Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
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139 Lt. Angabe Eva Weiningers auf dem Fragebogen<br />
für Bauhäusler, S.3 (BHAB).<br />
140 Max Sommerfeld, der Bruder des Berliner<br />
Bauunternehmers Adolf Sommerfeld, leitet<br />
in Schneidemühl ein Sägewerk.<br />
141 Es handelt sich um einen Entwurfsauftrag<br />
für Möbel durch einen Tiefbauingenieur der<br />
Dahlemer U-Bahn-Linie in Berlin. Näheres<br />
über die dafür entworfenen Möbel konnte<br />
bisher nicht recherchiert werden.<br />
142 Interview mit Eva Weininger am 2.12.1995.<br />
Bei den erst nachträglich signierten Zeichnungen<br />
handelt es sich überwiegend, wenn<br />
nicht ausschließlich um Möbelentwürfe Eva<br />
Weiningers. Gerda Bijhouwer erinnert, dass<br />
Eva Weininger in der Berliner Zeit mit Möbelaufträgen<br />
beschäftigt gewesen sei, Andor<br />
Weininger vor allem gemalt <strong>und</strong> gezeichnet<br />
habe. (Interview mit Gerda Bijhouwer-Marx<br />
am 4.10.1995)<br />
143 Marli Ehrmann geb. Heimann studierte am<br />
<strong>Bauhaus</strong> (1923 - 1927) in der Weberei, nun<br />
ist sie als Lehrerin in Berlin tätig.<br />
Schlafzimmer im Haus Thost, Hamburg, E. Weininger, 1932<br />
Bildrechte für online-Ausgabe nicht verfügbar<br />
346 Anhang<br />
Gr<strong>und</strong>lehre, besucht Kurse von Köhn <strong>und</strong><br />
Stam, studiert bei Kandinsky, Schlemmer,<br />
Moholy-Nagy <strong>und</strong> insbesondere bei Klee.<br />
Am <strong>Bauhaus</strong> ist Eva Fernbach mit Wera<br />
Meyer-Waldeck, Kattina Both <strong>und</strong> Lisbesth<br />
Oestreicher befre<strong>und</strong>et. Ausschlaggebend<br />
für ihr weiteres Leben wird die Bekanntschaft<br />
mit Andor Weininger. Dieser ungarische<br />
Kunststudent, der bereits 1921 bis<br />
1923 am <strong>Bauhaus</strong> Weimar studierte, kehrt<br />
im Spätjahr 1925 aufgr<strong>und</strong> eines Stipendienangebotes<br />
von Walter Gropius ans<br />
<strong>Bauhaus</strong> - nun in Dessau - zurück. Dort<br />
wird er Leiter der <strong>Bauhaus</strong>kapelle <strong>und</strong> ist<br />
in der Bühnenwerkstatt unter Leitung von<br />
Oskar Schlemmer an der Entstehung der<br />
<strong>Bauhaus</strong>-Tänze beteiligt. Er entwickelt um<br />
1927 die ‘Mechanische Bühnenrevue’ sowie<br />
das ‘Kugeltheater’.<br />
Fernbach ist von den gestalterischen Möglichkeiten<br />
am <strong>Bauhaus</strong> begeistert, von den<br />
handwerklichen Standards aber entsetzt.<br />
In der Tischlereiwerkstatt arbeitet sie selbständig,<br />
wendet sich mit handwerklichen<br />
Fragen weiterhin an ihre ehemaligen Lehrer<br />
in der Berliner Tischlerschule. Als sie sich<br />
in Dessau zur Gesellenprüfung anmeldet,<br />
werden ihr die 2 1/2 Jahre an der Tischlerschule<br />
nicht anerkannt. Daraufhin verzichtet<br />
sie auf die Gesellenprüfung.<br />
Als Andor Weininger im April 1928 anlässlich<br />
des Weggangs Walter Gropius´ von<br />
Dessau nach Berlin wechselt, folgt Eva<br />
Fernbach im Herbst. Sie erhält von Hannes<br />
Meyer nach weniger als einem Jahr am<br />
Haus „eine Art Abschlusszeugnis“. 139<br />
In Berlin wohnen sie zunächst in der Nähe<br />
des Breitenbachplatzes, Eva Fernbach entwirft<br />
Möbel für die gemeinsame Wohnung.<br />
Diese zeichnen sich durch äußerst reduzierte<br />
Formen unter Einsatz edelster Hölzer<br />
Spieltisch für die Wohnung Sommerfeld,1929<br />
Bildrechte für online-Ausgabe nicht verfügbar<br />
<strong>und</strong> Oberflächen aus. Sie entwirft auch die<br />
Einrichtung der nächsten Wohnung in der<br />
Düsseldorfer Straße. Bereits 1929 kann sie<br />
in Schneidemühl den Innenausbau der Villa<br />
Sommerfeld realisieren. 140 Dank der Bekanntschaft<br />
mit den Sommerfelds erhält<br />
Eva Fernbach zumindest einen weiteren<br />
Auftrag für eine Inneneinrichtung. 141<br />
1931 heiraten Eva Fernbach <strong>und</strong> Andor<br />
Weininger (12.2.1899 Pécs - 6.3.1986 New<br />
York). Gemeinsam realisieren sie im gleichen<br />
Jahr eine komplette Villenausstattung<br />
für die Hamburger Reederfamilie Thost.<br />
Eva Weininger entwirft die Möbel, zeichnet<br />
sie im Maßstab 1:1 auf Packpapier. 142 Andor<br />
Weininger zeichnet Perspektiven <strong>und</strong><br />
entwirft die Lampen. Um 1934 entwirft Eva<br />
Weininger einen Schreibtisch für Marli Ehr-<br />
mann. 143<br />
Anfang der dreißiger Jahre ist die Auftragslage<br />
für EntwerferInnen moderner Inneneinrichtungen<br />
schwierig aber nicht aussichtslos.<br />
Mit der Änderung des kulturellen<br />
Klimas, der Wahl Hitlers zum Reichskanzler,<br />
wird es für Weiningers schwieriger Aufträge<br />
zu akquirieren: Als Ausländer kann<br />
Andor Weininger ab 1934 nicht mehr unter<br />
eigenem Namen arbeiten. Unter Decknamen<br />
realisiert er einen Tombolastand auf<br />
der Ausstellung „Haus <strong>und</strong> Handwerk“ <strong>und</strong><br />
einen Laden für Manolizigarren im alten<br />
Teil der Kurfürstenstraße. 1938 kommt die<br />
gemeinsame Tochter zur Welt.<br />
Angesichts fehlender Zukunftsperspektiven<br />
beschließen Eva <strong>und</strong> Andor Weininger in<br />
die USA auszuwandern. Da eine Einreise<br />
dort aufgr<strong>und</strong> verschärfter Bestimmungen<br />
nicht möglich ist, siedeln sie Ende 1938<br />
zunächst in die Niederlande über. Ihre Berliner<br />
Möbel stellen sie bei Martin Elsässer<br />
unter.<br />
Bis 1942 wohnen sie mit ihrer Tochter in<br />
Scheveningen, dann in Amsterdam. Eva<br />
Weininger gelingt es nicht, Aufträge für Innenausbau<br />
zu akquirieren. Andor Weininger<br />
nimmt Reklameaufträge an. 1941 beteiligen<br />
sie sich gemeinsam am Wettbewerb<br />
„In Holland staat een huis“. Obschon<br />
Eva Weininger auf die Unterstützung etlicher<br />
Verwandter in den USA zählen kann,<br />
gelingt es jahrelang nicht, ein Einreisevisum<br />
für die gesamte Familie zu erwirken.<br />
Der Aufenthalt in den Niederlanden bleibt<br />
- in der Hoffnung auf die Weiterreise - trotz<br />
der Länge nur Zwischenstation.<br />
Als ihnen um 1950 eine Einreiseerlaubnis<br />
für Kanada erteilt wird, siedeln Weiningers<br />
dorthin über. Die folgenden neun Jahre in<br />
der Nähe von Toronto beschreibt Eva Weininger<br />
als die schlechtesten ihres Lebens.<br />
Die kulturellen Bedingungen seien noch<br />
rückwärtsgewandter gewesen als befürchtet.<br />
Es gibt keine Nachfrage nach moderner<br />
Gestaltung, Andor Weininger malt.<br />
Nach einem privaten Aufenthalt in Europa<br />
gelingt 1959 endlich die Übersiedlung<br />
nach New York.<br />
Eva Weininger bleibt aktiv <strong>und</strong> vielfältig<br />
interessiert, als Entwerferin wird sie aber<br />
nicht mehr tätig. Sie <strong>und</strong> lebt nach dem<br />
Tod Andor Weiningers (1986) weiterhin in<br />
Manhattan. Nach dem Tod ihrer Tochter<br />
zieht sie 2001 zu Verwandten nach Texas.<br />
Quellen:<br />
Interview mit Eva Weininger am 2.12.<br />
1995 in New York<br />
STAD, Einschreibbuch WS 27/28, SS 28<br />
Wenzel, Georg: Deutscher Wirtschaftsführer,<br />
Hamburg, 1929<br />
BHAB, Fragebogen E. Weininger, <strong>und</strong>at.<br />
Kirsch, Karin: Möbel von Andor <strong>und</strong> Eva<br />
Weininger, in: Svestka, Jiri (Hg.): Andor<br />
Weininger, Stuttgart 1990, S.58 ff.<br />
„Bei mir war eigentlich alles ein W<strong>und</strong>er“<br />
Notizen eines Gespräches mit Rahel<br />
Bontjes van Beek, das Dorothea<br />
Schemme 1990 führte, in: Frauen in<br />
Bau- <strong>und</strong> Ausbauberufen, Berlin 1990,<br />
S.85 ff.<br />
Küchenzeile in der eigenen Wohnung, 1930<br />
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