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Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel

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Einfamilienhäuser realisieren. In den sechziger Jahren<br />

entwirft sie Bebauungspläne.<br />

Fast achtzehn Jahre lang sucht Hilde Reiss nach ihren<br />

Möglichkeiten in der Architektur. Zunächst freischaffend<br />

wie angestellt, dann freischaffend <strong>und</strong> erneut<br />

angestellt tätig, kehrt sie dem Berufsfeld Architektur<br />

1951 den Rücken.<br />

Klara Küster hatte bis zur Geburt der Tochter etwa<br />

fünf Jahre als angestellte Architektin gearbeitet. 1946<br />

kehrt sie nach dreijähriger Unterbrechung erneut als<br />

angestellte Architektin in den Beruf zurück. Nach kurzer<br />

Zeit in einem freien Büro wechselt sie ins Hochbauamt<br />

Steglitz, wo sie bis 1958 Projekte des Bezirkes<br />

plant <strong>und</strong> betreut.<br />

Wiedereinstiege nach mehrjähriger beruflicher Enthaltsamkeit<br />

finden wir bspw. bei Lieselotte von Bonin,<br />

Iwanka Hahn, Annemarie Mauck, Ewa Oesterlen,<br />

Helga Schuster <strong>und</strong> Fridel Vogel [geb. Hohmann].<br />

Nach mehr als zehnjähriger Unterbrechung nimmt<br />

von Bonin, die im Anschluss an das Diplom sechs<br />

Jahre lang als selbständige Architektin in Partnerschaft<br />

tätig gewesen war, die Berufstätigkeit wieder<br />

auf. Sie unternimmt diesen Schritt in den Fünfzigern<br />

allein <strong>und</strong> kann in den folgenden zwanzig Jahren immer<br />

wieder kleinere Bauvorhaben realisieren. Mauck<br />

wird 1946 in Lübeck wieder freiberuflich tätig, nachdem<br />

sie - nach Heirat <strong>und</strong> Umzug nach Wien - 1940<br />

aus dem Beruf ausgestiegen war. Hahn kehrt nach<br />

etwa 12jähriger Abstinenz in die Architektur zurück.<br />

Nach dem Wiederaufbau der Frankfurter Firma ‘Glasbau<br />

Hahn’ wird sie auch bei Aufträgen dieser Firma<br />

entwerferisch tätig. Oesterlen baute Anfang der vierziger<br />

Jahre ein Einfamilienhaus, nachdem sie anlässlich<br />

ihrer Heirat 1938 die angestellte Position im öffentlichen<br />

Dienst gekündigt hatte. Als die Kinder aus<br />

dem Gröbsten heraus sind <strong>und</strong> im Büro ihres Mannes<br />

große Aufträge anstehen, nutzt sie Anfang der fünfziger<br />

Jahre die Möglichkeit, um nach mehr als zehnjähriger<br />

Unterbrechung in die Architektur zurückzukehren.<br />

Vogels freiberuflicher Wiedereinstieg 1962 erfolgt<br />

siebzehn Jahre nach dem Ende ihrer zehnjährigen<br />

Tätigkeit als angestellte Architektin in Berlin.<br />

Zumindest für ein Drittel der <strong>Tessenow</strong>studentinnen<br />

wie der -Diplomandinnen lässt sich bisher eine nahezu<br />

lebenslange Berufstätigkeit belegen. 12 Auch bei einem<br />

Viertel der <strong>Bauhaus</strong>studentinnen, darunter zwei<br />

der vier Diplomandinnen, kann eine durchgängige Erwerbstätigkeit<br />

nachgewiesen werden. 13 Obgleich jeweils<br />

knapp zwanzig der mehr als 50 architekturinteressierten<br />

<strong>Bauhaus</strong>studentinnen wie der 24 bei <strong>Tessenow</strong><br />

diplomierten Architektinnen einen Berufsstart in<br />

der Architektur unternommen hatten, finden innerhalb<br />

des engeren Berufsfeldes nur sieben der <strong>Tessenow</strong><strong>und</strong><br />

lediglich drei der ehemaligen <strong>Bauhaus</strong>studentinnen<br />

länger als 20 Jahre ein Betätigungsfeld.<br />

Betrachtet mensch die Berufsverläufe der hier näher<br />

untersuchten Architekturstudentinnen der Weimarer<br />

Republik, so fällt hinsichtlich Dauer <strong>und</strong> Kontinuität<br />

unmittelbar ins Auge, dass die meisten Werkbiografien<br />

vor, während <strong>und</strong> nach der Weimarer Republik<br />

sowie auch in der ‘Zeit des Wiederaufbaus’ durch<br />

Diskontinuitäten <strong>und</strong> Brüche gekennzeichnet sind.<br />

Die Mehrheit der durchgängig im Berufsfeld tätigen<br />

Architektinnen arbeitet hier nicht länger als 15, höchstens<br />

18 Jahre, während andere nach Jahrzehnten<br />

wieder in die Architektur zurückkehren. So ist bspw.<br />

Ewa Oesterlen über eine Zeitspanne von mehr als<br />

zwanzig, sind Lieselotte von Mendelssohn <strong>und</strong> Fridel<br />

Vogel über eine Zeitspanne von mehr als fünfzig Jahren<br />

als Architektinnen tätig, auch wenn alle Genannten<br />

diese Tätigkeit für mehr als zehn Jahre unterbrechen.<br />

Berufsbiografien von Architekturstudentinnen der<br />

Weimarer Republik sind häufig durch unterschiedliche<br />

Tätigkeitsfelder resp. Schwerpunkte <strong>und</strong> wechselnde<br />

Beschäftigungsverhältnisse gekennzeichnet.<br />

Die meisten werden im Laufe ihrer Berufsleben sowohl<br />

angestellt als auch freiberuflich tätig. Daneben<br />

fällt auf, dass Architektinnen dieser Generation entweder<br />

sehr lange, d.h. mehr als vierziger Jahre, häufiger<br />

jedoch nur kurz resp. weniger als zehn Jahre<br />

durchgängig im Beruf tätig bleiben. Dabei sind die<br />

langfristig im Berufsfeld Tätigen ganz überwiegend im<br />

öffentlichen Dienst zu finden. Bei der Mehrheit der<br />

Architektinnen dieser Generation liegt die ‘Lebensarbeitszeit<br />

innerhalb der Architektur’ um die zwanzig<br />

Jahre.<br />

Ist die vergleichsweise kurze Berufsdauer von Architekturstudentinnen<br />

der Weimarer Republik der Familienkonstellation<br />

resp. einer traditionellen Rollenverteilung<br />

geschuldet? Oder spiegeln sich hier primär<br />

Chancen <strong>und</strong> Möglichkeiten eines (nicht geschlechtsneutralen)<br />

Berufsfeldes wider? Und in welcher Relation<br />

steht die Berufsdauer zum Kompetenzerwerb?<br />

Alleinstehende Architektinnen bleiben deutlich häufiger<br />

erwerbstätig als verheiratete. Unter den <strong>Bauhaus</strong>wie<br />

<strong>Tessenow</strong>studentinnen, die länger als fünfzehn<br />

Jahre berufstätig bleiben, finden wir jedoch sowohl<br />

Alleinstehende wie Verheiratete. Dabei sind unter den<br />

langjährig berufstätigen <strong>Tessenow</strong>diplomandinnen<br />

Alleinstehende zahlenmäßig kaum stärker vertreten<br />

als Verheiratete mit Kindern. Sie sind <strong>und</strong> bleiben<br />

- mit einer Ausnahme - als Architektinnen tätig. Im<br />

Unterschied dazu sind die dauerhaft Erwerbstätigen<br />

unter den ehemaligen <strong>Bauhaus</strong>studentinnen drei Mal<br />

häufiger alleinstehend als verheiratet. 14 Und in aller<br />

Regel sind sie nicht mehr in der Architektur tätig.<br />

Das Ergebnis dieser Analyse bestätigt zwei Hypothesen,<br />

so sehr die jeweilige Erwerbstätigkeit wie auch<br />

Berufsverläufe <strong>und</strong> Lebenswege 269<br />

12 Im Sinne einer Normalerwerbsbiografie wurden zumindest neun<br />

der 24 Diplomandinnen bei <strong>Tessenow</strong>, 12 der 38 TH-Studentinnen<br />

tätig. Dies sind Blank, Bonin, Brobecker, Engels, Herzenstein,<br />

Hohmann, Koch, Korte <strong>und</strong> Schaar sowie Dirxen, Tönnesmann<br />

<strong>und</strong> Weckend.<br />

13 Lebenslang berufstätig blieben von den <strong>Bauhaus</strong>studentinnen<br />

Bánki, Beese, Both, Dicker, (Itting), Lewin, Meyer-Ehlers, Meyer-<br />

Waldeck, Reiss, Schneider (Ulrich), Weiner <strong>und</strong> Wimmer. Bekannt<br />

sind die Berufswege bei 20 der näher betrachteten 25,<br />

nahezu lückenlos bekannt bei 17 von insgesamt 34 der ehemaligen<br />

<strong>Bauhaus</strong>studentinnen.<br />

14 Von den <strong>Tessenow</strong>studentinnen waren zu diesem Zeitpunkt alleinstehend:<br />

Blank, Koch, Küster [geb. Brobecker], Herzenstein,<br />

Schaar, Vogel [geb. Hohmann] - resp. verheiratet: Herde [geb.<br />

Engels], Kleffner-Dirxen, Oswald [geb. Korte], Seitz-Zauleck, Zosel-Weckend.<br />

Von den <strong>Bauhaus</strong>studentinnen waren alleinstehend:<br />

Both, Dicker [sp. Brandejs], Gaebler [geb. Itting], Meyer-<br />

Waldeck, Mauck [geb. Wilke], Reiss, Swan [gesch. Rahv], Weiner<br />

[geb. Wiener], Weiß [geb. Schneider]. Verheiratet waren<br />

resp. blieben Koppelmann [geb. Ulrich], Lange [geb. Wimmer],<br />

Schwerin [geb. Meltzer].

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