dir selbst<br />
Erlöserin.“<br />
120 Taut, Bruno: Die neue Wohnung - die Frau als Schöpferin, Leipzig,<br />
1924, S.55,57<br />
121 Innerhalb von vier Jahren erscheinen fünf Auflagen.<br />
122 Nicht nur Verklausulierungen wie die der Erwerbsarbeit als „bloße<br />
Männerarbeit“ fallen auf. Allzu plakativ werden bspw. auch<br />
Fragen der Kosten-Nutzen-Relation abgehandelt.