Bauhaus- und Tessenow-Schülerinnen - KOBRA - Universität Kassel
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alleinstehenden Frau muß im Einklang mit ihrem Einkommen<br />
stehen <strong>und</strong> auch ihren Ansprüchen genügen.<br />
Die Problemstellung lautet also: Mit einem Minimum<br />
an Kostenaufwand für Miete <strong>und</strong> Erhaltung der<br />
Wohnung <strong>und</strong> für die täglichen Verrichtungen, ein<br />
Maximum an Behagen <strong>und</strong> Bequemlichkeit zu schaffen.<br />
Der vorliegende Gr<strong>und</strong>riß ist als ein in fast jedes<br />
Mietshaus einzubauendes Wohnelement gedacht (..),<br />
dessen einzelne Stockwerke eben ein oder zwei solche<br />
Elemente enthalten.”<br />
Damit gelingt Böhm, Norkauer <strong>und</strong> Welndelmuth in<br />
interdisziplinärer Zusammenarbeit die Entwicklung einer<br />
technisch wie räumlich ausgereizten Wohnung<br />
auf knappstem Raum noch bevor 1929 beim CIAM-<br />
Kongress „Die Wohnung für das Existenzminimum“<br />
thematisiert <strong>und</strong> 1930 „das wachsende Haus“ als<br />
Wettbewerb ausgeschrieben wird. Der Entwurf wird<br />
für die Ausstellung „Die kleine Wohnung“ ausgewählt,<br />
kommt jedoch „wegen Platzmangels“ (sic!) nicht zur<br />
Ausführung. 45 Platz findet sich auf der gleichen Ausstellung<br />
für eine „3-Raum-Wohnung für die selbständige<br />
Frau“, die mit 50qm „für eine gut situierte Frau“<br />
ausgelegt ist. 46<br />
1930 stellt Gertrud Lincke eine Zwei-Zimmer-Wohnung<br />
eines Rentnerinnenheims vor, das 1928 in Dresden<br />
eingerichtet wurde. 47 Für alleinstehende Damen in<br />
finanziell gesicherten Verhältnissen entstehen ‘Damenheime’,<br />
zumeist in Umnutzung, vereinzelt auch<br />
als Neubauten. 48 Die Realisierung von Wohnungen für<br />
berufstätige Frauen scheitert am wohnungsbaupoliti-<br />
schen Primat des Familienwohnens. „Die Niedrigkeit<br />
der Frauenlöhne <strong>und</strong> das Ausgeschlossensein von<br />
der Mietverbilligung auf Gr<strong>und</strong> der Hauszinssteuerhypothek,<br />
die nur für Familienwohnungen in Betracht<br />
kommt, senken die Aussichten auf Erwerb einer eigenen<br />
Wohnung für die Mehrzahl der ledigen berufstätigen<br />
Frauen bis zum Nullpunkt. Um den Anfang einer<br />
Abhilfe zu schaffen, plant der Ausschuß für Ledigenwohnungen<br />
der Arbeitsgemeinschaft der Berufsorganisation<br />
im B<strong>und</strong> Deutscher Frauenvereine den Weg<br />
der Selbsthilfe zu beschreiten. Vereinzelt sind auch<br />
schon praktische Versuche unternommen worden.“ 49<br />
Diese praktischen Versuche heißen bei ökonomisch<br />
prekären Verhältnissen Ledigenwohnheim. „Nach einer<br />
Sondererhebung über den Bau von Ledigenheimen<br />
in deutschen Großstädten sind in den Jahren<br />
1919-1926 in sieben Großstädten 393 Ledigenwohnungen<br />
geschaffen worden. (..) Während in Vorkriegszeiten<br />
Ledigenheime in der Hauptsache nur für<br />
männliche Personen geschaffen wurden, wird neuerdings<br />
infolge der immer stärker werdenden Eingliederung<br />
der Frau in das Wirtschaftsleben auch der Bau<br />
von Ledigenheimen für berufstätige weibliche Personen<br />
nicht weniger dringlich gefordert.“ 50<br />
Das früheste mir bekannte Ledigenheim, das von einer<br />
Architektin realisiert wurde 51 , ist das 1927 fertiggestellte<br />
Ledigenheim der Gemeinde Wien in der<br />
Philippovichgasse im 19. Bezirk. Es wurde von Ella<br />
Briggs in Ergänzung der Wohnanlage Pestalozzihof<br />
entworfen <strong>und</strong> als Studentenwohnheim genutzt. 52<br />
Ledigenwohnheim, Wien IXX, 1927, Ella Briggs, Ansicht Straßenseite Gr<strong>und</strong>riss Erdgeschoss (oben) Gr<strong>und</strong>riss Obergeschoss<br />
Frauen <strong>und</strong> Bauen in der Weimarer Republik 41<br />
45 Katalog: Die kleine Wohnung auf der Ausstellung „Heim <strong>und</strong><br />
Technik“ München, 1928, S.47<br />
46 Kuhn, Fritz: „3-Raum-Wohnung für die selbständige Frau“. Ibid.,<br />
S.46<br />
47 Bisher ist unklar, ob es sich dabei um einen Neubau handelte.<br />
48 Wie bspw. das Feierabendheim für Lehrerinnen von Emilie Winkelmann,<br />
wie es von Despina Stratigakos recherchiert wurde<br />
49 Grünbaum-Sachs, Hildegard: Die Wohnungsfrage vom Standpunkt<br />
der alleinstehenden Frau, in: Handwörterbuch des Wohnungswesens,<br />
Jena, 1930, S.254 ff.<br />
50 May, Ernst: Ledigenheime, in: Handwörterbuch des Wohnungswesens,<br />
Jena, 1930, S.509<br />
51 Schon 1919 hatte sich die niederländische Architektin Margaret<br />
Staal-Kropholler mit der Frage eines Ledigenheims für junge<br />
Frauen beschäftigt. Erst 1937 erhält sie den Auftrag für das<br />
‘Louise-Went-Haus’ in Amsterdam, das erst 1964 realisiert <strong>und</strong><br />
bei Erstbezug nicht mehr ausschließlich von Frauen bewohnt<br />
wird. 1927 <strong>und</strong> 1928 werden in Amsterdam die ersten Ledigenheime<br />
für Frauen von Architekten errichtet.<br />
52 Es zeigt die für Briggs’ Bauten so typische Staffelung kubischer<br />
Baukörper. Als Besonderheit fallen neben den sachlich-schlichten<br />
Fassaden nur die getrennten Garderobenräume für Raucher<br />
<strong>und</strong> Nichtraucher auf. Das Haus umfasst 26 Einzelzimmer - Die<br />
Wohnanlage Pestalozzihof, bereits ab 1925 errichtet, - bestand<br />
aus 119, überwiegend als Küche-Stube-Wohnungen organisierten<br />
Einheiten. Von wem die Initiative dieses Ledigenwohnheimes<br />
ausging, konnte bisher nicht recherchiert werden. Vgl. dazu<br />
auch: o.A: Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien Pestalozzi-<br />
Hof im 19. Bezirk, Philippovichgasse, Wien, 1926<br />
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Ansicht Gartenseite